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EU-Gipfel
Der Brexit ist aufgeschoben – vorerst

Nach dem EU-Gipfel stehen zwei Daten für den EU-Austritt Großbritanniens im Raum. Einmal der 22. Mai, sollte das britische Parlament den Austrittsvertrag doch ratifizieren. Andernfalls muss Großbritannien bis zum 12. April erklären, was es will. Der Ball liegt nun wieder in London -  und der Druck steigt weiter.

Von Peter Kapern | 22.03.2019
Die britische Premierministerin Theresa May vor einer Flagge der Europäischen Union
Beim EU-Gipfel in Brüssel konnte sich Theresa May mit ihrem Antrag, den EU-Austritt ihres Landes bis Ende Juni zu verschieben, nicht durchsetzen. (imago)
Nach dem EU-Gipfel stehen zwei Daten für den EU-Austritt des Vereinigten Königreiches im Raum. Einmal der 22. März, sollte das britische Parlament den Austrittsvertrag doch ratifizieren. Andernfalls muss Großbritannien bis zum 12. April erklären, was es will. Der Ball liegt nun wieder in London - und der Druck steigt weiter.
Der EU-Austritts des Vereinigten Königreiches ist verschoben – aber bis wann, bleibt unklar. Ratifiziert das britische Parlament den Austrittsvertag doch noch, scheidet Großbritannien
Nach Mitternacht war es bereits, da schickte Theresa May von Brüssel aus noch einmal eine deutliche Botschaft an ihre Landsleute. Ja, wir werden die EU verlassen, so die Premierministerin.
Tatsächlich aber hat der Gipfel keine Klarheit gebracht, ob es wirklich so kommt, und wenn ja, wann. 90 Minuten lang hatten die Staats- und Regierungschefs mit Theresa May über deren Wunsch diskutiert, das Austrittsdatum vom 29. März auf den 30. Juni zu verschieben. Bei dieser Debatte habe die Britin ein desaströses Bild abgegeben, hieß es hinterher.
Keine Festlegung, ob das Unterhaus in London in der kommenden Woche zum dritten Mal über den Austrittsvertrag abstimmt. Und keinerlei Auskunft auf die Frage, was sie denn machen wolle, wenn die Abgeordneten zum dritten Mal mit "Nein" votieren. Danach entwickelte sich eine zähe Debatte im Kreis der EU-27. Am Ende dieser Diskussion stand ein Doppelbeschluss.
May schließt Teilnahme an EU-Wahl aus
Wenn das Unterhaus dem Austrittvertrag in der kommenden Woche zustimmt, soll der Austritt auf den 22. Mai verschoben werden, auf den Tag vor dem Beginn der Europawahlen. Das brächte Großbritannien acht zusätzliche Wochen ein, sich auf den geordneten Austritt aus der EU vorzubereiten.
Falls aber das Unterhaus den Austrittsvertrag erneut ablehnt, dann wird der Brexit nur bis zum 12. April aufgeschoben. Denn spätestens an diesem Tag muss die britische Regierung mitteilen, ob die Briten an den Europawahlen teilnehmen oder nicht. Und genau das schloss Theresa May bei ihrer mitternächtlichen Pressekonferenz aus.
Sie glaube ganz fest, dass es falsch wäre, die Briten zur Teilnahme an der Europawahl aufzufordern drei Jahre, nachdem die dafür gestimmt hatten, die EU zu verlassen. Keine Teilnahme an der Europawahl heißt: Kein langfristiger Aufschub des EU-Ausritts. Und auch eine Rücknahme des Austrittsantrags schloss May aus. Die einzige Option, die dann noch übrig bleibt, brachte Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel auf den Punkt:
"Am 12. April müssen wir wissen, wo wir dran sind und wenn wir da keine Antwort bekommen, ist es ein No-Deal."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Mehr Beiträge zum Brexit finden Sie in unserem Portal "Countdown zum Brexit" (AFP / Tolga Akmen)
So ganz will Merkel sich nicht festlegen
Also der ungeordnete Austritt aus der EU. Ähnlich klar war es auch aus der französischen Delegation zu hören. Bundeskanzlerin Merkel allerdings wollte sich mit Blick auf den 12. April so klar dann doch nicht festlegen:
"Dann würde das heißen, das ist das Austrittsdatum und dann müssen wir uns mit der Frage befassen, wie geht es jetzt weiter."
Eine Formulierung, die die Tür offen lässt für einen weiteren EU-Gipfel Mitte April. Mit Bestimmtheit lässt sich aber sagen: Die EU-27 haben getan, was sie konnten, um eine dritte Abstimmung in der kommenden Woche zu ermöglichen. Die Absprachen, die Jean-Claude Juncker und Theresa May kürzlich in Straßburg getroffen haben, werden als Anhang dem Austrittsvertrag hinzugefügt.
Das könnte die substanzielle Änderung am Vertrag sein, die John Bercow, der Speaker des Unterhauses, verlangt, um eine neue Abstimmung überhaupt anzuberaumen. Und die EU-27 haben mit dem nur kurzen Aufschub des Brexit-Datums den Druck auf die britischen Abgeordneten erhöht, dem Austrittsvertrag doch noch zuzustimmen. Ob sie es tun, bleibt abzuwarten.
Was den Nein-Sagern droht, machte zum Abschluss des ersten Gipfeltags Donald Tusk deutlich, der ja kürzlich für die ganz harten Brexit-Befürworter einen speziellen Platz in der Hölle reserviert hatte: Dem Papst zufolge sei die Hölle ja noch leer, so Tusk, und das bedeute, dass da sehr viel Platz sei.