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Europa streckt sich nach Osten

Rumänien und Bulgarien, das sind zwei Länder, die sich in 15 Jahren - weitgehend unbemerkt von der westlichen Öffentlichkeit - tiefgreifend gewandelt haben. Mit ihrem EU-Beitritt richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf sie. Doch auch wenn die beiden Länder in einem Atemzug genannt werden, so hat das kaum etwas mit ihrer kulturellen oder historischen Nähe zu tun.

Von Norbert Mappes-Niediek | 30.12.2006
    Sie sind gerade noch irgendwie hineingerutscht in die Union, keiner weiß so richtig wie, wahrscheinlich mit Tricks und auf jeden Fall im letzten Moment - so etwa lassen sich die zumeist galligen Kommentare zusammenfassen, mit denen die neuen EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien in diesen Tagen in den westeuropäischen Hauptstädten begrüßt werden. Bei soviel Kritik müsste, könnte man in Bukarest und Sofia einige Zerknirschung erwarten. Das Gegenteil ist der Fall. In den neuen Mitgliedsländern zeigt man sich durchaus selbstbewusst. Der rumänische Staatspräsidenten Traian Basescu hat eher schon Schwierigkeiten damit, dass sein Land überhaupt einem so peinlichen und langwierigen Aufnahmeverfahren unterzogen wurde:

    "Die rumänischen Politiker und das rumänische Volk haben sich immer als Teil Europas verstanden. Es fällt uns schwer zu akzeptieren, dass andere nach ihren eigenen Kriterien entscheiden, ob wir zur Europäischen Union gehören sollen."

    Wie man hören kann, unterscheidet sich die rumänische Wahrnehmung von der westlichen doch sehr. Dabei darf man die Worte des Präsidenten nicht als Arroganz auslegen. Basescu vertritt eine Nation mit 21 Millionen Einwohnern, die ab übermorgen die siebtgrößte der Europäischen Union sein wird. Rumänien gehorcht, wie jedes Land dieser Dimension, seinen eigenen Gesetzen. Und seine Bürger haben ein eigenes Bild von ihrem Land, von dem, was sie können oder nicht können. Sie brauchen zur eigenen Verortung nicht die Berichte, die in Brüssel in halbjährlichen Abständen über den Fortschritt ihrer Gesellschaft verfasst wurden. Denn die sahen die Situation in den beiden Ländern lange Zeit als dringend verbesserungswürdig an. Trotzdem, glaubt Basescu, werde sein Land ein zuverlässiges und stabiles Mitglied der Gemeinschaft sein.

    "Die Rumänen haben die Idee Europas im Blut. Jeder Politiker, der sich gegen die weitere Einigung Europas richten würde, würde vor den Wählern im Lande einen schweren Fehler begehen."

    Ganz ähnlich klingt es in Sofia. Da haben sich zwei Länder, von der westlichen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, in anderthalb Jahrzehnten verändert wie nie zuvor und geraten nun anlässlich ihres EU-Beitritts plötzlich auf unseren Schirm. Schon dass wir beide Länder, wie auch in dieser Sendung, meist im Doppelpack nehmen und nennen, entspricht mehr unserem Verhältnis zu ihnen als einer tatsächlichen kulturellen oder historischen Nähe. Obwohl sie im Westen wie Zwillinge wahrgenommen werden, leben die beiden neuen EU-Mitglieder traditionell mit dem Rücken zueinander. Als Handelspartner spielen beide für einander so gut wie keine Rolle. Aber auch privat interessieren sich Bulgaren und Rumänen kaum für einander. In Sofia ist kaum je ein rumänisches, in Bukarest nie ein bulgarisches Auto zu sehen. Bulgarien ist ein klassisches Balkanland mit Bergen, großen Schafherden und vereinzelten, schmucklosen Bauernhäusern im türkischen Baustil. Rumänien dagegen präsentiert sich schon optisch als Teil Mitteleuropas. Die Städte bieten überraschend originelle Architektur - vom Klassizismus über den Jugendstil bis zum Bauhaus. Teils bröckelt die Pracht gefährlich, etwa in Braila, einst Sitz einer stolzen Getreidemesse, teils boomen die Städte wieder. Beide Länder sind Welten für sich. Im Westen erwarten viele zum Beitritt die größten Jubelfeiern, aber in Rumänien und Bulgarien selbst wird das Datum eher gleichmütig aufgenommen. Krassen Stantschew, Sofias wichtigster Wirtschaftsexperte, klingt gelassen:

