Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Exzellenzinitiative
"Die Kommission ist weit vorgeprescht"

Überrascht habe ihn der Tenor der ersten umfassenden Bewertung der Exzellenzinitiative nicht, sagte Stefan Hornbostel von der Humboldt-Universität Berlin im DLF. Neu und unerwartet sei allerdings der Vorschlag, Universitäten künftig nicht mehr über einen Wettbewerb zu küren.

Stefan Hornbostel im Gespräch mit Sandra Pfister | 29.01.2016
    Sandra Pfister: Wir haben gerade gehört, wie die erste umfassende Beurteilung der Exzellenzinitiative ausfällt. Darüber wollen wir jetzt reden mit Professor Stefan Hornbostel, Leiter des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung an der Humboldt-Universität Berlin. Guten Tag, Herr Hornbostel!
    Stefan Hornbostel: Schönen guten Tag, Frau Pfister!
    Pfister: Herr Hornbostel, Sie haben ja selbst den Output und die Qualität der deutschen Forschung vor und nach Beginn des Wettbewerbs miteinander verglichen. Was an der Bewertung durch die Imboden-Kommission hat Sie noch überrascht?
    Hornbostel: Der Tenor der Bewertung hat mich nicht überrascht, aber sicherlich ist die Kommission weit vorgeprescht mit dem Vorschlag, die dritte Förderlinie, also die sogenannten Exzellenz-Universitäten, zukünftig nicht mehr über einen Wettbewerb, sondern sozusagen über eine Leistungsmessung zu küren. Das ist sicherlich neu und unerwartet.
    Pfister: Sie haben ja vorgeschlagen, die, die jetzt schon Exzellenz-Universitäten sind, elf an der Zahl, die sollen über sieben bis acht Jahre beobachtet werden, was sie tatsächlich leisten. Und dann sollen die in ein Ranking gebracht werden. Das heißt, sie müssen sich nicht mehr bewerben und danach bewertet werden, und sie werden nicht mehr nach Anträgen beurteilt, sondern nach dem, wie sie wirklich sind. Was halten Sie denn davon?
    Hornbostel: Ja, das geht sogar noch weiter. Es sollen ja alle Hochschulen die Chance haben, nicht nur die jetzt gekürten Exzellenz-Universitäten. Das ist insofern interessant, weil es eigentlich auf Entwicklungen trifft, die wir im deutschen System schon hatten. Der Wissenschaftsrat hat in dieser Woche gerade seine Empfehlungen zu einem Kerndatensatz Forschung rausgebracht und hat immer noch ein Projekt laufen, in dem es um ein Rating der Universitäten geht. Beides zusammen könnte eine interessante Kombination ergeben, wenn man den Kommissionsvorschlägen tatsächlich folgt. Denn diese Maßnahmen laufen alle in die gleiche Richtung tatsächlich, das Leistungsspektrum von Universitäten sichtbar und messbar zu machen und auch öffentlich präsentabel zu machen. Ich glaube also, das ist ein interessanter Vorschlag. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass es nicht ganz einfach ist, einen Weg zu finden zwischen den klassischen Rankings, die häufig viele methodische Probleme haben, und den sehr aufwendigen Verfahren, wie sie etwa in Großbritannien im Rahmen des Research Excellence Frameworks unternommen werden, wo ein sehr aufwendiges und teures Peer Review die Indikatoren unterstützt.
    Pfister: Also es wird sich noch zeigen, ob mit den gegebenen finanziellen Mitteln so ein Ranking überhaupt zu erreichen ist und so eine Bewertung. Um eine Aussage hat sich Imboden ein bisschen gedrückt, um die Aussage, ob er lieber gern mehr Förderung in die Breite hätte durch die Exzellenzgelder, also mehr regionale Forschungsverbünde, oder einige strahlende Leuchttürme, die dann alle anderen abhängen. Was halten Sie davon? Das ist eine politische Entscheidung.
    Hornbostel: Das ist eine Diskussion, die ich manchmal etwas eigenartig finde. Wir haben im deutschen System schon lange vor der Exzellenzinitiative eine deutliche Ausdifferenzierung von Hochschulen gehabt, die mehr oder weniger in der internationalen Forschung mitgespielt haben und dort auch konkurrenzfähig waren. Diese Unterscheidung zwischen - ich sage jetzt mal in Anführungsstrichen "Spitzenuniversitäten" - und anderen hat sich durch die Exzellenzinitiative nicht wirklich verändert. Es sind kleine Verschiebungen, aber im Grunde ist das Bild ähnlich geblieben. Insofern haben wir eine solche Differenzierung längst. Die Exzellenzinitiative hat dazu beigetragen, die öffentlich kommunizierbar zu machen. Aber ich glaube, diese Debatte ist ein bisschen abwegig, weil wir längst eine Form haben, in der sich Universitäten insofern unterscheiden, als sie doch sehr unterschiedliche Profile inzwischen herausgebildet haben.
    Pfister: Kommen wir zu einer Frage, die, glaube ich, einfacher zu beantworten ist: Imboden hat es dezent angekündigt oder angedeutet, das Geld, das da reingesteckt wird, reicht nicht, wenn man wirklich Spitze werden will. Kriegt man Exzellenzförderung mit nicht viel mehr Geld als bisher hin, über Jahre hinweg?
    Hornbostel: Über Geld lässt sich immer trefflich streiten. Man muss sich vielleicht die Dimensionen noch mal klar machen. Die Exzellenzförderung umfasst etwa drei Prozent der Ausgaben der Hochschulen für Forschung und Entwicklung.
    Pfister: Pro Jahr.
    Hornbostel: Ja, pro Jahr. Wenn Sie es international nehmen wollen, allein die privaten Spenden, die amerikanische Hochschulen bekommen, sind etwa hundertmal so viel wie das, was in der Exzellenzinitiative ausgeschüttet wird. Also, da kann man lange streiten. Ich glaube, ein struktureller Aspekt ist vielleicht viel wichtiger: Wenn man die Förderung der außeruniversitären Einrichtungen vergleicht, dann ist da ein dynamisches Modell gewählt worden. Die bekommen pro Jahr fünf beziehungsweise drei Prozent Aufwuchs ihres Grundetats. Das ist sozusagen dynamisiert. Die Exzellenzmittel sind ein fester Betrag, und wenn man mal Gehaltssteigerungen und Betriebskostensteigerungen einrechnet, dann werden die tatsächlich im Lauf der Zeit immer weniger. Und ich glaube, so ein dynamisierendes Element täte der Exzellenzinitiative gut.
    Pfister: Stefan Hornbostel war das, Leiter des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung an der Humboldt-Universität Berlin, über die Neuausrichtung der Exzellenzinitiative. Herr Hornbostel, vielen Dank!
    Hornbostel: Nichts zu danken!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.