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Eventzirkus oder Tempel der Hochkultur?

In Hamburg gilt es wohl bald, ein attraktives Programm für einen kulturellen Riesentanker auf die Beine zu stellen. Die Bürgerschaft will zwar erst im Herbst über den Bau der Elbphilharmonie abstimmen, einen Generalintendanten hat sie schon: Christoph Lieben-Seutter, seit Ende der 80er Jahre im Konzertbetrieb in Wien und Zürich tätig, soll ab 2007 für die Hamburger musikalische Kultur wirken. Er muss in der Elbphilharmonie regelmäßig 3000 Plätze füllen und er wollte heute schon mal Aufbruchstimmung verbreiten bei seiner Vorstellung durch Kultursenatorin Karin von Welck.

Von Werner Nording | 07.06.2006
    Erst im Herbst will die Bürgerschaft über den Bau der spektakulären Elbphilharmonie im Hamburger Hafen entscheiden, doch die Zustimmung gilt im Parlament als sicher. Schon heute präsentierten der Bürgermeister und seine Kultursenatorin den frisch berufenen Generalintendanten der Konzerthalle Christoph Lieben-Seutter, der Aufbruchstimmung in der Stadt verbreiten soll. . Der Musikmanager hatte 1996 als bislang jüngster Generalsekretär die künstlerische und kaufmännische Leitung der Wiener Konzerthausgesellschaft übernommen. Im September 2007 wird der 42-Jährige hauptamtlich seine Aufgabe in Hamburg antreten. Er ist der Wunschkandidat von Kultursenatorin Karin von Welck. Auch eine Internationale Findungskommission, der unter anderem der ehemalige Geschäftsführer der Los Angeles Philharmonics, Ernest Fleischmann, angehörten, der Vize-Verwaltungsratschef der New Yorker Carnegie Hall, Klaus Jacobs, und der Direktor des Amsterdamer Het Concertgebouw, Martijn Sanders, hätte Lieben-Seutter favorisiert, sagte die Senatorin.

    " Also wir wollten eine Kandidaten haben, der über mehrere Jahre hinweg Erfolge bei der Realisierung von international anerkannten Musikprogrammen hatte, das setzt natürlich voraus, dass der Kandidat ein profundes wissen hat und ein eigenes Urteil in Musikfragen aber vor allen Dingen auch über ein großes Netzwerk verfügt, mit dem er die Musikszene begleiten und einschätzen kann. "

    und Hamburg vielleicht zu einer Musikmetropole machen kann. Denn das ist die Erwatung, die auf dem neuen Mann lastet. 200 Millionen Euro an öffentlichen und privaten Geldern sollen in den Bau der Elbphilharmonie fließen, damit die Hansestadt eines der zehn besten Konzerthäuser der Welt bekommt. Lieben-Seutter weiß worauf er sich einlässt, doch die riesige Erwartungshaltung schreckt ihn nicht.

    " Das gibt Energie, der Erwartungshaltung möchte man entsprechen, es ist bestellt eines der zehn besten Konzerthäuser der Welt und wir werden alles daran setzen, dass es das auch sein wird. "

    In Hamburg hat Lieben-Seutter den Eindruck vermittelt, dass er der hohen Erwartungshaltung gerecht werden kann. In Österreich mache er einen guten Job, sagen Beobachter, die fünf Säle des Wiener Konzerthauses mit mehr als 3300 Plätzen seien zu 90 Prozent ausgelastet. Sein spektakulärster Coup sei es gewesen, erstmals die Berliner und Wiener Philharmoniker gemeinsam auftreten zu lassen. Unter seiner Intendanz führte das Wiener Haus unter einem Dach Neue Musik, Jazz, Weltmusik und Pop genauso zusammen, wie Kammermusik und große Sinfonik. Damit gelang es dem Wiener Konzerthaus auch ein junges Publikum zu Uraufführungen zu locken. Ein ähnliches Konzept will der Kulturmanager auch in Hamburg umsetzen

    " Die klassische Musik ist nicht nur Orchesterkonzert, wir haben Massen an Kammermusik. Liederabendreihen, alte Musik, neue Musik, Klavier-Recitals, eben Kinderprogramme. Jazz, Volksmusik, you name it, was immer das Repertoire hergibt, sollte vertreten sein, ist nicht alles gleich gut hier vorhanden vor Ort, momentan. "

    Um die Defizite im Hamburger Musikleben auszugleichen, steht dem neuen Mann für Eigenproduktionen lediglich ein Etat von 3,6 Millionen Euro jährlich an städtischen Zuschüssen zur Verfügung. Den Rest muss er über Sponsoren oder eine optimale Auslastung der Konzertsäle erwirtschaften. Als seine größte Herausforderung bezeichnete es Lieben-Seutter heute, neue Besucher für die Hamburger Konzerthäuser zu finden. Neben der Elbphilharmonie mit seinen 2000 Plätzen ist er auch für die Laeiszhalle verantwortlich, die noch einmal so viele Plätze hat. Um die Besucher in die Konzerthäuser zu locken, könne er sich auch Auftritte von Freddy Quinn oder Vicky Leandros vorstellen. Seine Devise sei, es dürfe keiner enttäuscht aus dem haus gehen. Seine Musik-GmbH sei nicht nur für die Schönen und Reichen gedacht, stellte er heute mutig klar. Er werde auch dorthin gehen, wo Musik derzeit noch nicht zu Hause ist, versprach er für seine Generalintendanz in der Hansestadt.

    " Die Vision ist, dass die Musik-GmbH, die wir gründen werden, ein vielfältiges Angebot hat, nicht nur vom Repertoire her, sondern auch an großer Vielfalt von Publikumsschichten und in Ergänzung mit allen lokalen Veranstaltern ein Musikprogramm anbieten, wie man es vielleicht noch in London, Wien, Berlin finden kann, wie es bislang noch nicht ganz so ist, so soll es in zehn Jahren hier sein. "