Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

EU-Bürgerbeauftragte
Ein Bericht, der einiges bewirken kann

Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP hat im vergangenen Jahr viel Kritik und Widerspruch hervorgerufen. Das hat auch die Bürgerbeauftragte der EU, Emily O’Reilly, zu spüren bekommen. In vielen der über 2.000 Bürgerbeschwerden aus 2014 haben sich Menschen darüber beschwert - aber nicht nur.

Von Thomas Otto | 28.05.2015
    EU-Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly
    EU-Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly (dpa / picture alliance / Dermot Roantree)
    "Da sich das Abkommen so sehr auf all unsere Leben auswirken wird, gab es viel Druck auf die Kommission, mehr Informationen zu veröffentlichen. Ich habe also entschieden, eine große Untersuchung in Sachen Transparenz zu starten und habe der Kommission eine Liste von Verbesserungsvorschlägen unterbreitet. Und im Ergebnis hat die Kommission ihre Transparenzregeln überarbeitet. Wenn Sie nun auf deren Webseite gehen, finden sie dort eine Menge Informations- und Positionspapiere und so weiter."
    Der Druck der Ombudsfrau hatte auch dazu beigetragen, dass die Mitgliedsstaaten im vergangenen Oktober endlich das TTIP-Mandat freigaben – Das Papier, in dem sie den genauen Verhandlungsauftrag der Kommission festgehalten haben.
    Wann immer ein Bürger sich über eine der EU-Institutionen beschweren möchte, kann er das bei Emily O'Reilly tun. Zum Beispiel, weil er sich ungerecht behandelt fühlt oder ihm Zugang zu bestimmten Informationen verweigert wird: Zusammen mit ihrem Team versucht die 58-jährige Irin, diesen Beschwerden nachzugehen.
    "Unsere Ermittlungsbefugnisse gehen sehr weit. Ich kann Einblick in sämtliche Dokumente aller EU-Institutionen beantragen – egal wie geheim diese auch sind – solange dies meiner Untersuchung dient. Ich kann außerdem mit allen Beamten sprechen, um deren Stellungnahme zu einer bestimmten Beschwerde zu erhalten. Meine Ermittlungsbefugnisse sind also sehr stark."
    Die Deutschen stehen dabei auf Platz zwei, was die Zahl der eingereichten Beschwerden angeht. Über 400 Verfahren hat O'Reilly im vergangenen Jahr gestartet. Eine Lösung im Sinne des Beschwerdeführers ist dabei nicht immer garantiert:
    Zwar könne sie nur Empfehlungen aussprechen, die würden aber in den meisten Fällen von den Institutionen befolgt. Die Statistik gibt O'Reilly Recht: Laut Jahresbericht 2014 folgen die kritisierten EU-Institutionen ihren Empfehlungen in vier von fünf Verfahren. Davon haben nicht nur die klagenden Bürger etwas.
    "Wenn wir eine Untersuchung starten, dann kann sich das auf hunderttausende Bürger auswirken. Wir versuchen also bei unseren Untersuchungen strategisch vorzugehen und unsere Ressourcen bestmöglich zu nutzen, auch wenn sie recht klein sind."
    Denn den über 30.000 Beamten der Kommission stehen hier 56 Mitarbeiter der Bürgerbeauftragten gegenüber.
    Aktuell ist O'Reilly ein Verfahren in Sachen des sogenannten Drehtüreffekts besonders wichtig. Sie fordert von der Kommission, Informationen über ehemalige Mitarbeiter und deren neue Arbeitgeber zu veröffentlichen:
    "Herr X, der in Abteilung A gearbeitet hat, wird nun für Firma B arbeiten. In der Kommission hat er an folgendem gearbeitet, in der Privatwirtschaft wird er nun jenes tun. Wir haben ihm das unter folgenden Auflagen genehmigt. Auf diese Weise ist das alles offen und andere können es nachvollziehen."
    Der Kommission hat Emily O'Reilly ihre Vorschläge bereits übermittelt. Die will sich innerhalb der nächsten Monate zum Vorschlag äußern. Stimmt die Behörde zu, könnte O'Reilly wieder einmal aus der Beschwerde einiger Bürger eine tatsächliche Veränderung herbeiführen.