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Eurotunnel
Mehr Zäune und Hunde gegen Flüchtlinge

Seit Wochen versuchen nahe Calais immer wieder Flüchtlinge über den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen. Der britische Premier David Cameron spricht von einer "inakzeptablen Lage" und bringt neue Sicherheitsmaßnahmen auf den Weg.

31.07.2015
    Flüchtlinge sitzen am Eurotunnel in Calais. Der Weg wird von Polizisten blockiert.
    Flüchtlinge sitzen am Eurotunnel in Calais. Der Weg wird von Polizisten blockiert. (AFP / Philippe Huguen)
    Cameron kündigte an, dass Spürhunde und zusätzliche Zäune nach Nordfrankreich gebracht werden sollen. "Menschen versuchen illegal in unser Land zu kommen, und hier gibt es Behinderungen für Fernfahrer und Urlauber. Wir werden mehr Zäune, mehr Mittel, mehr Spürhunde-Staffeln schicken." Die Flüchtlingskrise werde "den gesamten Sommer über ein schwieriges Thema" bleiben.
    Das Verteidigungsministerium stelle zudem Gelände in Südengland zur Verfügung, um den Rückstau vor dem Tunneleingang aufzulösen. Das sagte Cameron nach einer Dringlichkeitssitzung von Ministern und Sicherheitsvertretern. Er wolle mit dem französischen Präsidenten François Hollande über die inakzeptable Lage sprechen.
    Weniger "Störungen"
    In der Nacht hatten erneut Hunderte Migranten in Calais versucht, durch den Eurotunnel illegal nach Großbritannien einzureisen. Die Betreiber der Anlage registrierten allerdings, wie sie sagten, deutlich weniger "Störungen", seit die Polizei mit 120 weiteren Beamten verstärkt wurde. Ein Polizist erklärte, es sei weiterhin schwierig, die Lage in den Griff zu bekommen. Der Migrationsdruck bleibe bestehen. Die Flüchtlinge wollen durch den Tunnel nach Großbritannien. Sie versprechen sich dort bessere Aussichten auf Arbeit und Asyl, zudem sprechen viele von ihnen Englisch.
    Zahl der Asylbewerber steigt
    Viele Flüchtlinge suchen auch in Deutschland Schutz. Im Juli sind so viele Asylbewerber ins Land gekommen wie noch nie zuvor in einem Monat. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nennt eine Zahl von 79.000. Dessen Präsident Manfred Schmidt sagte, dies sei ein Allzeithoch seit der Umstellung der Zählweise 1993. Zurzeit kämen sehr viele Asylbewerber aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Im April hatten rund 27.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt, im Mai waren es knapp 26.000.
    Die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen vor allem aus der Balkanregionen hält unterdessen an. SPD-Bundesvize Ralf Stegner sprach sich gegen eine schlichte Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer aus. "Ich glaube, dass diese formalen Dinge nichts nützen", sagte Stegner der Nachrichtenagentur dpa. "Das Problem steigender Flüchtlingszahlen kann man nicht so eben mit einem Federstrich regeln."
    Flüchtlinge aus Albanien in der zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Alfred-Fischer-Halle in Hamm
    Flüchtlinge aus Albanien in der zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Alfred-Fischer-Halle in Hamm (picture alliance/dpa/Ina Fassbender)
    Damit widersprach Stegner dem stellvertretenden Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel. Der hatte in Aussicht gestellt, dass die SPD der Forderung nach einer Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer zustimmt, wenn die Union im Gegenzug ihren Widerstand gegen ein Einwanderungsgesetz aufgibt. Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern können nach einem verkürzten Verfahren schneller abgeschoben werden.
    Unterschiedliche Ansichten gibt es auch bei den Grünen. Innenexperte Volker Beck sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Herkunftsländer können nicht nach politischer Lust und Laune für sicher erklärt werden." Im Westbalkan gebe es noch Verfolgung. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter. Die beiden Politiker stellen sich damit gegen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten und Parteikollegen Winfried Kretschmann. Dieser hatte sich zuvor bereiterklärt, über die Einstufung weiterer Länder des Westbalkans als sichere Drittstaaten zu verhandeln.
    (hba/bor)