Donnerstag, 18. April 2024

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Vor 450 Jahren
Als Englands Königin Elisabeth I. exkommuniziert wurde

Dienerin des Bösen, Ketzerin, der Irrlehre verfallen: Vor 450 Jahren erklärte Papst Pius V. mit dieser Begründung Englands Monarchin Elisabeth I. für abgesetzt und stieß sie aus der katholischen Kirche aus. Der Bannspruch konnte als Aufruf verstanden werden, die Königin zu beseitigen.

Von Winfried Dolderer | 25.02.2020
    Portrait Elisabeths mit Zepter und Reichsapfel im Krönungsornat
    Königin Elisabeth I. regierte als erste protestantische Königin England im 16. Jahrhundert. (picture alliance/Active Museu/MAXPPP/dpa)
    Zurückhaltung in der Wortwahl erlegte der Heilige Vater sich nicht auf.
    "Elisabeth, angebliche Königin Englands und Dienerin des Bösen, hat sich den Irrtümern der Ketzer in die Arme geworfen. Sie hat ihren Kronrat mit häretischen Finsterlingen besetzt, die Anhänger des katholischen Glaubens unterdrückt und falsche Prediger ernannt."
    So begründete am 25. Februar 1570 Papst Pius V. seinen Entschluss, Elisabeth I. aus der katholischen Kirche zu verstoßen. Mehr noch: Mit der Bulle "Regnans in excelsis" erklärte der Papst sie für abgesetzt, entband ihre Untertanen von jeglicher Treuepflicht und bedrohte jene, die ihr dennoch weiterhin Gefolgschaft leistete, ebenfalls mit dem Kirchenbann. Dies barg politischen Sprengstoff, meint der Historiker und Englandexperte Ronald Asch:
    "Es ist eine Legitimation für jede Form von Gewaltaktion gegen die Königin, bis hin natürlich zum Attentat. Und es hat dann in der folgenden Zeit auch immer wieder Versuche gegeben, sie umzubringen. Es gab durchaus so etwas wie einen religiösen Terrorismus. Wir sollten nicht vergessen: Etwas später, Ende des Jahrhunderts, 1589, wird ein französischer König von einem katholischen Attentäter ja wirklich umgebracht. Und dieser König Heinrich III. war vorher auch quasi exkommuniziert worden."
    Die Befriedung ihres Reiches im Sinn
    Dabei hatte Elisabeth bei ihrer Thronbesteigung 1558 vor allem die Befriedung ihres Reiches im Sinn gehabt. Seit der Zeit ihres Vaters Heinrich VIII. und unter ihren beiden Vorgängern, dem überzeugten Protestanten Eduard VI. und der ebenso überzeugten Katholikin Maria Tudor, hatte England reichlich konfessionelle Konfusion erlebt.
    Die Pragmatikerin Elisabeth war an politischer Stabilität interessiert, was sie protestantische Eiferer ebenso verabscheuen ließ wie katholische. Sie konnte gut damit leben, wenn Katholiken privat ihren Glauben praktizierten, solange sie sich ihr als dem Oberhaupt der protestantischen Staatskirche nicht offen widersetzten. Im Übrigen fand sie:
    "Es gibt nur einen Jesus, nur einen Glauben. Alles andere ist ein Disput über Trivialitäten."
    Hinrichtung Reformierter in England 1553, zeitgenössische Radierung
    Unter Maria Tudor wurden Protestanten und Protestantinnen verfolgt und hingerichtet, um das Land nach der Abspaltung von Rom wieder zu katholisieren. (picture-alliance / akg-images)
    Ihr Gegenspieler in Rom war aus gänzlich anderem Holz geschnitzt.
    "Papst Pius V. ist ein Scharfmacher. Er war vorher Inquisitor gewesen, sehr asketische Figur, aber Toleranz jeder Art hat er radikal abgelehnt", so Ronald Asch.
    Als Bischof war Pius V. für ein Massaker an 2.000 Protestanten verantwortlich gewesen. Als Papst war ihm die europaweite Ausrottung der Reformation ein Anliegen, nicht zuletzt auf den britischen Inseln. Mit Geld und Waffen unterstützte er den Widerstand der katholischen Iren gegen die englische Herrschaft. Er zählte zu den Antreibern einer bewaffneten Rebellion katholischer Aristokraten im Norden Englands im Herbst 1569 sowie einer weiteren Verschwörung gegen Elisabeth im Jahr darauf, in der der Italiener Roberto Ridolfi als päpstlicher Agent eine zentrale Rolle spielte. Ronald Asch:
    "Er stand jedenfalls mit der Kurie in Verbindung. Ein Florentiner Kaufmann und Bankier, der weit gespannte Netzwerke unterhielt, um Elisabeth zu stürzen, gegebenenfalls zu ermorden. Das Gefühl in England, hier gibt es überall katholische Verschwörer, war nicht unbedingt völlig unbegründet."
    Streit um den Thronanspruch
    Die Schlüsselfigur in all diesen Umsturzbestrebungen war die romtreue schottische Königin Maria Stuart. Ihre Anhänger, nicht zuletzt der Papst, sahen in ihr die legitime Erbin auch des englischen Throns. Seit der Flucht aus ihrer Heimat im Mai 1568 befand sie sich in Elisabeths Gewahrsam, was für diese die Sache nicht einfacher machte. Fast zwei Jahrzehnte lang widersetzte sie sich den Empfehlungen ihrer Berater, die Rivalin zu beseitigen, während deren Anhänger in großer Zahl auf dem Schafott endeten. Elisabeths Geheimdienstchef Francis Walsingham leistete ganze Arbeit. Ronald Asch:
    "Die Methoden sind da natürlich nicht zimperlich. Im englischen Prozessrecht gibt es eigentlich keine Folter. Aber bei Hochverrätern oder Leuten, die unter dem Verdacht standen, Hochverräter zu sein, und das galt eben speziell für Katholiken, wurde durchaus gefoltert. Die Brutalität, mit der gegen Katholiken vorgegangen wurde, namentlich gegen Geistliche, ist schon extrem."