    "Die größte Überraschung auf der Brüsseler Seite wird darin bestehen, dass Bulgarien und Rumänien sehr gute Mitglieder sein werden. Und für die bulgarische Öffentlichkeit wird die Überraschung sein, dass Mitgliedschaft in der EU gar nichts Besonderes ist. Keine Preisexplosion, keine Inflation, keine Jobverluste, keine spürbare Einkommensverbesserung - Bulgarien ist ja ohnehin, was die Einkommensentwicklung angeht, seit drei Jahren die Nummer 1 in der Union."

    In Brüssel und in den westlichen Hauptstädten gilt der Beitritt der beiden Staaten, der schon im Frühjahr 2005 beschlossen war und der nach den seither gültigen Verträgen allenfalls um ein Jahr hätte verschoben werden können, heute allgemein als Fehler - und wer es nicht so sieht, zieht es vor, zu dem Thema zu schweigen. Wenigstens sei es falsch gewesen, den beiden Ländern einen festen Zeitplan für den Beitritt zu geben, zu dessen Gefangenem die Union sich dann gemacht habe, glauben alle. Krassen Stantschew widerspricht nüchtern, ohne zu hoch tönenden Beschwörungen der europäischen Einheit zu greifen:

    "Zunächst: Es war ja bisher üblich, jedem Land einen festen Zeitplan zu geben. Zweitens brauchten beide Länder etwas Druck. Ja, und die Union musste das Kapitel abschließen, wo doch einige andere Beitrittsländer warten. Es wäre politisch wohl sehr schwierig geworden, das auseinanderzuhalten - die Agenden von Rumänien und Bulgarien auf der einen und die von Kroatien auf der anderen Seite, und dann auch noch die Türkei. Die alle in einem Paket, das wäre wohl politisch sehr schwierig geworden."

    Die Brüsseler Skepsis gegenüber diesen beiden Ländern ist jedoch schon älter und muss niemanden verwundern. Beide liegen jeweils bei etwa 30 Prozent des Durchschnittseinkommens der alten EU-Länder und werden damit vorläufig die ärmsten Mitglieder sein. Zum ersten Mal setzte die Kommission gegenüber neuen Mitgliedern so genannte Schutzklauseln durch, die es der Mehrheit im Ministerrat ermöglichen, beide Staaten von Gemeinschaftsfunktionen wieder auszuschließen, sollten sie bestimmte Bedingungen nicht erfüllen. Vor allem in der rumänischen Öffentlichkeit sind die Schutzklauseln in den Beitrittsverträgen als demütigend aufgenommen worden. Aber man hat sich damit abgefunden, wie Ex-Finanzminister Daniel Daianu sagt.

    "Wer klar denkt und gut informiert ist, sollte sich nicht beleidigt fühlen. Wer weiß, was in der EU los ist und wer verantwortungsvoll den Stand der rumänischen Wirtschaft untersucht, sollte gemerkt haben, dass der EU-Beitritt nur ein Kompromiss sein konnte. Die Schutzklauseln haben die Funktion, diesen Kompromiss zu illustrieren. Es stimmt allerdings, dass jetzt zum ersten Mal in der Geschichte der EU, der Beitritt von einem oder zwei Länder mit Bedingungen verknüpft ist. Aber das muss einen nicht überraschen. Man muss sich realistisch ansehen, wo wir stehen, unsere Wirtschaft und die Bulgariens, dann wird man verstehen, dass beide Länder zum 1. Januar 2007 nur so in die Union aufgenommen werden konnten."

    Für die beiden neuen Mitgliedsländer gilt zudem eine ganze Reihe von Beschränkungen. So können die alten EU-Länder Arbeitnehmern aus Rumänien und Bulgarien, wenn sie wollen, sieben Jahre lang ihren Arbeitsmarkt versperren. Damit soll die von vielen befürchtete Arbeiterwelle aus dem Osten verhindert werden. Vor allem die britische Boulevardpresse entwirft Horrorszenarien, in denen vom 1. Januar an lange Schlangen vor britischen Arbeitsämtern stehen werden, sowie Aids- und Tuberkulose-Epidemien über Europa hereinbrechen könnten.

