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Exportschlager duale Berufsausbildung?

Die Euro-Finanzkrise sorgt in vielen Ländern für hohe Arbeitslosenzahlen, vor allem bei Jugendlichen. Deutschland steht vergleichsweise gut da. Nach Ansicht vieler Politiker liegt der Grund dafür in der dualen Berufsausbildung. Wird das deutsche Modell zum Exportschlager? Ein Gespräch mit dem Unternehmensberater Hans Gäng.

Hans Gäng im Gespräch mit Manfred Götzke | 19.02.2013
    Manfred Götzke: Barack Obama will sie einführen, Spaniens Premier genauso wie Griechenlands Bildungsministerin: die duale Berufsausbildung deutscher Art. Seit ein paar Jahren, seit klar ist, dass Deutschland viel besser durch die Krise gekommen ist und hier weitaus weniger Jugendarbeitslosigkeit herrscht, wollen immer mehr Länder das berufliche Bildungssystem von Deutschland abkupfern – wird zumindest auf höchster politischer Ebene gern behauptet. Ob die Ausbildung tatsächlich schon ein Exportschlager ist, ist auch hier auf der didacta Thema. Hans Gäng von der Unternehmensberatung Local Global beschäftigt sich seit Jahren mit der Internationalisierung deutscher Unternehmen und hat den Ausbildungsexport mal unter die Lupe genommen. Hallo, Herr Gäng!

    Hans Gäng: Ja, hallo!

    Götzke: Herr Gäng, vor allem Spanien hat sich in den letzten Jahren immer wieder für das deutsche Ausbildungssystem interessiert, wie viele Spanier, wie viele jungen Spanier werden denn nach deutschem Vorbild ausgebildet?

    Gäng: Das kann ich Ihnen nicht genau sagen, es gibt einzelne Ansätze der dualen Berufsausbildung auch in den großen Städten in Spanien, aber in der Tat, die Jugendarbeitslosigkeit dort ist das treibende Motiv, sich mal umzuschauen, wie man die Verhältnisse ändern könnte, und da fällt eben die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ins Blickfeld, und deswegen ist die Diskussion da.

    Götzke: Es ist aber bisher nur eine Diskussion oder gibt es schon Unternehmen, die dort vor Ort sind und das deutsche Ausbildungssystem dort implementieren.

    Gäng: Also direkt das deutsche Ausbildungssystem gibt es dort nicht, es ist einfach – Spanien darf man da auch jetzt nicht in die falsche Schublade legen, das ist ein hochentwickeltes Industrieland, das hat dort eine Berufsausbildung. Dass sie nicht nach dem deutschen dualen Muster stattfindet, das kann man jetzt als Mangel beschreiben, wird auch gemacht, aber von dieser Mängelbeschreibung zu einer direkten Kopie, da ist es ein weiter Weg.

    Götzke: Gibt es denn Länder in der Welt, in denen es das duale Ausbildungssystem, also diese Verbindung von Berufsschule und Ausbildung im Unternehmen nach deutschem Vorbild gibt?

    Gäng: Nach deutschem Vorbild nicht unbedingt, aber es ist einfach eine Tradition hochindustrialisierter Länder, Qualifikationen, Berufsausbildung auszurichten am Bedarf der Unternehmen, und da gibt es eben einfach unterschiedliche Stufen in der Praxisorientierung, der Ausbildung, und da würde ich nicht sagen, dass das deutsche Vorbild da zählt, aber Deutschland ist einfach jetzt im Moment ein Modell für viele Länder bei der Suche nach Lösungen, wie gesagt, für die Arbeitsmarktprobleme.

    Götzke: Nun gibt es allerdings schon ein paar Länder, in denen Lehrlinge tatsächlich – ich sage es jetzt doch noch mal – nach deutschem Vorbild ausgebildet werden, überraschenderweise China, haben Sie mir erzählt. Woran liegt das?

    Gäng: Ja, es gibt dort eben diese Haupttriebkraft für den Ausbildungsexport, und das sind die deutschen Unternehmer selber. Die haben in China ein Wachstum vorzulegen, das unglaublich ist, und bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften – das, was man im Bildungsenglisch Capacity Building nennt, da sind die natürlich auf die Idee gekommen, jungen Leuten eine langfristige, dauerhafte, interessante Perspektive in deutschen Unternehmen zu bieten, und da fällt einem sofort die Berufsausbildung ein, eine sehr praxisorientierte Berufsausbildung.

    Götzke: Sind das denn vor allem die großen, international agierenden Konzerne oder auch Mittelständler, die global aufgestellt sind?

    Gäng: Also es ist durchaus so, dass die großen Konzerne schon lange ja Qualität made in Germany, Null-Fehler-Toleranz, in der Produktion in ihren internationalen Produktionsverbünden praktizieren müssen, und das gilt aber auch für die mittelständischen oder größeren Mittelständischen Zuliefererunternehmen, die sich da integrieren, aber in der Tat sind es die großen Unternehmen, die eben auch für die lokalen politischen Rahmenbedingungen für solche Projekte sorgen können. Ich denke, es ist einfach ein Unterschied, ob ein kleiner Mittelständler mit dem Bürgermeister von Shanghai verhandelt oder Volkswagen.

    Götzke: Die duale Ausbildung ist noch nicht wirklich ein internationaler Erfolgsschlager, sagt Hans Gäng von der Unternehmensberatung Local Global. Vielen Dank!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.