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EU-Treffen in Luxemburg
Schlussakt für die Urheberrechtsreform

Seit Ende März ist die Urheberrechtsreform beschlossene Sache. Beim Treffen der EU-Landwirtschaftsminister in Luxemburg folgt nun der formale Schlusspunkt des Verfahrens. Die Diskussionen um den umstrittenen Artikel 13 und die sogenannten Uploadfilter halten jedoch weiter an.

Von Paul Vorreiter | 15.04.2019
Menschen stehen bei einem "Trauermarsch" nach der Entscheidung des Europaparlaments für ein neues Urheberrecht am Neptunbrunnen.
Die Demonstrationen gegen die Urheberrechtsreform halten an, wenn auch mit weniger Teilnehmern (Paul Zinken/dpa)
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist zwar bisher nicht mit der Urheberrechtsreform in Verbindung gebracht worden: Aber sie darf heute ihre Unterschrift beim Treffen der EU-Landwirtschaftsminister in Luxemburg unter die Richtlinie setzen und die Reform damit final auf den Weg bringen. Es handelt sich um den formalen Schlusspunkt in der europäischen Gesetzgebung. Danach haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Regeln in nationale Gesetze zu übersetzen.
Die Reform soll das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anpassen, Kreative, Künstler und Journalisten sollen stärker davon profitieren, wenn mit ihren Inhalten im Netz Geld gemacht wird. Ein Artikel steht in der Debatte dabei besonders im Fokus:
"Leider konzentriert sich das rein auf den Artikel 13 und die Debatte um die sogenannten Uploadfilter, die gar nicht im Text stehen, aber irgendwie immer in der Diskussion mitschwingen, weil es in der Umsetzung eine Rolle spielen mag",
sagte Axel Voss, Berichterstatter der Reform im Europaparlament von der CDU während einer Podiumsdiskussion. Artikel 13 sieht vor, dass kommerzielle Plattformen grundsätzlich haftbar sind für die urheberrechtlich geschützten Inhalte, die ihre Nutzer hochladen. Zwar ist in der Tat im Gesetzestext von Upload-Filtern keine Rede, also einer Erkennungssoftware, doch:
Nicht möglich, auf Uploadfilrer zu verzichten
"Fakt ist, Artikel 13 erfordert, dass sobald ein Rechteinhaber einer Plattform keine Lizenz erteilen möchte, die Plattform sperren muss und dementsprechend ist es selbst bei einer Plattform, die über sehr große finanzielle Mittel verfügt und alle Lizenzen einkaufen könnte, die ihre angeboten würden, nicht möglich, dass sie auf Uploadfilter verzichten kann",
meint Julia Reda, ehemalige Piratenpartei-Politikerin und Wortführerin der Uploadfiltergegner im Europaparlament. Die befürchten auch, dass die teure Erkennungssoftware vor allem die Stellung großer Internetfirmen stärken dürfte, die eine solche Technologie anbieten können. Sie bemängeln auch, dass diese Software fehleranfällig sei, könne urheberrechtlich geschützte Inhalte von zulässigen Verfremdungen oder Hintergrundmusik nicht unterscheiden.
Ebenso für Diskussionen sorgt der Artikel, der ein Leistungsschutzrecht für Zeitungsverleger auf europäischer Ebene einführen soll. Dieses soll Internetdienste wie Google News dazu bringen, Lizenzen abzuschließen, falls sie urheberrechtlich geschützte Texte und Textausschnitte auf ihren Seiten anzeigen. Kritiker bemängeln allerdings, ein Leistungsschutzrecht hätte schon in Deutschland Rechteinhabern kaum nennenswerten Summen eingebracht. Im Zweifel würden die Internetfirmen am längeren Hebel sein; auf die Inhalte verzichten, statt dafür Lizenzen einzuholen,
Wieder Demonstrationen gegen den umstrittenen Artikel
Am Wochenende hatten in Deutschland erneut Gegner der umstrittenen Artikel demonstriert. In Berlin-Mitte fiel der Protest am Samstag Nachmittag aber deutlich geringer aus, als in den Wochen vor dem entscheidenden Parlamentsvotum Ende März.
Federführend an der Reform mitgewirkt hat das Bundesjustizministerium. Ministerin Katarina Barley von der SPD hat die Reform in eine unangenehme Situation gebracht. Sie selbst hatte sich gegen die umstrittenen Passagen ausgesprochen, jedoch bereits in den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament dem Kompromiss zugestimmt – weil sie für die Regierung als Ganzes gesprochen hatte und sich gegen die Union nicht durchsetzen konnte. Barley selbst muss jetzt Klöckner auftragen, der Reform als Vertreterin zuzustimmen oder sie abzulehnen.
Mehrere Medien berichten, dass der Zustimmung heute ein erläuterndes Protokoll beigefügt werden soll, in dem sich die Bundesregierung von Upload-Filtern distanziert. Danach dürfte der Streit über die Urheberrechtsreform aus Brüssel nach Berlin verlagert werden, wo nach Wegen in der nationalen Gesetzgebung gesucht wird, Upload-Filter zu verhindern. Die CDU hatte Pauschallizenzen vorgeschlagen, mit denen der Einsatz von Erkennungssoftware überflüssig gemacht werden soll.