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Europawahl in Griechenland
Linkspopulisten gewinnen "Volksabstimmung gegen Sparpolitik"

In Griechenland hat die linkspopulistische Syriza die Europawahl zur „Volksabstimmung gegen Sparpolitik" erklärt – und klar gewonnen. Jetzt fordert ihr Chef Alexis Tsipras einen Schuldenschnitt und Neuwahlen für das griechische Parlament.

Von Thomas Bormann | 26.05.2014
    Der Spitzenkandidat der Europäischen Linken Alexis Tsipras
    Klarer Wahlsieger in Griechenland: Alexis Tsipras (picture alliance / dpa / Simela Pantzartzi)
    Public Viewing bis tief in die Nacht. Dutzende Anhänger der Linkspartei Syriza schauen auf die Leinwand am Platz vor der Universität Athen. Hier feiert Syriza den Sieg. Syriza, das Bündnis der Radikalen Linken, ist bei dieser Wahl stärkste Partei in Griechenland geworden: „Viele Menschen, vor allem in den großen Städten, schicken eine Botschaft nach Europa: mit der Sparpolitik geht das nicht so weiter. Es reicht", sagt ein Syriza-Anhänger, während aus allen Ecken des Landes neue Ergebnisse eintrudeln und Syriza sich bei etwa 26,5 Prozent der Stimmen einpendelt.
    Die konservative Nea Demokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras liegt nur auf Platz 2 mit etwa 23 Prozent der Stimmen, immerhin dreieinhalb Prozentpunkte hinter den Radikalen Linken. Syriza-Parteichef Alexis Tsipras fordert denn auch Neuwahlen fürs griechische Parlament. Die Regierung in Athen habe jetzt nicht mehr die Legitimation, das Land zu führen, sagte Tsipras in der Nacht.
    Regierungspareien abgestraft
    Im Wahlkampf hatte Tsipras die Europawahl zuvor zur „Volksabstimmung gegen die Sparpolitik" erklärt; jetzt also will er auch die Parlamentswahlen gewinnen und dann die Sparpolitik sofort stoppen, denn die habe Millionen Griechen in die Armut gestürzt. Tsipras fordert einen Schuldenschnitt für Griechenland und gleichzeitig ein Programm zum Wiederaufbau der Wirtschaft in ganz Südeuropa. Auf ihrer Siegesfeier in der vergangenen Nacht hatten die Syriza-Anhänger schon vorgezogene Neuwahlen fürs Parlament im Kopf: „Wir werden das Vertrauen der Menschen gewinnen. Denn es muss sich doch endlich etwas ändern in diesem Land. Nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Köpfen der Menschen."
    Einen knappen Kilometer von der Syriza-Feier entfernt, nämlich auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament in Athen, hatten sich Anhänger der konservativen Nea Demokratia getroffen. Dort war die Stimmung etwas gedrückt: „Viele Menschen hier in Griechenland hatten wohl Wut im Bauch bei dieser Wahl, weil ja auf Griechenland so viel Druck lastet. Aber trotzdem: für die Regierung unseres Landes ändert sich nichts."
    Ministerpräsident Antonis Samaras stellte denn auch in der Nacht klar, er sehe keinen Grund für Neuwahlen. Er werde das Land jetzt mit noch schnelleren Schritten aus der Krise führen und einige Ungerechtigkeiten korrigieren, so Samaras.
    Steht eine Regierungsumbildung an?
    Möglich, dass er in den nächsten Tagen seine Regierung umbildet. Schließlich zählt sein Koalitionspartner, die PASOK, zu den Verlierern der Wahl. Die PASOK war zusammen mit anderen Sozialdemokraten als Wahlbündnis mit dem Namen „Olive" angetreten, hat aber nur acht Prozent der Stimmen geholt. Sie landete damit noch hinter den Rechtsextremen der „Goldenen Morgenröte". Die kamen nach dem bisherigen Stand der Auszählung auf 9,5 Prozent.
    Die Europawahl hat gezeigt, dass die Parteienlandschaft in Griechenland sehr zersplittert ist und dass vor Parteien am rechten und linken Rand zulegen konnten.