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EU-Parlament
Bessere Arbeitsbedingungen für Fernfahrer

Das EU-Parlament hat für bessere Arbeitsbedingungen für Fernfahrer gestimmt. Das Paket an möglichen Maßnahmen ist allerdings eher kompliziert ausgefallen – und enthält mehrere Ausnahmen.

Von Paul Vorreiter | 04.04.2019
Zahlreiche Autos und Lastwagen fahren am 25.05.2016 bei Hamburg über die Autobahn 7.
Das EU-Parlament hat lange darum gerungen, jetzt ist das Votum da: Lastwagenfahrer sollen in Zukunft besser vor Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingungen geschützt werden (dpa/ Daniel Reinhardt)
Das EU-Parlament will Lastwagenfahrer besser vor Ausbeutung schützen: Die Abgeordneten stimmten unter anderem über Fragen der Entsendung ab: Etwa, welcher Mindestlohn für Fernfahrer gezahlt werden muss – der aus dem Heimatland oder der des Aufenthaltslandes?
"Der große Gewinn an dieser Gesetzgebung ist, dass das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort nicht nur in der Mutter-Entsenderichtlinie durchgesetzt wurde, sondern jetzt auch im Transportwesen", sagt der verkehrspolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, Ismail Ertug, zu einem Kompromiss, der kompliziert ausgefallen ist und mehrere Ausnahmen enthält.
Welche Regeln gelten bei internationalen Fahrten?
Von der Entsenderichtlinie werden zunächst Transitfahrten ausgenommen, also Fahrten von Polen in die Niederlande, bei denen nur in den Niederlanden be- oder entladen wird. Dann sogenannte bilaterale Fahrten, zum Beispiel zwischen Prag und München, bei denen nur in München be- und entladen wird. Für die tschechische Spedition heißt das: Sie muss ihrem Fahrer auch in Zukunft keinen deutschen Mindestlohn zahlen.
Anders soll das sein bei sogenannten kombinierten Fahrten mit mehreren Be- und Entladungen. Dann sollen in Zukunft ab der zweiten Operation die Standards des Aufenthaltslandes gelten. Eine Spedition aus Ungarn, die ihre Ware nach Portugal fährt, muss ihren Fahrer spätestens beim zweiten Entladen in Frankreich nach französischem Mindestlohn bezahlen, aber auch nur dann, wenn Hin- und Rückstrecke nicht dieselbe sind.
Einfache Regelung zu Ruhe- und Lenkzeiten
Weniger kompliziert fiel der Kompromiss zu den Ruhe- und Lenkzeiten aus. Die Wochenruhezeit von mehr als 45 Stunden sollen die Fahrer nicht mehr in der Kabine verbringen dürfen, außerdem sollen die Fahrer ein Anrecht haben, alle vier Wochen auf Kosten des Arbeitgebers nachhause zu kommen. Denn der Laster soll alle vier Wochen für eine Be- oder Entladung wieder zum Niederlassungsort zurückgefahren werden müssen. Das soll die Praxis erschweren, dass Spediteure ihren Fernfahren anraten, die Ruhezeiten in den Entsendeländern zu nehmen, um dann von dort wieder weiterzuarbeiten. Die neuen Regeln sollen auch die Entstehung von Briefkastenfirmen verhindern.
Das Parlament will auch das Geschäftsmodell der sogenannten Kabotage stärker reglementieren. Damit ist der Warenverkehr im Inland gemeint, der durch ausländische Speditionen gemacht wird. Das führt – wie Kritiker oft bemängeln – zu Lohndumping, weil ausländische Speditionen ihre Leistung günstiger anbieten können als heimische, etwa weil sie ihre heimischen Löhne zahlen. In Zukunft soll es nicht mehr möglich sein, unendlich viel Kabotage zu betreiben, also dauerhaft als ausländische Spedition im Inland Waren von A nach B zu bringen.
Verbesserte Kontrollmöglichkeiten
"Innerhalb von sieben Tagen dürfen Sie sich in jedem Land sich maximal drei Tage aufhalten und Kabotage machen, aber dann müssen Sie wieder zurück in Ihr Heimatland und das ist das Entscheidende an der Sache: dann müssen Sie in Ihr Heimatland, um einen erneuten Start von Kabotage machen zu können. Und das ist genau das, womit wir die Kontrolle dann einfacher gestalten".
Kontrolliert werden soll das durch ein Einführung von intelligenten Fahrtenschreibern, die prüfen, wo die Lkw gefahren sind, wo sie etwas ab- und beladen haben.
Das letzte Wort ist bei den Reformen für die Fernfahrer noch nicht gesprochen. Nach der Entscheidung im Parlament müssen sich noch Kommission, Parlament und Rat auf eine gemeinsame Position einigen, allerdings liegt die Position des Parlaments nicht mehr so weit weg von den Ländern. Die Gespräche dazu könnten voraussichtlich im Juni beginnen.