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Extraterrestrische Gemüsezucht

Falls Menschen in der Zukunft längere Zeiträume auf dem Mars oder Mond verbringen, muss ihre Ernährung sichergestellt sein. Ein Ökologe der Universität Wageningen simuliert nun, ob sich auf den kargen Böden fremder Planeten Gemüse anbauen lässt.

Von Remko Kragt | 16.04.2013
    Der Ökologe Wiegel Wamelink verteilt Sand aus zwei unscheinbaren weißen Plastikeimern auf 840 kleine Blumentöpfchen. Sie stehen in Reih und Glied in Schalen zu jeweils 20 Stück in einem Gewächshaus der Universität Wageningen. Aber der Sand kommt nicht von den holländischen Stränden, sondern aus den USA. Zweieinhalbtausend Dollar hat Wieger Wamelink für die zwei Eimer hingeblättert, dazu 800 Dollar Transportkosten und weitere 600 Euro Importsteuer obendrauf. Es handelt sich denn auch um einen recht ungewöhnlichen Sand: der eine Eimer enthält 25 Kilo Marssand, der andere ebenso viel Mondsand. Absender: die US-Raumfahrtbehörde NASA. Die hat solche Mengen natürlich nicht wirklich aus dem All geholt. Der Sand wurde anhand ihrer Analyseergebnisse nachgemischt. Wieger Wamelink braucht ihn für sein Zuchtexperiment.

    "Nun, wir wollen versuchen, verschiedene Pflanzen im Mars- und Mondsand anzupflanzen. Das einfachste wäre natürlich, dafür essbare Pflanzen zu nehmen. Aber wir brauchen auch welche, die Sauerstoff produzieren und CO2 aufnehmen. Das machen Pflanzen, die man essen kann, natürlich auch. Aber wir wollen ein kleines Ökosystem entwickeln, das sich selbst unterhält. Das ist mit Obst und Gemüse allein schwer zu erreichen."

    Der Wissenschaftler hat 14 verschiedene Pflanzen ausgesucht, von denen er jeweils fünf Samen in jedes Töpfchen legt. Es sind ganz normale Pflanzensorten wie Klee, Roggen und Möhren, oder etwa Lupinen oder Wicken, die Stickstoff binden und als Gründünger für den Aufbau einer Humusschicht wichtig werden können. Ob die Saat in dem exotischen Sandgemisch überhaupt aufgeht, ist allerdings fraglich. Der Grund ist seine Zusammensetzung.

    "Er enthält keinerlei Stickstoff, den die Pflanzen aber bräuchten. Dafür steckt viel Siliziumdioxid drin, genauso wie im Sand auf der Erde. Ansonsten enthält er auch Aluminiumdioxid, Titaniumdioxid und, vor allem auf dem Mars, Eisenoxid. Außerdem noch Phosphat, Phosphor, Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen, also alles wichtige Nährstoffe für die Pflanzen, aber eben keinen Stickstoff."

    Wenn ein Gewächshaus auf dem Mond oder einem Planeten errichtet werde, dann müsse man dafür auch Luft mitnehmen, die Stickstoff enthält, glaubt Wamelink. Wasser könne man dagegen vor Ort aus dem Boden gewinnen. Aber selbst wenn Pflanzen dort in einem künstlichen Ökosystem wachsen würden, dann bliebe immer noch die Frage, ob die extraterrestrischen Tomaten und Gurken genießbar wären. Denn die Böden enthalten auch etwa Chromoxid und andere Gifte, die in die Früchte gelangen könnten. Ungeklärt sind außerdem die Folgen der geringen Schwerkraft.

    Erst mal wässert Wieger Wamelink die Samen - natürlich nicht mit Trinkwasser, sondern mit sogenanntem Demi-Wasser. Es enthält keinerlei Mineralien und insbesondere keinen Stickstoff, so, wie es im All - wenn überhaupt - zu erwarten wäre.

    Exakt 12,5 Gramm Wasser tröpfelt Wamelink mit einer Pipette in jedes Töpfchen. Erste Frage: Nimmt der feine Sand das Wasser auf, oder sickert es gleich durch? Erleichterung am Ende: Der feine Mars- und Mondsand saugt das Wasser auf. Nun heißt es abwarten. In den ersten Wochen zehren die Samen von ihrem eigenen Nährstoffvorrat. Danach wird sich zeigen, ob sie von den "außerirdischen" Böden leben könnten. In etwa drei Monaten rechnet der holländische Ökologe mit neuen Erkenntnissen.