Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Explodierende Kosten, gesprengte Zeitpläne

Die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden ähnelt dem Desaster beim Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg. Dreimal wurde die Eröffnung der Oper verschoben. Der zentrale Projektleiter wurde gerade wegen Meinungsverschiedenheiten entlassen. Und die Kosten steigen um 20 Prozent.

Von Frank Hessenland | 08.02.2013
    Die Vorgänge um die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden ähneln dem Desaster beim Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg. Was bei der Staatsoper schief läuft? Dreimal wurde die Eröffnung verschoben, von 2013, auf 2014, auf nun – voraussichtlich - 2015. Manche sprechen schon von 2017. Der zentrale Projektsteuerer wurde gerade wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Verwaltung entlassen, allerdings ohne die Pläne mitzunehmen. Die Kosten steigen insgesamt um 20 Prozent auf 288 Millionen. Der Berliner Anteil verdoppelt sich dabei von 42 auf 88 Millionen Euro. Manche sprechen von Risiken über 150 Millionen Euro Haftbar ist der Steuerzahler. Schuld, die unvorhersehbaren Umstände, sagt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher:

    "Es sind eindeutig unvorhergesehene Ereignisse. Als wir dieses Bauvorhaben begonnen haben und auch einen ehrgeizigen Zeitplan hatten, wussten wir dass der ehrgeizig ist. Da muss man einfach mit Unvorhergesehenem rechnen und weil es unvorhergesehen ist, plant man das natürlich nicht alles von vornherein ein. Man kann es ja nicht, weil es unvorhergesehen ist."

    Ein Blick in die Details offenbart jedoch, dass nicht die Unvorhersehbarkeit der Umstände, sondern das Wegsehen der Planer und Verwalter zum Desaster führten. Beispiel Bühnenturm. Um die Akustik zu verbessern soll der Bühnenturm um vier Meter angehoben werden. Dazu wird das Dach entfernt. Mitten im Bau wird entdeckt, dass dadurch die tragenden Wände instabil werden. Grund dafür ist, dass das Gebäude und seine Stahlträger im zweiten Weltkrieg zweimal nach Bombentreffern ausgeglüht sind. Noch im Jahr 2001 hat der Gutachter Spangenberg darauf hingewiesen. Unvorhersehbar? Das nächste Beispiel "Tunnelbau" erläutert der Andreas Otto, Baupolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus:

    "Dieser Tunnel ist etwa 100 Meter lang und dieses Unterfangen kostet uns viele Millionen. Die Idee dieses Tunnels, die die Staatsoper und der Senat verfolgt besteht darin, dass man Kulissenteile von der Hauptbühne der Staatsoper und dem Probenzentrum, was neu errichtet wird, transportieren will. Früher hat man die Kulissen auf Wagen die Straße lang geschoben."

    Der Vorteil, dass man Kulissen unterirdisch schieben kann, kostet 23 Millionen Euro. 16 Millionen davon sind seit 2010 schon verbaut, unter anderem weil der Untergrund nass und rutschend ist und erst vereist werden musste, bevor er aufgehackt werden konnte. Der Tunnel ist 17 Meter tief. Während des Baus wurde allerdings die Nutzung des Tunnels weitgehend obsolet. Denn das Magazin zu dem er führen sollte, soll seit November 2011 Probenzentrum und Musikakademie werden, sagt Christoph Lauer, der kulturpolitische Sprecher der Piraten im Abgeordnetenhaus:

    "Dieser Tunnel wurde mal geplant in einer Situation, wo die Staatsoper ein Magazin hatte, indem über 40 Kulissen gelagert werden. Jetzt ist es aber so, dass in diesem Gebäude die Musikschule von Herrn Barenboim untergebracht werden soll, wodurch sich der Raum, den die Kulissen dort einnehmen können auf drei verringert. Der Rest wird dann von Außenlagern mit Lastwagen antransportiert werden und das ist ja genau das, warum man ursprünglich diesen Tunnel bauen wollte, da man da so viel Verkehr hat."

    Die Betriebskosten der Oper steigen im Übrigen um eine Millionen Euro pro Jahr. Ein Großteil kostet die Heizung des Tunnels. Bleibt noch zu sagen, dass Firmen Gewinnentschädigung bekommen, deren Einsatz sich verzögerte. Wegen des Baurückstandes muss aber auch unter Extrakosten sonntags gearbeitet werden. Die Mehrkosten betragen: 11,8 Mio. Und die parlamentarische Kontrolle? Die oppositionelle Linke fragte auf der Sitzung des Hauptausschusses am 30. Januar an, wie teuer es noch werden kann und spekulierte auf 350 Mio. Daraufhin forderte Karlheinz Nolte, SPD, Vorsitzender des Finanzausschusses, Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auf gerade k e i n e Zahlen zu nennen. Gemäß dem Wortprotokoll sagte er:

    "'Das könnte soundsoviel kosten und dann und dann fertig werden', das wollen wir nicht hören. Spekulationen bringen uns nichts. das brauchen wir jetzt nicht zu wissen" (S.34 Wortprotokoll)