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EU-Sondergipfel
Tschechien gegen Flüchtlingsquoten

Tschechien hat einer EU-Quote zur gerechteren Verteilung von Flüchtlingen eine klare Absage erteilt. Seit Jahren hält das Land die Schotten dicht und nimmt nur eine geringe Zahl von Flüchtlingen aus Drittländern auf. Und dabei will sich Prag von den Nachbarn nicht reinreden lassen.

Von Stefan Heinlein | 23.04.2015
    Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka, aufgenommen am 04.12.2014 in der Repräsentanz von Bayern in Tschechien in Prag.
    Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka lehnt Flüchtlingsquoten ab (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    Im Hochsommer ist es soweit. 15 syrische Flüchtlingsfamilien - insgesamt 70 Kinder, Frauen und Männer aus dem Bürgerkriegsland - werden in Tschechien ihre neue Heimat finden. Vorausgegangen war eine wochenlange politische Debatte über mögliche Gefahren für die innere Sicherheit. Einen Massenzustrom ausländischer Flüchtlinge werde es auch künftig nicht geben, beruhigte Innenminister Milan Chovanec die aufgeregte Öffentlichkeit. Auch angesichts der Dramen im Mittelmeer hat sich an dieser Haltung der tschechischen Regierung nichts geändert, betont Ministerpräsident Bohuslav Sobotka:
    "Wir sind der festen Überzeugung. Die beste Hilfe für die Menschen ist die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse vor Ort. Tschechien unterstützt dort bereits viele Flüchtlingslager. Wir sind bereit diese Hilfe im Rahmen der europäischen Solidarität weiter zu verstärken."
    Tschechien gegen Quoten
    Tatsächlich hält Tschechien seit Jahren die Schotten dicht. Nur rund 1000 Migranten aus sogenannten Drittländern kamen 2014 in das kleine EU-Land. In diesem Jahr soll die Zahl der Flüchtlinge auf maximal 700 Menschen begrenzt werden. Den vor dem EU-Sondergipfel lauter werdenden Forderungen nach einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge auf die Schultern aller 28 EU-Mitgliedsländer erteilt der Sozialdemokrat eine klare Absage:
    "Die Position der tschechischen Regierung zur möglichen Einführung von Quoten ist eindeutig. Tschechen wird eine solche Forderung in Brüssel nicht unterstützen. Die Entscheidung über die Aufnahme von Flüchtlingen ist allein Sache der nationalen Regierungen."
    Tschechien gegen geplante Wiederausweitung der Seenothilfe
    Auch die von der EU geplante Wiederausweitung der Seenothilfe im Mittelmeer wird von Prag nicht uneingeschränkt unterstützt. Die menschlichen Tragödien der Flüchtlingsfamilien lassen zwar niemanden kalt, so Außenminister Lubomir Zaoralek. Die Entsendung weiterer Rettungsboote könne jedoch das Problem zusätzlich verschärfen:
    "Wir dürfen nichts unternehmen, was uns zu Komplizen des organisierten Verbrechens macht. Wenn wir die Flüchtlinge von den Menschenschmugglern übernehmen, werden diese in Zukunft noch bessere Geschäfte machen."
    Wenige kritische Stimmen
    Ein Standpunkt, der laut aktuellen Umfragen von zwei Dritteln der tschechischen Bevölkerung geteilt wird. Nur wenige Stimmen fordern einen Kurswechsel. Tschechien dürfe keine Insel in der Flüchtlingspolitik bleiben, so Magda Faltova, Direktorin einer Hilfsorganisation:
    "Tschechien benimmt sich so, als ob die ganze Situation uns nicht betrifft. Es fehlt der politische Mut, etwas zu verändern. Die Flüchtlinge verschwinden aber nicht, wenn man sie einfach ignoriert. Wir haben die moralische Pflicht diesen Menschen zu helfen."
    Doch Tschechien ist innerhalb der EU nicht allein mit seiner harten Linie in der Flüchtlings- und Asylpolitik. Auch Großbritannien, Portugal, Spanien und die baltischen Staaten lehnen bislang Quoten für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa ab.