    Tatsächlich haben sich aus Rumänien schon in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Arbeitskräfte nach Italien, Frankreich und Spanien aufgemacht, was im Westen des Landes, etwa in der boomenden Gegend um die Stadt Timisoara, schon zu akutem Arbeitkräftemangel geführt hat. Die Rumänen also sind schon da. Die Bulgaren dagegen bleiben nach allem, was man weiß, auch künftig zu Hause. Ewgeni Dainow vom angesehenen Sofioter Institut für liberale Praxis hat für die Befürchtungen nur Spott übrig.

    "Was wir auf jeden Fall nicht erwarten sollten, das sind Horden von Wanderarbeitern. Erst gestern bin ich zwei britischen Journalisten begegnet, die auf der Suche nach Arbeitskräften waren, die nun England überschwemmen würden. Sie haben eine Woche in Bulgarien verbracht und eine einzige Krankenschwester gefunden. Das mit den Horden hat sich also nicht erhärten lassen. Ja, Rumänien ist wirklich ein großes, bevölkerungsreiches Land. Aber Bulgarien hat gerade mal drei Millionen Menschen in Arbeit."

    Rumänien und Bulgarien seien im Grunde nicht "reif" für die Europäische Union, heißt es heute allgemein in Brüssel, und schon gar nicht, mit Ausnahme vielleicht von Kroatien, seien das die künftigen Kandidaten vom so genannten Westbalkan - also Mazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien, Albanien oder gar das Kosovo. Nimmt man die Metapher von der Reife aber ernst, darf man den Beitritt gerade nicht auf unbestimmte Zeit hinauszögern. Gärtner müssen den richtigen Zeitpunkt für die Ernte finden, und sie wissen, dass es ausgesprochen sensible Früchte gibt, bei denen man diesen Zeitpunkt leicht verpassen kann. Ein Apfel, den man einfach hängen lässt, wird nicht einfach immer reifer. Irgendwann fault er. Übertragen auf die Verhältnisse in den balkanischen Kandidatenländern heißt das, dass die Gelegenheit zum Beitritt auch wieder verstreichen kann - dann etwa, wenn die Demokratie nicht Tritt fasst, wenn nationale Autokraten an Zulauf gewinnen, wenn sich Kriminelle des Staates bemächtigen und die Verwaltung in Korruption versinkt.

    Rumänien und Bulgarien sind diesem Schicksal entgangen. Aber wenigstens Bulgarien war ihm zeitweise recht nahe - 1996 nämlich, als jahrelange Misswirtschaft in eine Hungerrevolte mündete. Das politische System des Landes ist nach wie vor zerbrechlich. Die Mitte-rechts-Parteien, ursprünglich zusammengeschlossen in einem losen Bündnis, haben bei der letzten Wahl 2005 ein totales Fiasko erlebt. Der Grund, meint die Politologin Tatjana Burudschijewa, ist ihr extremer und manchmal nervtötender Antikommunismus, der von einer Bevölkerung, die den Kommunismus außer mit Diktatur vor allem mit Industrialisierung, Bildung, Entwicklung verbindet, kaum verstehen wird.

    "Man will nicht verstehen, dass die Politiker offenbar ihrerseits nicht verstanden haben, dass die Zeit des Kommunismus und Antikommunismus vorbei ist. Und mehr noch: Sie waren ja an der Macht und hatten die Möglichkeit, eine bestimmte Politik umzusetzen. Je mehr die Politiker so antikommunistisch daherreden, desto weniger hören die Leute ihnen zu. Ihr eigenes Leben ist ja weitergegangen, und dann immer noch über Antikommunismus reden? Das ist ja nicht normal. Man will einfach nicht, dass der Kommunismus auch noch die Gespräche der Kinder und der Nachfahren bestimmt. Und die Leute entwickeln sich ja auch! Man kann zum Beispiel vor 20 Jahren Mitglied der KP gewesen sein. Aber es sind ja immerhin 20 Jahre, man entwickelt sich, man unterscheidet sich vielleicht ein wenig von früher. Nur die Politiker, die unterscheiden sich scheinbar kein bisschen von damals."

