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EU und Iran
Die wichtigste Verbündete des Mullah-Regimes

Die EU hat entscheidend dafür gesorgt, dass nach jahrelangen Verhandlungen 2015 der Atomvertrag mit dem Iran zustande kam. Doch viele Hoffnungen konnten sich bisher nicht erfüllen. Viele EU-Unternehmen haben laut Iran-Experten zudem Angst vor den Reaktionen des US-Präsidenten.

Von Ralph Sina | 03.01.2018
    Die EU-Außenministerin Federica Mogherini und Irans Präsident Hassan Rouhani stehen am 29. Oktober 2016 im Büro des Präsidenten in Tehran
    Die EU-Außenministerin Federica Mogherini und Irans Präsident Hassan Rouhani bei einem Treffen 2016 in Tehran (dpa / epa / Presidential Official Website)
    Sie ist für die Regierung in Teheran der wichtigste Verbündete: die Europäische Union. Denn die EU hat entscheidend dafür gesorgt, dass nach jahrelangen Verhandlungen und heftigem Streit im Juli 2015 der Atomvertrag mit dem Iran zustande kam. Jener Vertrag zwischen Teheran auf der einen Seite. Und den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates plus Deutschland auf der anderen - also den Regierungen in Washington, Moskau, Peking, London, Paris und Berlin.
    Nur die EU als Vermittler habe die Herkulesaufgabe stemmen können, zwischen den in der Iran-Frage zerstrittenen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Teheran zu vermitteln, sagt jene Frau, die einen großen Teil des Vertrages geschrieben hat. Jenen Atom-Deal , der zunächst für viel Hoffnung gerade unter jungen Iranern sorgte.
    Helga Maria Schmid, deutsche Top-Diplomatin und Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes EAD hat jahrelang mit den Machthabern in Teheran um jeden Buchstaben des Iran- Nuklear- Vertrages gerungen. Sie war zuständig für "die konkrete Textarbeit, die konkreten Textverhandlungen. Wir haben ja über 100 Seiten Text produziert".
    Hoffnungen bei jungen Iranern geweckt
    Helga Maria Schmid gilt in der EU als besonders kundige Iran-Expertin mit den besten Kontakten zum Machtapparatin Teheran. Vor allem zu dem Mann, der während der jetzigen Unruhen vergleichsweise moderate Töne anschlägt: zu Irans wiedergewählten Präsidenten Hassan Rouhani. Denn die EU-Diplomatin Schmid hat Hassan Rouhani zwei Jahre lang gegenüber gesessen: Rouhani war ihr Verhandlungspartner und Gegenspieler beim Ringen um den Atomvertrag, bevor er Präsident des Iran wurde.
    Rouhanis Karrieresprung sei ein Glücksfall für den Atom-Deal gewesen betonte EU-Diplomatin Schmidt nach der Unterzeichnung des Vertrages im Juli 2015 gegenüber dem ARD-Europamagazin.
    Ohne Hassan Rouhani kein Atomvertrag. Und ohne Rouhani keine Versprechungen für eine bessere iranische Zukunft ohne UN und EU-Sanktionen: Versprechungen die vor allem bei jungen Iranern Hoffnungen weckten.
    "Er ist ja mit dem Versprechen angetreten die Sanktionen loszuwerden."
    Iran vom europäischen Bankensystem abgekoppelt
    Nicht nur Trump hat mit seinen neuen US-Sanktionen gegen Teheran Rouhani einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Der Abbau der EU -und der UN-Sanktionen kann laut Atomvertrag (offizielle Bezeichnung "Joint Comprehensive Plan of Action JCPOA-Wiener Erklärung" ) bis Oktober 2023 dauern.
    Hinzu kommt, dass der Iran vom europäischen Bankensystem abgekoppelt ist. Wer versucht per IBAN-Code Geld nach Teheran zu überweise der scheitert. Auch Anbieter für weltweite Bargeldüberweisungen wie Western Union, MoneyTransfer oder MoneyGram lehnen jede Geldtransfer in den Iran ab. Und zahlreiche Unternehmen in der EU, die eigentlich gerne Geschäfte im Iran machen würden hätten Angst betont der Iran-Experte Ervant Abrahamian von der New York University gegenüber dem TV-Sender Bloomberg: Angst vor den Reaktionen des US-Präsidenten.
    Zwar fördert der Iran dank des von der EU-vermittelten Atomdeals und des darin festgelegten Abbaus der nuklearbezogenen EU- und UN-Sanktionen wieder deutlich mehr Öl als vor der Einführung der Strafmaßnahmen 2011. Auch das Bruttoinlandprodukt ist laut einer Studie des Internationalen Währungsfonds gestiegen. Dennoch liegt die Durchschnittsarbeitslosigkeit im Iran bei über 12 Prozent und sie betrifft vor allem Jugendliche.
    Wie nahe war der Iran eigentlich an der Atombombe?
    Die Hoffnung der EU, ihrer Außenbeauftragten Mogherini und vor allem ihrer Top-Diplomatin Helga Schmidt der Atomvertrag werde dem Iran eine ganz neue Zukunftsperspektive eröffnen, konnte sich bisher nicht erfüllen. Dennoch war der Atomvertrag nach Auffassung von Mogherinis wichtigster Iran-Expertin existenziell notwendig.
    "Wie nahe war der Iran eigentlich an der Atombombe?" Auf diese Frage des Brüsseler ARD-Korrespondenten Rolf-Dieter Krause antworte EU-Diplomatin Schmid vor gut zwei Jahren: "Viel zu nahe".
    Hassan Rouhani in Teheran. Und Helga Schmid in Brüssel - dieses ungleiche Duo hat während der Atomkrise die Situation entschärft. Inwieweit die EU in der jetzigen Situation auf Teheran einwirken kann bleibt abzuwarten.