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Eurovision Song Contest in Kiew
Kein bisschen Frieden

Der ukrainische Geheimdienst SBU hat die Einreise der populären russischen ESC-Teilnehmerin Julia Samoilowa verboten. Die Sängerin im Rollstuhl war 2015 auf der Krim aufgetreten - aus Kiewer Sicht illegal, seit Russland die Halbinsel 2014 annektiert hatte. Der Gesangswettbewerb wird zum politischen Schlachtfeld.

Von Florian Kellermann | 23.03.2017
    Moralische Empörung in Russland: Sängerin Julia Samoilowa darf nicht am zum ESC-Finale nach Kiew einreisen.
    Moralische Empörung in Russland: Sängerin Julia Samoilowa darf nicht am zum ESC-Finale nach Kiew einreisen. (imago/ITAR-TASS)
    Die Ukraine bleibt hart: Drei Jahre lang darf die russische Sängerin Julia Samoilowa nicht in die Ukraine einreisen. Diese Entscheidung teilte der Leiter des Geheimdienst SBU mit, Wasil Hrymzak:

    "Die Sache ist eindeutig: Das Gesetz ist für alle gleich. An diesen Grundsatz müssen wir uns halten, wenn wir uns zu einem westlichen Staat entwickeln wollen."

    Damit kann die 27-Jährige nicht am Finale des Eurovision Song Contests teilnehmen.
    Die Ukraine steht nun als herzlos da
    Die Ukraine hatte es als Provokation empfunden, dass Russland Julia Samoilowa ins Rennen schicken will, die zuvor auf der Krim aufgetreten war. Aus ukrainischer Sicht ist es illegal, von Russland aus auf die Halbinsel Krim zu reisen. Zudem hatte Samoilowa ihren Auftritt dort im Internet dokumentiert.
    Auch die Tatsache, dass Samoilowa an den Rollstuhl gefesselt ist, ist aus ukrainischer Sicht Teil der Provokation. So stehe die Ukraine nun als herzlos dar. Artur Herasimow, Abgeordneter der Partei von Präsident Petro Poroschenko:

    "Die Eurovision ist ein Wettbewerb, der die Nationen vereinen sollte: Und sogar diesen Anlass nutzt Russland für Provokationen."
    Mit dem Einreise-Verbot in die Moskauer Falle getreten
    Allerdings gibt es auch viele andere Stimmen in der Ukraine. Mit dem Einreise-Verbot sei die Ukraine in die Falle getreten, die ihr Moskau gestellt habe, meint die Sängerin Oksana Bilozir:

    "Ich finde, Julia Samoilowa hätte nach Kiew kommen sollen. Das ist ein internationaler Wettbewerb, kein ukrainischer. Außerdem sind wir doch ein zivilisierter Staat, der sich nicht auf das Niveau von Provokationen herablassen sollte."

    In Russland indes wird Julia Samoilowa als neuer Star gefeiert. Ihre Kollegen verteidigten ihre Teilnahme am Wettbewerb, so die Sängerin Angelika Agurbasch:

    "Sie ist ein tolles Mädchen, sie hat so viel Energie. Sie so offen und warmherzig. Außerdem singt sie sehr gut, deshalb sollte man hier keine politischen Gründe hinter der Entscheidung suchen."

    Auch Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow erklärte, dass von einer Provokation nicht die Rede sein könne.
    Russlands Inszenierung der 27-jährigen Rollstuhlfahrerin
    Das erste Programm des staatlichen russischen Fernsehens strahlte vor wenigen Tagen eine große Show über die Sängerin aus. Ihr Lied "Flame is burning" wurde zum wiederholten Mal gespielt, und der Moderator betonte, wie wichtig ihr Auftritt in Kiew für alle Gehbehinderten sei.

    Auch Rollstuhlfahrer könnten also ihren Traum erfüllen, sagte er. Den Traum von Julia Samoilowa jedoch habe nun der ukrainische Geheimdienst SBU zerstört, titeln bereits schon russische Internet-Portale. Die Ukraine sei ein unmenschliches Land geworden, kommentierte die russische Sängerin Natalia Karaljowa

    Unklar ist, ob Russland nun einen anderen Interpreten aussuchen - oder auf die Teilnahme am Wettbewerb verzichten wird.