    Deshalb verzeichnen gleich zwei populistische Bewegungen in Bulgarien zurzeit regen Zulauf: die rechtsradikale Atáka, die gegen Türken und Roma hetzt, und die neue Partei des Sofioter Bürgermeisters Bojko Borissow, die keine extremistischen Parolen schwingt, aber vom allgemeinen Verdruss über "die Politiker" lebt. Die Politologin Tatjana Burudschíjewa hält das ganze Parteiensystem ihres Landes für unreif:

    "In der Zeit des Übergangs, der Transformation, wollen alle politischen Parteien an die Macht kommen, um das System zu ändern. In einer normalen Gesellschaft dagegen wollen die Parteien an die Macht kommen, um das System zu entwickeln. Das ist ein großes Problem. Sogar mit Ataka und mit Bojko Borissow haben wir Parteien, die das System ändern wollen. Für das Parteiensystem heißt das, dass die Transformation eben noch nicht beendet ist."

    Der Beitritt, meint die Politologie-Professorin, sei ein Weg, das zu ändern. Künftig, so ihre Hoffnung, werden Politiker nicht mehr bloß mit Macht, sondern mit bestimmten Zielen assoziiert. Die Ziele gibt die Union vor.

    Besserung erhoffen viele auch bei der Korruption, der Hauptsorge der Brüsseler Verwaltung. In den letzten drei Jahren haben beide Länder die Strafverfolgung enorm verschärft. In Rumänien steht ein früherer Premier vor Gericht, in Bulgarien wurden vor Weihnachten die Chefs der Sofioter Fernwärmegesellschaft allesamt verhaftet. Der Bukarester Politologe Gheorghe Barbu ist skeptisch, was diese Art der Korruptionsbekämpfung angeht, und fürchtet, dass im Schatten der kleinen Gaunereien die großen Coups unbeachtet bleiben.

    "Für mich geht es bei Korruption nicht um Personen. Personen, Privatleute mögen in vielen Gesellschaften geneigt sein, sich korrumpieren zu lassen, sich bezahlen zu lassen für ihre Dienste als Beamte, wenn sie welche sind. Wir sollten uns lieber für wichtigere Angelegenheiten interessieren, etwa für die Privatisierungen, die schwer auf unserem Haushalt lasten. Wir verlieren jeden Tag Geld wegen der gewaltigen Coups, die in diesem Lande in den letzten 16 Jahren abgelaufen sind."

    Dennoch setzt auch der kritische Barbu auf die EU - aber nicht auf ihren Druck, sondern auf die Institutionen, mit deren Hilfe sie sich bemerkbar macht und die sich in Rumänien, seinem Land, auf Dauer ihr Gegenüber schaffen. Nicht die Rumänen sind korrupt, so Barbu, sondern die Verhältnisse sind es.

    "Ob es Korruption gibt oder nicht, beruht auf dem Grad an Vertrauen, dass die Bürger in das korrekte Funktionieren ihrer Behörden setzen dürfen. Wenn Sie nicht glauben, dass ein Beamter, von dem Sie etwas wollen, gesetzeskonform handelt, dann werden Sie ihn bestechen, weil Sie nicht ewig auf ein Papier warten wollen, dass dann doch nie kommt. Sie werden das Verfahren sozusagen umgehen und sich das Wohlverhalten des Beamten erkaufen. Die Rumänen sind, sagen wir, korrupt in dem Sinne, dass Korruption eben ein gesellschaftliches Phänomen ist und nicht bloß ein paar Männer an der Spitze betrifft. Aber das sind sie, weil sie eben ihren Institutionen nicht vertrauen könne. Wenn der Glaube oder das Vertrauen darein in den Köpfen der Rumänen Wurzeln schlagen könnte und wenn jeder auf dem Amt bekäme, was er von Gesetz wegen braucht - dann, glaube ich, würde die Korruption schon im nächsten Jahr dramatisch sinken."

