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Evangelikale und Israel
Die Endzeit fest im Blick

Zac Waller, Evangelikaler aus den USA, verbringt die Weihnachtstage in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland. Er ist überzeugt: Hier liegt das verheißene Land. Auch die Juden werden eines Tages Jesus als Messias anerkennen. Donald Trump erscheint ihm als Erfüllungsgehilfe biblischer Prophezeiung.

Von Benjamin Hammer | 20.12.2018
    Mit Holzfällerhemd und Gitarre - der Evangelikale Christ Zac Waller im Westjordanland
    Für ihn zählt die Bibel mehr als das Völkerrecht - der Evangelikale Christ Zac Waller im Westjordanland (Benjamin Hammer)
    Weihnachten wird Zac Waller in Har Bracha verbringen. Einer jüdischen Siedlung im von Israel besetzten Westjordanland. Waller trägt einen langen Bart und ein Holzfällerhemd. Er sitzt mit seiner Gitarre im Arm in einer Hütte vor der Siedlung. Hinter ihm verläuft der Zaun von Har Bracha. Etwa einen Kilometer entfernt sind die Ausläufer der palästinensischen Großstadt Nablus zu sehen.
    Zac Waller singt von Prophezeiungen, die sich über den Bergen von Israel ausbreiten würden. Der Mann ist Anfang 30. Er stammt ursprünglich aus den Südstaaten der USA und er ist evangelikaler Christ. Seit 14 Jahren lebt er mit seiner Familie in Har Bracha. Inmitten von jüdischen Siedlern. Denen wollen die Wallers und andere Freiwillige in der Landwirtschaft helfen und somit den Willen Gottes erfüllen. Dass er damit Teil der israelischen Besatzung des Westjordanlandes ist, lässt der US-Amerikaner Waller nicht gelten. Für ihn zählt die Bibel mehr als das Völkerrecht. Und für ihn ist das hier das Land der Juden.
    Jesus kehrt auf die Erde zurück
    "Der Berg dahinten, das ist Elon Moreh. In der Bibel steht, wie Abraham seine Heimat verließ. Er kam in dieses Land, das Gott ihm zeigte. Er stieg auf den Berg, und Gott sagte: Das ist das Land, das ich dir und deinen Nachfahren gebe. Für immer. Manche Leute nennen diese Gegend Westjordanland. In der Bibel heißt sie Judäa und Samaria. Das hier ist das Herzstück von Israel", sagt Zac Waller.
    Für Zac Waller ist all das Teil der Prophezeiung. Er glaubt, dass Jesus Christus eines Tages auf die Erde zurückkehren wird. Dann soll es zur Endzeit kommen. Alle Christen, ob tot oder lebendig, sollen dann mit Christus in den Himmel aufsteigen. Auch die Juden, glaubt Waller, werden Christus dann als ihren Messias anerkennen.
    "Das ist das Land, das ich dir und deinen Nachfahren gebe." Ein Berg Nähe der israelisch besetzten Siedlung Har Bracha.
    "Das ist das Land, das ich dir und deinen Nachfahren gebe." Ein Berg Nähe der israelisch besetzten Siedlung Har Bracha. (Benjamin Hammer)
    Laut Umfragen teilt eine Mehrheit der etwa 100 Millionen* evangelikalen Christen in den USA diese Interpretation der Bibel. Viele erklären sich solidarisch mit Israel und seiner rechtsnationalen Regierung. Und viele haben bei den Präsidentschaftswahlen für Donald Trump gestimmt. Für den Mann also, der vor einem Jahr Jerusalem als Hauptstadt von Israel anerkannte. Eine Stadt, die auch die Palästinenser in Teilen beanspruchen. Für Zac Waller ist klar: Ein pro-israelischer US-Präsident komme gut an bei vielen Evangelikalen.
    "Ja, ich glaube, dass wir das Handeln der US-Regierung beeinflussen. Trump wurde ja gewählt, weil viele Evangelikale gesagt haben: Wir müssen was tun. Wenn er sich jetzt mit den Evangelikalen nicht gutstellt, dann wird er nicht wiedergewählt."
    Kontaktmann Mike Pence
    Ein Mann soll die engen Kontakte zwischen den Evangelikalen und dem Weißen Haus aufrechterhalten: Mike Pence, der Vizepräsident der USA. Der nannte sich in der Vergangenheit einen "evangelikalen Katholiken". Vor einem Jahr besuchte Pence Israel und sprach in der Knesset, dem israelischen Parlament. Israelische Journalisten schrieben später, das sei keine Rede gewesen, sondern eine Predigt.
    "Nur ein paar Schritte von hier, in der Altstadt von Jerusalem, sehen wir, wie die Anhänger von drei Weltreligionen im permanenten Kontakt sind. Und so stehe ich heute hier, in dem Land, das Abraham versprochen wurde. Ich glaube, dass alle, die nach Freiheit und einer besseren Zukunft streben, ihre Augen auf diesen Ort richten sollten. Sie sollten bestaunen, was sie sehen."
    Laut Medienberichten wird die US-Regierung in den kommenden Wochen endlich ihren Friedensplan für den Nahen Osten vorlegen. Doch die Palästinenser haben den Kontakt zum Weißen Haus längst abgebrochen, weil die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Zac Waller, der evangelikale Christ aus den USA, der in einer jüdischen Siedlung lebt, sagt: Es dürfe keinen eigenen palästinensischen Staat geben. Das gesamte Westjordanland gehöre zu Israel. Bei den religiösen jüdischen Siedlern von Har Bracha kommt das gut an.
    "Die Leute, die hier leben, meinen es gut", sagt Zac Waller. "Sie bauen Wein an. Ihre Motivation ist die Bibel. Genauso ist es bei uns. Also können wir hier zusammenarbeiten. Und hoffentlich bringen wir Frieden – für die Region und für die Welt."
    Manche der jüdischen Siedler im Umkreis von Har Bracha gelten als radikal. Dass die für Frieden sorgen, bestreiten die Palästinenser freilich. Unter den Palästinensern gibt es auch Christen - vor allem der griechisch-orthodoxen und katholischen Kirche. Aber mit denen hat sich Zac Waller - der evangelikale Christ aus den USA - nie getroffen.
    * im Beitrag ist fälschlicherweise von 100.000 die Rede (Anm.d.Red.)