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Europaspiele
Ungewisse Zukunft

In drei Wochen beginnen die Europaspiele in Baku. Schon vorher gibt es wegen der Menschenrechtssituation viel Kritik am Auftragungsland Aserbaidschan. Jetzt ist klar: Die zweite Auflage der Europaspiele soll 2019 in den Niederlanden stattfinden. Doch längst stellt sich die Frage: Haben die Europaspiele überhaupt eine Zukunft?

Von Heinz-Peter Kreuzer | 17.05.2015
    Handverlesene Gastgeber für die Europaspiele: Anders als bei den traditionsreichen Panamerikanischen oder den Asienspielen gibt es kein richtiges Bewerbungsverfahren. Ohne Konkurrenz sind die Niederlande auch ohne Finanzgarantien einstimmig gewählt worden.
    Für Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes und Mitglied der EOC-Exekutive, wird sich dieses Procedere jedoch zukünftig ändern: "Ich bin sicher, dass, wenn sich die European Games durchsetzen und wenn das langfristig ein Format bleibt, das weitergeführt wird, dass es dann ein formalisiertes Verfahren geben wird. Aber das war jetzt bei den ersten und den zweiten Spielen nicht der Fall, und das muss sich erst einspielen."
    Die Premierenspiele in Baku sind auf ähnliche Weise ausgesucht worden. Erst wurde hinter den Kulissen mit dem sportbegeisterten Staatspräsidenten Ilham Aliyev verhandelt, dann wurde Baku nachträglich gewählt. Das reiche Aserbeidschan war ein Wunschpartner, es investierte in Wettkampfstätten, zahlt die Kosten der Gäste und lockte auch einige Verbände mit Extraprämien. In Teilen Europas stößt dieser Gastgeber auf heftige Kritik. Es wird nicht über das geplante Sportspektakel berichtet, sondern mehr über die Verstöße gegen Menschenrechte. Ein Grund, die zweite Auflage der Europaspiele unbedingt in eine westliche Demokratie wie die Niederlande zu vergeben – trotz fehlender Garantien.
    Publikumsmagnet Leichathletik nicht mit Top-Besetzung
    Aber auch sportlich haben die Wettkämpfe in Baku bisher nur begrenzten Wert. In zwölf Disziplinen können sich zwar die Athleten für Olympia qualifizieren. Aber Kernsportarten wie Leichtathletik und Schwimmen sind nur mit Demonstrationswettbewerben oder Nachwuchsathleten vertreten. Auch ein Grund, warum sich die Europäische Rundfunk-Union EBU abwartend verhält.
    Vesper zeigt Verständnis: "Natürlich ist es, wie die Katze im Sack zu kaufen. Die Spiele müssen sich erst etablieren, und dann wird sich entscheiden, je nachdem wie sehr und wie stark sich etablieren werden, ob Fernsehanstalten daran interessiert sind, die Spiele zu übertragen."
    Erschwerend kommt hinzu: Leichtathletik, Schwimmen, Rudern, Triathlon und der Radsport veranstalten zukünftig gemeinsam die European Championships. Mitinitiiert wurde dieses Format von der Europäischen Rundfunk-Union. Diese Europameisterschaften in den fünf Sportarten werden innerhalb von zwölf Tagen erstmals 2018 in Berlin und Glasgow ausgetragen.
    Potenzial der Europaspiele muss sich 2019 zeigen
    Europaweit zeigen die öffentlich-rechtlichen Sender als EBU-Mitglieder die Titelkämpfe live. In der neu geschaffenen Konkurrenz sieht Vesper nicht das Ende der Europaspiele: "Wir haben Gespräche geführt auch mit dem Europäischen Leichtathletik-Verband. Und ich denke, dass auch weitere Sportarten hinzukommen werden. Entscheidend ist für viele Sportarten, dass die Teilnehmer sich qualifiziere können für die Olympischen Spiele und dass die Verbände dort Quotenplätze erlangen können."
    Aber: Ohne olympische Kernsportarten haben Europaspiele wenig Strahlkraft. Schließlich ist besonders die Leichtathletik auch bei den anderen Kontinental-Meisterschaften der zentrale Event. Die Entscheidung über die Zukunft der European Games fällt 2019 in den Niederlanden.