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Europäische Union
Umstrittener Besuch Tsipras' in Moskau

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist nach Moskau gereist. Es geht wohl um Macht, Geld und Allianzen. Griechenland ist auf der Suche nach Kapital. Der EU-Ministerpräsident Martin Schulz warnte Athen davor, die Einigkeit der Europäer aufs Spiel zu setzen.

Von Klaus Remme | 08.04.2015
    Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wird zum Antrittsbesuch nach Moskau reisen. (AFP / Emmanuel Dunand)
    Die russische Karte - das klingt nach einem politischen Pokerspiel. Es geht um Macht, es geht um viel Geld, es geht um Allianzen. Griechenland ist auf verzweifelter Suche nach Kapital und nicht nur in Berlin und Brüssel fragt man sich, ob in Athen Grundsätze zur Disposition stehen. Der Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments, Elmar Brok, erinnerte heute Morgen im Deutschlandfunk an vergangene Jahrzehnte:
    "Das ist ein Problem. Da muss man mal auf die Landkarte schauen, dass Griechenland in dieser globalstrategischen Frage von großer Bedeutung ist. Das war letztlich die Vereinbarung Stalin/Churchill 1944 bereits, dass Griechenland zur westlichen Hemisphäre gehört, was von den griechischen Kommunisten nie akzeptiert worden ist. Und man muss sehen, dass hier ganz offensichtlich manche wieder an diese Tradition anknüpfen müssen und dann Griechenland aus der westlichen Hemisphäre herauslösen wollen."
    Die Reise ist ein Testfall für die Zuverlässigkeit Griechenlands, zeigt sich Brok überzeugt.
    Erler: "Das ist ein Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten"
    An Wortmeldungen fehlt es nicht. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte Tsipras heute in der "Bild"-Zeitung, er könne Athen nur raten, die Einigkeit der Europäer nicht auf's Spiel zu setzen, so Schulz. Über mögliche Hebel Moskaus wird diskutiert. Gemach, sagt der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, im "Morgenmagazin":
    "Ich plädiere für gelassene Beharrlichkeit. Das ist ein Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten. Andere Regierungschefs machen das auch und natürlich gibt es da Interessen. Es könnte um eine Verringerung des Ölpreises, des Gaspreises gehen, aber bestimmt nicht um die Lösung des Hauptproblems von Griechenland."
    Doch bei aller Geduld zeigt Erler gleichzeitig auf eine rote Linie:
    "Entscheidend ist, gemeinsam zu entscheiden, wie man mit den Sanktionen umgeht. Im März hat da Griechenland auch zugestimmt, dass man das jetzt koppelt an die Umsetzung des Minsker-Abkommens. Da müssen wir beharrlich sein, darauf müssen wir bestehen."
    Russischer EU-Obst- und Gemüse-Importstopp wird Thema sein
    Es gibt Differenzen zwischen Brüssel und Athen gerade in diesem Punkt. Alexis Tsipras hat die Russland-Sanktionen in den zurückliegenden Wochen als sinnlos bezeichnet. Er wird sich in Moskau möglicherweise bemühen, Griechenland vom russischen EU-Obst- und Gemüse-Importstopp auszunehmen. Kein Problem, meint Elmar Brok:
    "Dies ist eine einseitige Sanktion, die Russland ausgesprochen hat. Wenn Russland eine einseitige Sanktion zurücknimmt, halte ich das nicht für das entscheidende Problem."
    Ein politischer Preis für russische Konzessionen, der wäre ein Problem, bedient Tsipras das Angstbild von Putins Trojaner in der EU, könnte das die ohnehin schon schwierige Debatte über weitere Finanzhilfen belasten. Solidarität ist keine Einbahnstraße, tönt es seit Tagen durch die europapolitische Arena. Die griechische Forderung nach deutschen Reparationszahlungen in diesem Umfeld auf 280 Milliarden Euro zu beziffern, ist aus Sicht Gernot Erlers wirklich nicht hilfreich:
    "Man muss schon sagen, dass man das nicht so ganz verstehen kann vor allen Dingen, was den zeitlichen Ablauf angeht. Wir waren schon mal einen Schritt weiter. Die Zahlen sind nicht neu. Zumal bei dem letzten Besuch von Tsipras hier in Berlin, ja im Auswärtigen Amt was ganz anderes verabredet worden ist. Man hat sich dafür ausgesprochen so eine Art Zukunftsgruppe zu bilden, die soll zum Beispiel ein deutsch-griechisches Jugendwerk auf den Weg bringen, soll auch was Erinnerungskultur angeht, bestimmte Projekte machen, das ist doch der viel konstruktivere bessere Weg."