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EU-Kommission
Glyphosat bleibt in Europa erlaubt

Die EU-Staaten konnten sich nicht einigen, deshalb hat die Europäische Kommission entschieden: Sie hat die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat für weitere 18 Monate genehmigt. Während dieser Zeit soll noch einmal ein neues Gutachten zu der Frage erstellt werden, ob die Substanz krebserregend ist.

29.06.2016
    Drei weiße Kanister mit der Aufschrift "Profi 360 TF" und "360 g/l Glyphosat" stehen in einem Metallregal.
    Ob Glyphosat krebserregend ist, ist umstritten. (Jens Büttner / dpa)
    Die EU-Kommission gab ihre Entscheidung in Brüssel bekannt. Zugleich beauftragte sie die europäische Chemikalienagentur Echta mit der Bewertung. Auf deren Grundlage soll dann über eine längerfristige Erlaubnis für Glyphosat entschieden werden. Ursprünglich hatte die Kommission eine Zulassung für weitere 15 Jahre befürwortet.
    In den vergangenen Monaten konnten sich die EU-Staaten in der Glyphosat-Frage nicht einigen. Am Freitag war eine letzte Abstimmung gescheitert - auch deshalb, weil sich Deutschland enthielt. Die Große Koalition ist in der Frage uneins: Während die Union für eine weitere Zulassung plädiert, ist die SPD dagegen.
    Auf der Verpackung steht "Wirkstoff: Glyphosat 360g/l (31%), 250 ml".
    Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat. (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
    Mit ihrer jetzigen Entscheidung macht es die EU-Kommission weder den Gegnern noch den Befürwortern von Glyphosat recht - doch das war angesichts der völlig unterschiedlichen Bewertung von Glyphosat auch schlicht unmöglich. Für die Umweltschützer ist eine 18-monatige Zulassung genau 18 Monate zu lang. Der Naturschutzbund Deutschland erklärte, die EU-Kommission habe sich "offenkundig von den Interessen der Agrarindustrie leiten lassen".
    Große Teile der Agrarindustrie sowie die Pestizid-Hersteller dagegen können nicht verstehen, warum die Zulassung überhaupt begrenzt wird. Der Europäische Branchenverband ECPA äußerte sich enttäuscht: Es lägen inzwischen 3.500 Studien und 90.000 Seiten an Beweisen zu Glyphosat vor. Der "Zentralverband Gartenbau" kritiserte "politischen Druck von Interessenvertretern und Nichtregierungsorganisationen".
    Das Gras auf der Wiese ist braun und verdorrt. Im Hintergrund sieht man einen Wald und den blauen Himmel.
    So sieht eine mit Glyphosat behandelte Wiese aus: Eine Fläche in Sachsen. (picture alliance / dpa / Sebastian Willnow)
    Ob Glyphosat krebserregend ist, ist umstritten: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht bei sachgerechter Anwendung nicht von Gefahren für den Menschen aus. Auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hält den Stoff für wahrscheinlich nicht krebserregend bei Menschen. Ähnlich sieht das ein Ableger der Weltgesundheitsorganisation WHO, das Joint FAO/WHO Meeting On Pesticide Residues (JMPR). Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO stuft die Substanz hingegen als wahrscheinlich krebserregend ein. Allerdings bewertet die Behörde die Beweislage dafür, dass Glyphosat Krebs auslösen könnte - und nicht das Risiko, tatsächlich an Krebs zu erkranken.
    (mg)