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EU-Kommission
Online-Befragung zur Zeitumstellung endet

Herbert Reul gilt als einer der entscheidenden Gegner der Sommerzeit - und hat das Thema wie kein ein anderer in Brüssel auf die Tagesordnung gesetzt. Der ehemalige EU-Parlamentarier und heutige NRW-Innenminister hat eine EU-Online-Bürgerbefragung zur Sommerzeit-Regelung mit in Gang gebracht. Diese endet heute Nacht.

Von Bettina Klein | 16.08.2018
    Zeitumstellung 2017 auf Winterzeit Alle Jahre wieder die gleiche Prozedur. Am letzten Wochenende im Oktober werden die Uhren umgestellt. Dann wird die Sommerzeit auf die Winterzeit umgestellt. Foto: Revierfoto Foto: Revierfoto/Revierfoto/dpa | Verwendung weltweit
    Die EU-Kommission will sich ein Meinungsbild verschaffen. (Revierfoto)
    Nicht alle haben das Thema wirklich ernst genommen, manche konnten sich ein paar höhnische Bemerkungen nicht verkneifen. Nach dem Motto "Die schon wieder mit ihrer Anti-Sommerzeit-Debatte." Regelmäßig im März, wenn es wieder soweit war und den Bürgern die berühmte Stunde Schlaf vorübergehend gestohlen wurde.
    "Da haben viele Journalisten geschrieben, der Reul ist der Spinner mit der Zeitumstellung. Ich meine, die Artikel habe ich alle noch."
    Reul: Da wollte keiner so richtig ran
    Der "Spinner mit der Zeitumstellung", wie Herbert Reul aus den Artikeln zitiert, saß früher im Europaparlament und ist heute Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Einer der entschiedenen Gegner der Umstellung auf die Sommerzeit. Er hat das Thema wie kaum ein anderer in Brüssel vorangetrieben
    "Mich hat eine Bürgerin angeschrieben damals und gesagt, das stört sie, und ob das denn so sein muss. Und, unter uns, war ich mir auch nicht sicher, ob das richtig ist. Aber ich dachte, naja, aber du kümmerst dich, so gehört sich das für einen Abgeordneten. Und dann hat die Kommission in einer Art und Weise damals geantwortet, die war so merkwürdig. So richtig nach dem Motto, ich will da nicht dran - aber kein Argument." So schildert Reul die Geschichte dem Deutschlandfunk-Studio in Brüssel.
    23.02.2018 Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Herbert Reul (CDU), der nordrhein-westfälische Innenminister
    Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) wurde als der "Spinner mit der Zeitumstellung" in Artikeln zitiert. (picture alliance /dpa /Federico Gambarini)
    "Alle wollen es nur nicht anpacken, aber keiner hat ein Argument. So, und dann war ich in Robin Hood Manier, jetzt wollen wir mal gucken, jetzt gibst Du nicht mehr auf."
    Nach Ansicht des CDU-Politikers ist die Umstellung auf eine Sommerzeit nur ein Beispiel für eine europaweite Regelung, die - einmal beschlossen - nur schwer wieder zurückzudrehen ist.
    "Wenn das Argument für die Umstellung der Zeit damals "Wir sparen Energie" sich nicht bewährt hat und hinfällig geworden ist – dann brauche ich keine Umfrage mehr, dann stelle ich den Normalzustand wieder her."
    Der Verkehrsausschuss im Europaparlament hatte die Abschaffung der Sommerzeit zwar gefordert, doch dafür gab es im Plenum keine Mehrheit. Stattdessen beauftragte das Europäische Parlament im Februar die EU-Kommission, eine gründliche Bewertung der bestehenden Regelung vorzunehmen und gegebenenfalls einen Vorschlag zur Überarbeitung vorzulegen.
    Eine Million Antworten nach wenigen Wochen
    Das erste Ergebnis war nun die Online-Befragung, bei der sich noch bis heute Abend jeder EU-Bürger beteiligen und seine Meinung äußern kann. Beibehaltung, Abschaffung, oder noch etwas Drittes, wie eine ständige Sommerzeit? Eine Million Antworten waren nach wenigen Wochen bereits eingegangen. Man darf seine Ansicht begründen und auch zusätzliche Dokumente auf der Seite hochladen, die die eigene Haltung untermauern. Aus Sicht von Herbert Reul ist die Befragung allein schon ein Fortschritt.
    "Weil damit der Druck erhöht wird, und ich will es ja verändern. Eigentlich braucht die Kommission nur einen Vorschlag zu machen, macht sie aber nicht. Genau wie die Mitgliedstaaten, keiner kommt da richtig aus dem Quark. Das ist jetzt so eine Notlösung, dass die sagen, wir fragen mal. Und je nach dem Ergebnis, werden die initiativ werden müssen, und das ist meine Hoffnung."
    Es geht allerdings hierbei aber nicht um eine Volksabstimmung, sondern um ein Meinungsbild, dass die Kommission sich verschaffen will. Welchen Stellenwert und welchen Einfluss das Ganze auf weitere Entscheidungen haben wird, ist offen. Die Kommission könnte eine Empfehlung abgeben die bisherige Regelung zu ändern, wenn sie zum Ergebnis käme, dass die Nachteile der Sommerzeit die Vorteile überwiegen.
    Bisher sind es nur einzelne Staaten, die sich gegen die Sommerzeit beziehungsweise für eine Überprüfung offen aussprechen wie Finnland oder Litauen. Staaten im Norden, in denen es im Sommer ohnehin überdurchschnittlich lange hell ist. In Deutschland ergab eine Umfrage des Forsa Instituts, dass mehr als 70 Prozent die Abschaffung der Sommerzeit befürworten. Theoretisch wäre jeder Staat berechtigt, die Entscheidung für sich allein zu treffen. Doch das hält auch Herbert Reul für Unsinn.
    "Nee, da würde ich auch nie ernsthaft mi machen wollen."
    Am Sinn einer EU-weit einheitlichen Regelung besteht kaum ein Zweifel. Wie auch immer sie in Zukunft aussehen wird.