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Europa bohrt den Mars an

Raumfahrt. - Seit fast zwei Jahren umkreist mittlerweile Europas MarsExpress unseren Nachbarnplaneten im All. Trotz des Fehlschlags des britischen Landers Beagle 2 gilt diese erste interplanetare Sonde der europäischen Weltraumagentur Esa als Erfolg. Am Sitz des Europäischen Weltraumforschungszentrums Estec in Nordwijk in Holland treffen sich in dieser Woche Wissenschaftler und Ingenieure, um über die kommenden Mars-Mission zu beraten.

Von Guido Meyer | 07.09.2005
    Aurora ist die römische Göttin der Morgenröte. Jeden Morgen soll sie mit ihrem Streitwagen über den Himmel gefahren sein. So ähnlich stellt sich das auch die europäische Weltraumagentur Esa vor, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Sigmar Wittig:

    " Aurora umfasst ein Mars-Erkundungsprogramm. Es sollen verschiedene Sonden zum Mars geschickt werden im Laufe der nächsten Jahre, 2007 und danach. Und die ganz, ganz fernen Träume sind natürlich die, das man auch einmal Menschen zum Mars schickt."

    Aurora ist der Kern von Europas Programm für die Erforschung des Sonnensystems. In zwei Jahren soll der Startschuss fallen in Form eines Modells, das den Wiedereintritt einer Raumkapsel in die Erdatmosphäre demonstriert. Endziel von Aurora ist eine bemannte Mission zum Mars. Deutschland ist diesem Programm erst in diesem Jahr beigetreten, und das unter Vorbehalt. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn:

    " Man muss natürlich immer überlegen: Über welche Missionen bekommt man mehr wissenschaftliche Erkenntnisse? Wir haben hier durch unsere unbemannten Sonden ja unheimlich viel neues Wissen erhalten über die Veränderungen, die auf dem Mars stattgefunden haben. Wir wissen inzwischen, dass es Wasser auf dem Mars gibt. Wir haben Informationen über die Zusammensetzung, über die Mineralien, die dort vorhanden sind. Ich glaube nicht, dass man über Menschen auf dem Mars hier gravierende neue Erkenntnisse gewinnen würde."

    Im Rahmen von Aurora ist für 2011 zunächst ein unbemannter Rover mit dem Namen ExoMars geplant. Er soll - so wie die derzeit dort arbeitenden Sonden Spirit und Opportunity der US-Raumfahrtbehörde NASA - mobil operieren. An interessanten geologischen Formationen wird er anhalten und seinen vertikal nach unten gerichteten Bohrer ausfahren. Bruno Gardini vom europäischen Weltraumforschungszentrum Estec in Nordwijk in Holland, der Leiter des Aurora-Programms, erklärt:

    " Um Spuren von aktuellem oder fossilem Leben zu finden, muss man in den Marsboden eindringen, weil organische Moleküle auf der Oberfläche von der ultravioletten Strahlung längst abgetötet worden wären. Wir werden einen Bohrer dabei haben, der bis zu zwei Meter in die Erde vordringen soll. So könnte erstmals nicht nur der Staub der Oberfläche untersucht werden, sondern massives unterirdisches Gestein."

    Der Bohrer soll auch mögliche Vorkommen flüssigen Wassers unterhalb der Oberfläche entdecken. Die seismografischen Instrumente an Bord wären empfindlich genug, durch fließendes Wasser verursachte Erschütterungen aufzuspüren, die sich durch unterirdische Wasseradern fortpflanzen. Ebenso könnten mögliche Marsbeben und vulkanische Aktivitäten beobachtet werden.

    " Wir wollen dem Lander eine Panorama-Kamera mitgeben, damit er Bilder von seiner Umgebung schießt. Schließlich wollen wir ungefähr wissen, wo wir uns befinden. Außerdem soll uns ein Radar, das in den Mars-Boden vordringt, ständig darüber Auskunft geben, in welcher Tiefe wir bohren und ob und wann wir auf Flüsse oder Seen unterhalb der Mars-Oberfläche stoßen."

    Während der Rover über den Mars rollen wird, soll der stationäre Teil der Mission ExoMars Daten über die meteorologischen Bedingungen in der Atmosphäre sammeln, über die radioaktive und die UV-Belastung sowie über magnetische Felder. Angaben darüber sind für eine mögliche Landung von Menschen von Bedeutung, die die Esa derzeit für 2033 ins Auge fasst. Zuvor soll im Rahmen des Aurora-Programms 2016 eine Rückkehrmission zum Mars unbemannt durchgespielt werden, indem ein Roboter Mars-Gestein entnimmt und zur Erde fliegt.

    " Dieser Flug wäre der erste überhaupt, der alle Anforderungen einer bemannten Mission erfüllen würde. Man landet, entnimmt Proben, man fliegt nach Hause. Sinnvollerweise sollten wir erst lernen, Gestein sicher zurückzubringen, bevor wir ein solches Projekt mit Menschen durchführen. Vielleicht werden wir sogar einige solcher unbemannter Probenrückführungen benötigen, ehe wir den nächsten Schritt gehen können."

    Starten sollen Europas Flüge zum Mars im Juni 2011 mit einer russischen Sojus-Rakete, die genau zwei Jahre später am Mars einträfe. Endgültig darüber entscheiden wird der Esa-Ministerrat im Dezember.