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EU-Strafmaßnahmen
Wie wirken die Sanktionen gegen Russland?

Die EU hat die Sanktionen gegen Moskau ein weiteres Mal verlängert – wegen fehlender Fortschritte beim Minsker Abkommen. In Russland sieht man der Verlängerung gelassen entgegen. Aber die Sanktionen verfehlen ihre Wirkung nicht.

Von Gesine Dornblüth | 14.12.2018
    Flaggen von Russland und der EU
    Die Sanktionen gegen Russland haben kaum Einfluss auf die alltägliche Wirtschaft, sondern wirken eher langfristig (Sputnik/dpa/Vladimir Sergeev)
    Die Führung in Moskau hatte sich auf die Verlängerung der Sanktionen eingestellt. Wladimir Tschischow, Botschafter Russlands bei der EU, war Anfang der Woche zu Besuch im Studio des russischen Staatsfernsehens.
    Früher, so die Moderatorin von "Rossija 24", hätten sie jedes Mal diskutiert, ob Sanktionen verlängert würden, hätten von einem Scheideweg gesprochen. Jetzt sei das gar kein Thema mehr. Daraufhin EU-Botschafter Tschischow:
    "Die Sanktionen haben ihr Eigenleben, jedes Paket hat seine eigenen Fristen. Der Europäische Rat wird offensichtlich bei seinem Treffen in dieser Woche beschließen, die Sanktionen, die im Januar auslaufen, zu verlängern."
    Und so kam es auch.
    Russlands Wirtschaft hat sich angepasst
    Außenminister Sergej Lawrow hatte bereits Ende November, nach der Eskalation im Asowschen Meer, gesagt, über Sanktionen rege man sich schon lange nicht mehr auf.
    Russische Politiker behaupten häufig, die Europäer hielten nur deshalb an den Sanktionen fest, weil die USA Druck auf sie ausübten. In Wirklichkeit sei der Schaden für Europas Wirtschaft viel höher als der für Russland.
    Tatsächlich bescheinigen Ratingagenturen wie Moody's und Standard and Poor's der russischen Wirtschaft, sich gut an die Sanktionen anzupassen. Russland versucht, Importe durch Produktionen im eigenen Land zu ersetzen und greift verstärkt auf Produkte aus China zurück.
    Tatjana Mitrowa, Energieexpertin bei der Skolkowo-Managementschule in Moskau, kommt zu einem anderen Ergebnis. Sie hat die Auswirkungen der Sanktionen auf den für Russlands Haushalt so wichtigen Öl- und Gassektor untersucht.
    "Direkt machen sich die Sanktionen in erster Linie bei den Kapitalkosten bemerkbar. Früher konnten russische Unternehmen im Ausland einfach und schnell Kredite aufnehmen, die Banken standen Schlange, um ihnen Kredite zu geben, und das zu niedrigen Zinsen, drei bis vier Prozent. Jetzt sind es 13 bis 14 Prozent. Und es ist ein riesiges Problem, Banken und Fonds davon zu überzeugen, dass die Kreditvergabe kein Risiko ist."
    Sanktionen wirken auf den Öl- und Gassektor
    Auf das tägliche Geschäft hätten die Sanktionen keinen allzu großen Einfluss, so Mitrowa. Das führe dazu, dass russische Unternehmen und Politiker das Gefühl hätten, die Strafmaßnahmen würden nicht wirken.
    "Aber der Schein trügt. Die Sanktionen funktionieren. Aber eben nicht kurz-, sondern langfristig. Sie trüben Schritt für Schritt die Zukunftsaussichten des Öl- und Gassektors ein."
    In den kommenden Jahren könnte die Ölförderung in Russland sinken, um fünf Prozent bis 2025, um zehn Prozent bis 2030. Besonders die technologisch anspruchsvolle Förderung von Schieferöl in der Arktis sei gefährdet.
    Ähnliche Erfahrung wie zu Sowjetzeiten
    Die Luft werde dünner, meint Energieexpertin Tatjana Mitrowa:
    "Es ist wie der Würgegriff einer Anakonda. Diese Methode wurde auch gegen die Sowjetunion angewandt, als in den 70er Jahren Sanktionen eingeführt wurden. Russland macht zur Zeit eine sehr ähnliche Erfahrung."
    Die Sowjetunion ist unter anderem daran zugrunde gegangen, dass Technologien fehlten und der Staat alle Mittel in die Rüstung steckte. Gerade die Ukraine fordert deshalb immer wieder, die Sanktionen gegen Russland nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sogar auszuweiten.