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EU-Parlament debattiert über Malta
Druck auf Muscats Regierung steigt

Die Ermittlungen im Fall der ermordeten Journalistin Daphne Caruana Galizia und die politische Krise in Malta standen im Zentrum der Debatte im Europaparlament. Einige EU-Abgeordnete forderten den sofortigen Rücktritt von Maltas Regierungschef Joseph Muscat, um die Mordermittlungen nicht zu gefährden.

Von Paul Vorreiter | 17.12.2019
Der maltesische Premierminister Joseph Muscat, der vor den Medien mitteilt, dass sein Stabschef am 26. November 2019 seinen Rücktritt eingereicht hat.
Im EU-Parlament gibt es Zweifel, dass Regierungschef Joseph Muscat im maltesischen Valletta die Kritik ernst nimmt (AFP / Matthew Mirabelli)
Der Druck aus Straßburg auf die maltesische Regierung steigt, allen voran auf den noch amtierenden Ministerpräsidenten Joseph Muscat. Die für Werte und Transparenz zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova heute Vormittag im Parlament:
"Es ist zwar nicht die Aufgabe der Kommission sich zu laufenden Verfahren zu äußern, aber wir haben mehrfach betont, dass wir unabhängige Ermittlungen wollen und wir haben dies der maltesischen Regierung auch klar gemacht."
Und nicht nur das: Die EU-Kommissarin erinnerte daran, dass ihre Behörde mehrere Vertragsverletzungsverfahren gestartet habe, weil die Anti-Geldwäsche-Richtlinie nicht vollständig umgesetzt worden sei.
EU mahnt zu Reformen
In einem Brief von Justizkommissar Didier Reynders an den maltesischen Justizminister fordert die EU-Kommission Klarheit über die kommenden Schritte und den Zeitplan der geplanten Reformen. Die maltesische Regierung solle bei allen künftigen Gesetzesvorhaben dem Rat der Venedig-Kommission folgen, einem internationalen Expertengremium in Verfassungsfragen, das bereits im Dezember 2018 Malta Vorschläge präsentiert hatte. Darin wurde unter anderem kritisiert, dass Verfahren zur Ernennung von Personen in öffentlichen Ämtern verbessert werden müssten, um so die Gewaltenteilung zu garantieren. Diesen Punkt hob auch die EU-Kommission in Straßburg als wichtige Aufgabe hervor, ebenso wie die Etablierung von Anti-Geldwäsche-Regeln und den Aufbau einer unabhängigen Staatsanwaltschaft.
Aber im Parlament gibt es Zweifel, dass Valletta die Kritik ernst nimmt. Eine Delegation von Abgeordneten ist zuletzt nach Malta gereist. Mit dabei war der Grünen-Politiker Sven Giegold, dem die einzelnen Maßnahmen der EU-Kommission nicht weit genug gehen.
"Sorgen Sie dafür, dass die ersten Schritte im Rahmen eines Rechtsstaatsverfahrens eingeführt werden, in dem systematisch die Rechtstaatsprobleme angegangen werden."
Der Grünen-Politiker plädierte zudem für Vertragsverletzungsverfahren bezüglich des Verkaufs von EU-Pässen. Aber: Wie kräftig sollte die Positionierung des EU-Parlaments zu Malta ausfallen und ist tatsächlich gleich ein Artikel-7-Verfahren notwendig?
Vorverurteilung wäre kontraproduktiv
Die maltesische Abgeordnete, Miriam Dalli – Parteifreundin von Joseph Muscat - warnte vor einer Vorverurteilung. Eine Vorverurteilung könne die laufenden Ermittlungen beeinflussen, warnte die maltesische Sozialdemokratin. Birgit Sippel von der SPD sieht in den Geschehnissen auf Malta einen Anlass, europaweit Defizite in der Rechtstaatlichkeit zu bekämpfen.
"In Ergänzung zu den weitergehenden Ermittlungen und Verfahren in Malta sollten wir die Erfahrungen aber auch nutzen, um präventiv den Verkauf von Staatsbürgerschaften in anderen Mitgliedsstaaten kritisch zu überprüfen."
Sie plädierte zudem für die Etablierung des von der EU-Kommission geplanten Rechtstaatsmechanismus, mit dem alle Mitgliedsländer auf ihre Rechtstaatlichkeit überprüft werden sollen. Wegen mutmaßlicher Verwicklungen in das Verbrechen an der Journalistin Daphne Caruana Galizia hatte der maltesische Premier Muscat seinen Rücktritt für Januar angekündigt. Manche EU-Abgeordnete forderten den sofortigen Rückzug, um die Mordermittlungen nicht zu gefährden. Morgen werden die Abgeordneten über die Resolution zu Malta abstimmen.