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EU-Gipfel
Merkel erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland und den Iran

Kanzlerin Merkel hat sich beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs angesichts der Katastrophe in der syrischen Stadt Aleppo sehr betroffen gezeigt und Konsequenzen für die Kriegsparteien Russland und Iran gefordert. Beim EU-Ukraine-Abkommen wurde eine Einigung erzielt. Auch der Brexit war Thema.

Von Bettina Klein | 16.12.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Ende des EU-Gipfels in Brüssel.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Ende des EU-Gipfels in Brüssel. (AFP - Emmanuel Dunand)
    Mit fast fünf Stunden Verspätung trat die Bundeskanzlerin am Abend vor die Presse. Für die Zeitverzögerung bei diesem eintägigen Gipfel war unter anderem der Besuch des Bürgermeisters von Ost-Aleppo verantwortlich, der einen eindringlichen Hilfsappell an die Staats- und Regierungschefs vorgetragen hatte. In dramatischer Form hat er uns die Lage vor Augen geführt, so die Kanzlerin, ein "emotional sehr bewegender Teil des Gipfels":
    "Dieser Teil der Diskussion, das will ich nicht verschweigen, war sehr deprimierend, weil wir alle etwas sehen im 21. Jahrhundert, was zum Schämen ist, was das Herz bricht, was zeigt , dass wir politisch nicht so handeln konnten, wie wir gerne handeln würden."
    Keine Sanktionen wegen Syrien, aber wegen des Ukraine-Konflikts
    Insbesondere Russland und Iran wurden für die Situation verantwortlich gemacht, die Verbrechen dort müssten geahndet werden. Was das genau bedeuten könnte, blieb offen. Mögliche Sanktionen waren offenbar Thema, wurden aber nicht konkreter diskutiert. Geeinigt hat sich der Gipfel auf eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts und des noch immer nicht umgesetzten Minsker Abkommens.
    "Leider ist der Fortschritt nicht so gewesen, dass man die Sanktionen hätte lockern können, so dass wir – so haben wir es jedenfalls politisch festgestellt - diese Sanktionen um sechs Monate weiter verlängern werden und das wird in diesem technischen Prozess dann stattfinden"
    Weg frei für Ratifizierung des EU-Ukraine-Abkommens durch die Niederlande
    Alle 28 Staaten einigten sich außerdem auf eine Zusatzerklärung zum EU-Ukraine-Abkommen. Darin wird unter anderem klargestellt, dass die Ukraine noch keine Perspektive auf einen EU-Beitritt bekommt und auch keine Garantie für die Sicherheit des Landes übernommen wird. Damit sollte den Niederlanden ermöglicht werden, das Abkommen doch noch zu ratifizieren, das dort vor einigen Monaten bei einem Referendum abgelehnt wurde. Ministerpräsident Rutte zeigte sich zufrieden und kündigte auf dieser Grundlage eine neue Abstimmung an. Es könne jetzt keine Missverständnisse mehr geben.
    "After today there can be no misunderstanding on that score."
    Migrationspartnerschaft soll Menschen von Flucht abhalten
    Ein Schwerpunkt des Gipfels war der weitere Ausbau der sogenannten Migrationspartnerschaften mit Staaten wie Niger oder Mali. Geld also, das fließt, damit deutlich weniger Flüchtlinge aus diesen Ländern nach Europa kommen. Eine umstrittenes Verfahren, weshalb Merkel noch einmal ihre Bedingungen formulierte.
    "Hier geht es um sehr konkrete Hilfe, was die Entwicklung dieser Länder anbelangt. Um Hilfe bei der Herstellung von Sicherheit in diesen Ländern und um Hilfe bei der Bekämpfung des Schleppertums. Aber alles muss Hand in Hand gehen, das war vollkommen klar heute - bei allem was wir diskutiert haben."
    Nächste Gelegenheit zur Diskussion ist der 3. Februar. Für diesen Tag hat Malta zu einem Treffen geladen, das mit dem Jahreswechsel turnusgemäß die Ratspräsidentschaft übernimmt. Unter maltesischer Federführung soll auch ein neues europäisches Asylsystem gefunden sein. Geplant ist außerdem ein Gipfelreffen zwischen der EU und der Türkei im nächsten Jahr.
    Wenig Gesprächsbedarf zu Brexit
    Kürzer und knapper als geplant fielen die Gespräche der 27 verbleibenden EU-Staaten über das weitere Prozedere beim Brexit aus, viel gebe es ja noch nicht zu besprechen, so Merkel, bevor der Antrag Großbritanniens überhaupt auf dem Tisch liege.