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EU-Parlament
Brexit-Kampf mit harten Bandagen

In einem Resolutionsentwurf zum Brexit hat das EU-Parlament die Bedingungen für ein Abkommen mit den Briten aufgelistet. Die britische Regierung hat diese bereits als absolut inakzeptabel bezeichnet. Doch EU-Chefunterhändler Michel Barnier wird an den Forderungen der Abgeordneten nicht vorbeikommen.

Von Peter Kapern | 11.02.2020
Barnier steht vor einem Eingang und hält die Hände wie beim Beten zusammen.
Das EU-Parlament wird Partnerschaftsvertrag mit Großbritannien ratifizieren - allein deshalb muss EU-Chefunterhändler Michel Barnier ihn ernst nehmen (AP / Olivier Matthys)
Mit viel Wehmut und Empathie haben die Europaabgeordneten Ende Januar ihre britischen Kollegen verabschiedet. Jetzt, zwei Wochen später, formulieren sie Bedingungen für die bald beginnenden Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen. Und die haben es in sich, wie der Resolutionsentwurf, über den morgen abgestimmt wird, und die heutige Debatte dazu zeigen. Die Botschaft Richtung London war klar und unmissverständlich: Ende der Gefühlsduselei, jetzt geht´s ans Eingemachte.
David McAllister zu den Bedingungen für ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich:
"Ein Drittstaat kann nicht dieselben Rechte und Vorteile wie ein Mitgliedstaat haben. Ein Level Playing Field ist eine Priorität und eine Voraussetzung für jedes denkbare Abkommen. Und wir werden keine Abwärtsspirale nach unten zulassen."
Die Forderungen der Abgeordneten haben Gewicht
David McAllister, der CDU-Abgeordnete, führt jene Abgeordnetengruppe an, die im Auftrag des Europaparlaments die anstehenden Verhandlungen begleiten. Wie schon den Austrittsvertrag wird das Straßburger Parlament auch den Partnerschaftsvertrag ratifizieren. Die Forderungen der Abgeordneten muss EU-Chefunterhändler Michel Barnier deshalb durchaus ernst nehmen.
Und diese Forderungen haben es laut Resolutionsentwurf in sich. Da werden Zweifel angemeldet an der Zielsetzung, die die EU-Kommission formuliert hat. Die möchte nämlich ein Freihandelsabkommen ohne Zölle und ohne Quoten erreichen, wenn London zusichert, auf Dumping zu verzichten. Ein Ziel, dem die Europaabgeordneten offenbar Grenzen setzen wollen.
Der Kommission wird geraten, Zölle und Quoten für Waren von der Insel zumindest für die verletzlichsten Bereiche der EU-Wirtschaft zu erwägen. Wohl deshalb wies Ursula von der Leyen, die Kommissionspräsidentin, in ihrer Rede darauf hin, dass auch das Freihandelsabkommen mit Kanada, das die Blaupause für einen Vertrag mit London sein könnte, nicht alle Zölle und Einfuhrquoten beseitigt.
Boris Johnsons kurioser Missgrifff
"Natürlich beseitigt unser Deal mit Kanada Tarife auf eine Vielzahl von Gütern – aber eben nicht auf alle. Und natürlich beseitigt unser Deal mit Kanada die meisten Quoten, aber eben nicht alle!"
Premierminister Boris Johnson hatte kürzlich gesagt, auch ein Freihandelsvertrag wie der mit Australien sei für sein Land eine Option. Eine Aussage, die Ursula von der Leyen überrascht hat, wie sie heute im Europaparlament einräumte. Denn die EU habe ja gar kein Freihandelsabkommen mit Australien.
Derzeit laufe der Handel mit dem fünften Kontinent nach WTO-Regeln ab. Auch darauf könne sich die EU einstellen, so von der Leyen, wenn das der Wunsch Londons sei. Sie allerdings würde eine ambitioniertere Lösung bevorzugen. Im Resolutionsentwurf des Europaparlaments werden dafür die Bedingungen genannt:
Kein Dumping bei den Sozial- und Umweltstandards, kein Wettlauf in Sachen Subventionen oder Steuersenkungen. Alle Standards der EU müsse Großbritannien einhalten. Und zwar nicht nur die derzeit gültigen, sondern auch die, die in Zukunft noch dazu kommen. Und der Europäische Gerichtshof müsse in Streitfällen das letzte Wort haben.
Kurzum: Im Resolutionsentwurf sind alle Punkte aufgelistet, die die britische Regierung bereits als absolut inakzeptabel bezeichnet hat. Womit klar sein dürfte, welche Politdramen sich kurz vor Ende der Verhandlungsfrist am 31. Dezember abspielen dürften.