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EU
Innenminister beraten über Seenotrettung

Eine langfristige Lösung für den Umgang mit der Seenotrettung von Migranten im Mittelmeer ist nicht in Sicht. Darum berät die EU erneut über das kontroverse Thema. Denkbar wäre es nun, zumindest eine Übergangslösung zwischen kooperationswilligen Staaten zu finden.

Von Paul Vorreiter | 18.07.2019
Das Foto zeigt Flüchtlinge auf einem Schiff der Organisation "Mediterranea Saving Humans".
Das Foto zeigt Flüchtlinge auf einem Schiff der Organisation "Mediterranea Saving Humans". (dpa-Bildfunk / Olmo Calvo)
Für die neu gewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird die Migrationspolitik in der EU eines der dickeren Bretter sein, das zu bohren ist. Einer der Aspekte wird unter anderem die Frage nach einer geregelten Seenotrettung sein.
Bei ihrer Bewerbungsrede vorgestern in Straßburg kündigte die CDU-Politikerin einen neuen Anlauf bei den Asylreformen an:
"In den letzten fünf Jahren sind mehr als 17.000 Menschen im Mittelmeer untergegangen, womit das Mittelmeer eine der tödlichsten Grenzen der Welt geworden ist. Auf hoher See gilt die Pflicht, Menschenleben zu retten."
Aber die Frage, wohin mit den Bootsinsassen, etwa wenn Malta oder Italien sich weigerten, die Häfen zu öffnen, verschärft immer wieder die Lage der Flüchtlinge und führt zu Zerwürfnissen zwischen den EU-Staaten.
Suche nach Umverteilmechanismus
Selbst wenn die Flüchtlinge an Land gehen können, vermittelt die EU-Kommission immer wieder erst noch, wohin die Geretteten danach gebracht werden können; ein nachhaltiger Ad-Hoc-Mechanismus, bei dem klar ist, was zu tun ist, fehlt bislang. Dabei müsse das nicht sein, verdeutlichte Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, diese Woche in Brüssel.
"Ein solcher Sofortmechanismus mit Staaten, die dazu bereit sind, liegt seit langer Zeit auf dem Tisch und wir brauchen ihn sofort, um weitere schlimme Situationen auf dem Mittelmeer zu verhindern."
Bundesaußenminister Maas hatte ein "Bündnis der Hilfsbereiten" angeregt aus Deutschland und anderen EU-Staaten, und stellte in Aussicht, immer wieder ein festes Kontingent an Geretteten aufzunehmen. Bislang zählen noch Länder wie Frankreich, Luxemburg, Finnland und Portugal zu den wenigen, die sich bereit erklären, Flüchtlinge aufzunehmen.
Das Treffen der Innenminister heute in Helsinki steht insofern unter einem etwas besseren Stern, als dass sich leichte Bewegung in dem Streit abzeichnet. Der Italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi hatte in einem Zeitungsinterview einen strukturierten und stabilen Umverteilmechanismus als Lösungsvorschlag angekündigt.
Flüchtlinge aus Krisenstaaten sollten in den benachbarten Ländern Anträge auf Asyl stellen können. Sollte der Antrag bewilligt werden, könnten sie per Flugzeug nach Europa gebracht werden. Das würde das Geschäft der Schlepper beenden und die Menschen an der gefährlichen Überfahrt über das Meer hindern. Dieser Vorschlag stößt in Deutschland auf Skepsis.
Wie umgehen mit Transit- und Herkunftsländern?
Michael Roth: "Ich habe nur den Eindruck, dass uns Lösungsvorschläge, die nicht sofort greifen können, nicht substanziell weiterbringen."
Bei den Fragen zur Seenotrettung richtet sich der Fokus auch darauf, wie mit Transit- und Herkunftsländern umzugehen ist. Die EU-Außenbeauftragte Mogherini mahnte diese Woche an, dass mehr Geld notwendig sei.
"Wir brauchen mehr Geld für unseren Hilfsfonds, mit dem wir zur Zeit etwa 209 Projekte im Umfang von 4,5 Milliarden Euro finanzieren. Dieser erleichtert es uns, die Zahl der Ankommenden zu verringern, aber auch mehr Menschen zu retten die sich in Seenot befinden"
Der Ausgang des Innenministertreffens ist unklar. Mit dem Versuch, eine Übergangslösung bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu erzielen, war bereits der zuständige Migrationskommissar Avramopoulos gescheitert. Denkbar wäre es nun, eine zeitlich befristete, Lösung zwischen kooperationswilligen Staaten zu finden.
Das Europaparlament hatte sich gestern ebenso mit der Seenotrettung befasst. Der Sprecher für Flucht und Migration der Grünen-Fraktion Erik Marquardt, forderte Ursula von der Leyen auf, sich für ein europäisches Seenotrettungsprogramm einzusetzen.