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EU-Datenschutzgrundverordnung
Hohe Hürden für Vereine

Im Mai sollen EU-Bürger mit neuen Datenschutzregeln mehr Rechte und Informationen über die Speicherung ihrer Daten bekommen. Doch die Sportvereine stellt das vor Probleme.

Von Thorsten Poppe | 28.04.2018
    Flüchtlingskinder nehmen am 16.09.2015 im Sportpark Ostra in Dresden (Sachsen) am Talente-Tag für Flüchtlingskinder der SG Dynamo Dresden teil.
    Talente-Tag für Flüchtlingskinder bei Dynamo Dresden (dpa/picture alliance/ Arno Burg)
    Spätestens mit dem Facebook-Skandal um und mit Cambridge-Analytica ist es jedem klar geworden: Der Schutz der eigenen Daten ist ein sehr hohes Gut. Zur Erinnerung: Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern sind mit der Firma Cambridge Analytics geteilt worden.
    Gerade wegen solcher Dimensionen führt die EU am 25. Mai die so genannte EU-Datenschutzgrundverordnung ein. Und die trifft besonders die vielfältige Vereinsstruktur hierzulande. Denn die neuen Regelungen, die Ende Mai in Kraft treten, sind dort von den ehrenamtlich Engagierten kaum zu bewältigen.
    Beispiel Lauftreff
    Der Lauftreff Gruiten-Neandertal nahe Solingen ist einer von über 90.000 Sportvereine hierzulande: Seit 25 Jahren ist er vor allem im Breitensport aktiv. Geführt wird er wie die meisten Sportvereine in Deutschland rein ehrenamtlich. Der Vorstand besteht aus 5 Personen, die ihn verwalten. Also Trainingsangebote erstellen, die Buchhaltung durchführen, oder sich um den Nachwuchs kümmern.
    Doch die Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung bringt ein neues Aufgabenfeld mit sich. Welche neuen Anforderungen damit auf den Vereinssport zukommen, wissen bisher die wenigsten Verantwortlichen. Auch Jörg Lohmann, der Vorsitzender des Lauftreffs, war überrascht. Er sagt:
    "Als ich mich mit den Auswirkungen der Datenschutzverordnung auf unseren Verein so auseinandergesetzt habe, sah ich doch schon eine recht große Hürde auf uns zukommen. Da waren doch eine ganze Menge Dokumente, die durchgearbeitet werden mussten, und dann teilweise auch unterschrieben an den Verein zurückgegeben werden mussten. Und Kosten sind entstanden, und es wird natürlich auch noch eine Satzungsänderung auf uns zukommen. Denn in der Vereinssatzung muss ein Hinweis auf die Datenschutzverordnung vorhanden sein."
    "Vereinfachte Systeme nicht vorgesehen"
    Jörg Lohmann etwa verwaltet die Daten seiner über 140 Vereins-Mitglieder am heimischen PC. Die neue Verordnung wird kurz DSGVO genannt, und betrifft die Vereine eben auch, weil dort unterschiedlichste, persönliche Daten auf vielfältige Weise elektronisch genutzt, gespeichert und weitergegeben werden.
    Jetzt können Daten der Sportler wie Name, oder Alter nicht mehr einfach so an einen übergeordneten Verband weitergegeben werden oder in einer Pressemitteilung an Dritte. Solche Arbeitsabläufe müssen nun besonders geschützt werden. Wer zum Beispiel dafür USB-Sticks oder andere Datenträger nutzt, muss in Zukunft die Informationen darauf verschlüsseln. Dieses mehr an Sicherheit zu gewährleisten, bedeutet für die Ehrenamtler im Sport einen Mehr-Aufwand. Das weiß auch Ilja Waßenhoven vom Landesportbund NRW, der dieses Thema dort im Vorstand betreut:
    "Ich persönlich bin ich eigentlich auch froh, dass es ein gutes Datenschutzrecht gibt in Deutschland. Weil es ja tatsächlich meine persönlichen Daten schützt. Aber es gibt durchaus auch einige Stimmen, die sagen, es müsse für die gemeinnützig Tätigen auch eine Art Privilegierung geben. Dass eben dort vereinfachte System dahinterstehen, die ist aber nun einmal nicht vorgesehen. Deswegen müssen wir uns tatsächlich mit der vollen Breitseite der DSGVO und alles, was daran hängt, beschäftigen."
    "Keine Panik"
    Die DSGVO ist so angelegt, dass sie vor allem auf große Unternehmen abzielt, die riesige Datenmengen von vielen Personen speichern. Aber sie trifft eben auch kleinere Organisationen wie die Sportvereine, für die die neuen Regeln ebenfalls gelten. Und wer diese verletzt, dem drohen Bußgelder in einer Höhe von bis zu 20 Millionen Euro. Um diese zu vermeiden müssen auch Amateurklubs alle Anforderungen erfüllen.
    Mitglieder müssen darüber informiert werden, welche Daten über sie wie lange gespeichert sind. Und sie müssen zudem noch ihre Einwilligung darüber geben, und ein Vordruck zur Einverständniserklärung muss so formuliert sein, dass ihn jeder verstehen kann. Nur zwei von vielen Punkten, die es zu berücksichtigen gilt.
    "Ich würde erst einmal dazu raten keine Panik zu habens" sagt Ilja Waßenhoven vom Landessportbund NRW. "Man kann das durchaus bewältigen, was einem der Gesetzgeber einem jetzt auferlegt. Und ich würde das Internet, und die Informationen die es da gibt, beispielsweise auch auf der Webseite des Landessportbundes nutzen. Wir haben dort extra einen kompletten Bereich, in dem wir auch Informationen zum neuen Datenschutzrecht bereitgestellt haben. Der wichtigste Hinweis ist eigentlich, man muss sich damit beschäftigten."
    "Erheblicher Zeitaufwand"
    Die Unsicherheit in den Vereinen ist jedenfalls kurz vor Einführung dieser neuen Verordnung überall zu spüren. Die Ehrenamtler fühlen sich vom Thema offenbar überfordert. So richtig ins Gespräch darüber kommen wir nur mit Jörg Lohmann vom Lauftreff Gruiten-Neandertal . Er weiß mittlerweile, wie viel zusätzliche Arbeit auf die Vereinsvorsitzenden hierzulande zukommt. Doch er hofft, dass der Nutzen den Mehr-Aufwand letztendlich überwiegt. Auch wenn der Sport davon überproportional betroffen sei, findet er:
    "Keine Frage: Der Zeitaufwand für den Verein war in den ersten Monaten dieses Jahres schon ganz erheblich. Wir haben allerdings die Hoffnung, dass sich das Arbeitspensum nach der Umsetzung der DSGVO wieder auf ein normales Maß einpendeln wird."
    Viel Zeit bleibt für Vereine nicht, sich noch jetzt in dieses komplexe Thema einzuarbeiten. Verschläft der Verein das, drohen hohe Geldbußen.
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