Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Expertenrat zum Grünem Star
Regelmäßige Kontrolle des Augendrucks am wichtigsten

Eine Operation kann Druckspitzen des Augeninnendrucks bei Patienten mit Grünen Star besser senken als eine medikamentöse Behandlung. Aber eine OP ist nicht in jeden Fall nötig. Wichtiger sei eine regelmäßige Untersuchung des Augendrucks, so der Augenmediziner Frank Holz im Dlf.

Frank Holz im Gespräch mit Christian Floto | 17.12.2019
Eine Frau bei einer augenärztlichen Glaukom-Untersuchung mit einer Spaltlampe.
Regelmäßige Überprüfungen des Augeninnendrucks lassen erkennen, ob eine Operation nötig ist, um den Druck dauerhaft zu senken. (picture alliance/ dpa-Zentralbild/ Matthias Tödt)
Christian Floto: Der Augeninnendruck verändert sich im Laufe des Tages. Er ist Schwankungen unterworfen. Spanische Mediziner haben jetzt bei Patienten mit Grünem Star, also einem Glaukom, untersucht, wie sich die Werte im Verlauf des Tages verändern.
Sie verglichen Patienten, die sich einer Glaukom-Operation unterzogen hatten mit Patienten, die Medikamente zur Drucksenkung einnahmen. Das Ergebnis: Nach einer Operation ist der Augeninnendruck insgesamt niedriger. Und auch die Druckschwankungen – insbesondere in der Nacht – fielen nicht so stark aus.
Möglich wurde die Studie durch die Entwicklung von speziellen Kontaktlinsen, die kontinuierlich den Augeninnendruck messen.
Prof. Frank Holz ist Direktor der Augenklinik im Universitätsklinikum Bonn.
In der Studie zeigte sich, dass der Augen-Innendruck doch erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Insbesondere in der Nacht kann es zu Druckspitzen kommen. Hat Sie der Befund überrascht?
Frank Holz: Nein, das ist keine Überraschung. Der Augendruck unterliegt immer großen Schwankungen, typischerweise ist er nachts, wenn man liegt, tendenziell höher als tagsüber.
Floto: Stellen die Druckspitzen in der Nacht ein besonderes, klinisch relevantes Problem dar?
Holz: Es gibt Assoziationen des allgemeinen Blutdrucks mit dem Augeninnendruck, die sind allerdings gering, aber nicht gut für die Durchblutung des Sehnervs, der vom grünen Star angegriffen wird. Daher ist es das Ziel einer internistischen Betreuung, dass man den Blutdruck nicht zu sehr absenkt.
Zu hohe Augeninnendruckwerte müssen gesenkt werden
Der Augeninnendruck ist ein wesentlicher Risikofaktor für das Glaukom, für den Grünen Star, zu hohe Augeninnendruckwerte müssen gesenkt werden, entweder medikamentös oder chirurgisch.
Floto: Was bedeutet der Studien-Befund für Patienten, die Medikamente nehmen, um den Augeninnendruck zu senken?
Holz: Hauptziel ist es, dass man Druckspitzen vermeidet, weil diese besonders schädlich für den Sehnerv sind und für einen Verlust vom Gesichtsfeld sorgen. Tropfen wirken sehr gut, allerdings ist das selbst Verabreichen sehr mühsam und lästig, wird auch gerne mal vergessen. Man erreicht tendenziell mit den chirurgischen Verfahren tiefere Augeninnendruck-Senkungen. Diese Studie der spanischen Arbeitsgruppe weist darauf hin, dass üblicherweise die Glaukom-Operation auch mittel- und langfristig wirksamer sein kann.
Bei einer solchen Glaukom-Operation mit Laserverfahren oder chirurgischen Verfahren geht es darum, dass entweder die Struktur, die das Augenwasser bildet, so beeinflusst wird, das weniger gebildet wird, oder – das ist der häufigere Ansatz – das Augenwasser nach außen geleitet wird. Dafür gibt es Plantate. Oder man schafft eine Öffnung, durch die das Augenwasser unter die Bindehaut abfließen kann. Als Folge dieser Verfahren sinkt dann der Augeninnendruck.
Welche Bedeutung hat diese Studie?
Floto: Reicht diese Operation im Regelfall aus, sodass man ohne Medikamente auskommt?
Holz: Das ist das Ziel dieser Operationen. Das gelingt nicht immer, aber wenn alles gut funktioniert, kommt man ohne Tropfen aus.
Floto: Welche Bedeutung hat diese Studie für die Praxis? Sollte man sich früher zu einer Operation entscheiden?
Holz: Eine der Botschaften aus dieser Studie ist, das regelmäßige Untersuchungen wichtig sind, um zu sehen, wie die Güte der Einstellung ist. Das lässt sich bemessen durch Bildgebungsverfahren, durch Gesichtsfelduntersuchungen. Damit sieht man, ob die Augendruckkontrolle ausreichend ist oder eben weiterführende Maßnahmen wie die chirurgischen erforderlich sind.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.