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Europäischer Handball
Spieler sollen ihre Berater selbst zahlen

Der Fußballweltverband FIFA will die Honorare der Spielerberater deckeln. Die führenden Handballklubs glauben nicht, dass das rechtlich zulässig ist. Aber sie haben beschlossen, dass die Agenten ab Sommer nicht mehr durch Klubs bezahlt werden sollen.

Von Erik Eggers | 27.02.2021
Kiels Steffen Weinhold (l) wirft gegen den Flensburger Spieler Holger Glandorf
Wer soll die Berater bezahlen - Vereine oder Spieler? (picture alliance/Frank Molter/dpa)
Bislang war es üblich, dass Spielerberater ihr Honorar von den Klubs kassieren. Das war im Fußball nicht anders als im Handball oder Basketball. Der europäische Handball will nun aber einen anderen Weg gehen. Im Januar hat das Forum Club Handball (FCH) als Vereinigung der europäischen Spitzenklubs beschlossen, die Agenten in Zukunft allein durch die Spieler bezahlen zu lassen. Das Problem sei, dass der Spielervermittler in einem Interessenkonflikt stehe, erklärt FCH-Geschäftsführer Gerd Butzeck:
"Er nimmt einen Spieler unter Vertrag, und wenn er den dann unter Vertrag hat, bietet er den einem Verein an. Wenn der Verein sagt: ‚Ja, ich möchte den Spieler haben.‘ dann sagt der Spielervermittler: ‚Die und die Rechnung musst Du mir bezahlen.‘ Das heißt, der Spielervermittler vertritt die Interessen des Spielers und stellt eine Rechnung an den Verein. Jetzt erbringt er natürlich auch gewisse Leistungen für den Verein, die werden dann vereinbart. Aber der grundsätzliche Konflikt für den Spielervermittler bleibt natürlich bestehen."
Diese Zwitter-Rolle der Spielerberater im Business ist freilich nichts Neues, das weiß auch Butzeck, der früher selbst Berater war. Wenn der Handball aber nun reagiere, habe dies mit den Finanzbehörden in Barcelona zu tun, die erklärt hätten,
"…dass der FC Barcelona die Rechnungen der Spielervermittler nicht mehr als Kosten geltend machen kann, da die Leistungen vom Spielervermittler für den Spieler erbracht werden. Das hat bei uns zu einem gewissen Umdenken geführt. Wir halten es für sinnvoll, hier eine Transparenz zu schaffen. Wenn der Spielervermittler für den Spieler arbeitet, dann soll der Spieler den Spielervermittler auch bezahlen."

Spielerberater mit Unverständnis

Wie im Fußball regt sich aber auch bei den Agenten im Handball Widerstand. So erklärt Sören Gerster, der mit seiner Firma Sport Impuls beispielsweise Nationaltorhüter Johannes Bitter berät, dass es mit der Rechnungsstellung durch Klubs seine Richtigkeit habe.
"In der Praxis in Deutschland ist es eigentlich so, dass in der Regel das Bestellerprinzip gilt und auch so gehandelt wird. Dass Vereine uns Spielerberater anrufen, sich nach Spielern erkundigen, ob sie Interesse haben, den Verein zu wechseln. Oder Vereine anrufen, wo der Spieler unter Vertrag ist, ob der Spieler den Vertrag vorzeitig verlängern will. Die Praxis ist also: Die Vereine kontaktieren die Berater, auch die Spieler danach, und dann steigt man in die Verhandlungen ein. Grundsatz sind ja in Deutschland für uns Spielerberater, die im Handball tätig sind, auch die Richtlinien des Deutschen Handballbundes für Spielervermittler. Und dort wird ganz klar in dem Paragrafen 2 signalisiert, dass die Berater sowohl für den Spieler als auch für die Vereine und deren wirtschaftlichen Träger tätig sein können und Verhandlungen aufnehmen dürfen. Von daher ist das im Augenblick im Handball die gängige Praxis. Wir werden dann auch nach Vertragsabschluss von den Klubs bezahlt."
Das Forum Club Handball hat seinen Beschluss inzwischen in die Gremien der Europäischen Handball Föderation eingebracht und ist zuversichtlich, dass die neue Regelung schon für die Saison 2021/22 wirksam wird. Die europäische Ligavereinigung und auch die Bundesliga stünden dem Vorhaben sehr positiv gegenüber, betont FCH-Geschäftsführer Butzeck. Aber: Sollte das Projekt tatsächlich realisiert werden, müssten sich die Handballclubs auch auf höhere Personaletats einstellen, sagt Spielerberater Gerster:
"Ich glaube, dass die Spieler versuchen werden, wenn wir Berater von den Spielern bezahlt werden sollen, ihr Gehalt zu erhöhen, sprich die Spielervermittler- oder Agentenhonorare on top zu verhandeln. Dies würde natürlich ein höheres Bruttoeinkommen des Spielers im Jahr zugrunde legen. Damit würde der Verein auch höhere Personalkosten produzieren. Das heißt: Lohnsteuer, Sozialabgaben wären höher, aber auch die Beiträge der Berufsgenossenschaft, die ja trotz Corona gerade erst erhöht worden sind, würden sich natürlich auf das Arbeitgeber-Brutto des Spielers widerspiegeln."

Deckelung von Beraterhonoraren kein Thema

Anders als im Fußball, besteht im Handball indes völlige Einigkeit darüber, dass eine Deckelung der Beraterhonorare juristisch nicht zu halten wäre. Das hätten zahlreiche Verfahren auf europäischer Ebene im Wettbewerbsrecht gezeigt, sagt Butzeck und nennt ein Beispiel:
"Wenn eine Schweizer Firma, in diesem Fall die FIFA, einem Spielervermittler zum Beispiel aus Serbien vorschreiben will, welche Provision er dafür nehmen darf, dass er einen kroatischen Spieler von Dänemark nach Russland transferieren möchte, dann halte ich das für sehr fragwürdig. Ich halte das auch für gefährlich, weil da natürlich Schadensersatzforderungen sehr schnell auflaufen können, die für die FIFA sehr unangenehm wären. Wir möchten uns das gerne ersparen."
Aber: Wie viele seiner Kollegen sieht Spielerberater Sören Gerster die große Gefahr, dass eine Bezahlung der Beraterhonorare durch die Profis zu Umgehungstatbeständen führen würde. Spätestens dann nämlich, wenn Klubs unbedingt einen Spieler verpflichten wollten. Insofern darf man gespannt sein, ob die Klubs dann tatsächlich nach ihren Maßgaben handeln.