    Den Beitritt Rumäniens und Bulgariens, so kann man zusammenfassen, wird man in Westeuropa kaum bemerken - sieht man davon ab, dass der gemeinsame Markt noch einmal um 30 Millionen Menschen größer wird und die Absatzchancen westlicher Firmen entsprechend steigen. Sogar die finanziellen Zuwendungen der Kommission werden sich in Grenzen halten, denn solange die beiden neuen Mitglieder kein effizientes Verteilungssystem aufgebaut haben, fließen nicht einmal die sonst so üppigen Agrarsubventionen. Sorgen müssen sich eher die Rumänen machen: Die Bauern, die meistens nur wenig über den Eigenbedarf hinaus produzieren, werden vom 1. Januar auch auf dem lokalen Markt ihr selbst geschlachtetes Schwein und die von Hand gemolkene Milch nicht mehr verkaufen können, weil das den EU-Vorschriften widerspricht. Vor allem Rumänien kämpft wirtschaftlich vorwiegend mit sich selber. Das ist auch die größte Sorge des Präsidenten:

    "Rumänien hat die größte Anzahl Bauern in der EU; mehr als 400.000. Das ist aber keineswegs ein gutes Zeichen. Bei der Wiedergabe enteigneten Landes sind Betriebsgrößen von einem Hektar, einem halben Hektar, zwei Hektar entstanden. Das sind Größen, die eine effiziente Bearbeitung des Landes nicht zulassen, auch wenn die Böden sehr gut sind."

    Binnenwirtschaftlich sind Rumänien und Bulgarien auch von übermorgen an keine vollwertigen Mitglieder der Union. Politisch, vor allem außenpolitisch, aber schon. Mit ihnen rückt die EU weiter nach Osten und dringt in eine weitere, neuerdings immer wichtigere Weltgegend vor: die Schwarzmeer-Region mit den großen kaukasischen Ölvorräten. Bulgarien pflegt darüber hinaus, vor allem seit es wieder sozialistisch regiert wird, wieder sein traditionell freundliches Verhältnis zu Russland - und könnte dadurch ein Gegengewicht zum eher russlandkritischen Polen werden. Wer aber glaubt, das christlich-balkanische Bulgarien als eine Art Bollwerk des Abendlands gegen den Nachbarn Türkei in Stellung bringen zu können, dürfte sich irren. Dem Klischee eines Balkanvolks nämlich wollen die Bulgaren nicht mehr entsprechen. Ewgeni Dainow vom Sofioter Institut für liberale Praxis:

    "Alle wollen hier eine besondere Beziehung zur Türkei. Jeder erwartet, dass Bulgarien alles in seiner Macht Stehende tun wird, um der Türkei in die Europäische Union hineinzuhelfen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Einer ist, dass die Bulgaren sich an den kommunistischen Terror gegen die Türken im Land erinnern und sich dafür schämen. Dann hat man begriffen, dass die moderne Türkei nicht der Unterdrücker ist wie vor hundert oder vor fünfhundert Jahren. Für Generationen war die Türkei der Feind. Das ist nicht mehr der Fall. Und schließlich wollen die Bulgaren die Türkei deshalb in Europa haben, damit sie sich der Versuchung verweigert, sich nach der anderen Seite zu drehen und eine asiatische, islamische Republik zu werden."

    Auf der anderen Seite ist es das enge Verhältnis der beiden Länder zu den USA, das manchen Westeuropäern nicht gut gefällt. Vor allem als der frühere amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ein angebliches "neues Europa" gegen das so genannte alte Europa stellte, schlugen in Paris und Berlin die Wogen hoch. Tatsächlich haben sowohl Rumänen als auch Bulgaren zuweilen auch ihre Vorbehalte gegen die USA - wie etwa im Kosovo-Krieg, als die damaligen Nato-Mitgliedschaftskandidaten skeptisch beiseite standen. Präsident Traian Basescu versucht es so europakonform wie möglich auszudrücken:

    "In unserer gesamten Außenpolitik ist die Idee zutiefst verankert, dass wir zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten eine solide Partnerschaft aufbauen sollten. Aber soweit wir Rumäniens Rolle in der Union vorhersehen können, wird es in jedem Falle die eines guten Europäers sein."