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Exzesse am Wohnungsmarkt verhindern

In den Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD darauf geeinigt, dass die Mieten bei einem Mieterwechsel nur begrenzt erhöht werden dürfen. Davon profitierten insbesondere Studenten, junge Familien und mobile Berufstätige, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Ulrich Ropertz im Gespräch mit Benjamin Hammer | 05.11.2013
    Benjamin Hammer: Kaum ein anderes Thema schien im Bundestagswahlkampf so vielversprechend wie die Debatte um Mietpreise und Wohnungsnot – zumindest in Großstädten. Die SPD wollte damit Stimmen gewinnen, doch dass das Thema populär ist, das merkte auch die Bundeskanzlerin.

    O-Ton Angela Merkel: "Genau aus diesem Punkte haben wir uns auch entschlossen, dies jetzt in unser Wahlprogramm aufzunehmen."

    Hammer: Und so zogen und ziehen Union und SPD recht deutlich an einem Strang. Gestern und heute haben sie für ihre neue Koalition die Details zur Reform von Mietpreisregelungen festgezurrt. Am Ende des Beitrags sprach Peter Ramsauer über den Deutschen Mieterbund. Und dessen Geschäftsführer, Ulrich Ropertz, der hat mitgehört und wird eine ganz eigene Sicht auf die Pläne haben. Schönen guten Tag, Herr Ropertz!

    Ulrich Ropertz: Guten Tag!

    Hammer: Fangen wir an mit der Reform bei Maklern. In Zukunft sollen Mieter diesen nicht mehr bezahlen müssen, wenn der Vermieter ihn bestellt hat. Eine gute Lösung?

    Ropertz: Ja natürlich. Das ist völlig richtig. Es muss der Grundsatz auch im Maklerrecht gelten: Wer den Auftrag erteilt, der muss bezahlen. Der Besteller zahlt. Und es kann nicht sein, dass sich Vermieter und Makler hinsetzen und sagen, wir vereinbaren einfach, dass Mieter die Provision zahlen. Das ist ein Witz und deswegen ist die Neuregelung wichtig und richtig.

    Hammer: Jetzt haben Makler ja durchaus eine wichtige Funktion, wenn es gut läuft. Sie bringen Angebot und Nachfrage zusammen. Jetzt könnte es sein, dass es wegen der neuen Regelung nur noch wenige gute Makler am Markt gibt.

    Ropertz: Die Gefahr sehe ich nicht. Aber ich sehe aus Maklersicht möglicherweise die Gefahr, dass große Vermieter das Vermittlungsgeschäft selber in die Hand nehmen, weil sie einfach dadurch den Makler einsparen. Aber das ist sicherlich auch nicht schädlich für die Wohnungsmärkte.

    Hammer: Schauen wir mal auf die sogenannte Mietpreisbremse. Manche Ökonomen kommen zu dem Ergebnis, dass die Mietpreisbremse schädlich sei. Sie verringere die Anreize für Investoren, sagt zum Beispiel das Institut der deutschen Wirtschaft, und weniger Neubauten gebe es dann und damit noch mehr Wohnungsnot.

    Ropertz: Ich glaube, das ist ein sehr theoretischer Ansatz und beruht auch auf einem Missverständnis. Es soll ja nicht die neue Miete im Wohnungsneubau begrenzt oder in irgendeiner Form beschnitten werden. Sondern es geht einfach darum, dass die sogenannte Wiedervermietungsmiete, das heißt die Miete für Wohnungen, die schon seit Jahren am Markt sind, begrenzt werden soll, wenn es hier zu einem Mieterwechsel kommt. Um das mal an einem Beispiel zu sagen: Wenn die ortsübliche Vergleichsmiete zehn Euro beträgt, dann soll der Vermieter von einem neuen Mieter nach einem Mieterwechsel nur elf Euro verlangen dürfen - immerhin zehn Prozent mehr als er verlangen dürfte, wenn das Mietverhältnis fortgeführt wird mit dem bisherigen Mieter. Da traue ich mich schon kaum von Mietpreisbremse zu sprechen, sondern das ist nur eine Begrenzung der Wiedervermietungsmieten. Es geht darum, auf engen Wohnungsmärkten quasi Exzesse auf den Märkten zu verhindern. Nicht mehr und nicht weniger.

    Hammer: Herr Ropertz, wenn die Mieter jetzt nicht mehr so viel aufschlagen dürfen, befürchten Sie, dass es jetzt einen gewissen grauen Markt gibt? Dass dann vielleicht das Parkett besonders teuer bei der Übergabe wird, oder die Einbauküche vom Vermieter noch mal richtig teuer dem reichen Mieter verkauft wird?

    Ropertz: Ich habe diese Vorhalte auch schon gehört von Vermieter- oder auch von Maklerseite. Dabei wird aber vergessen, dass es gesetzliche Regelungen gibt, beispielsweise im Wohnungsvermittlungsgesetz, die klar bestimmen, wann ein Abstand oder wann eine Ablösevereinbarung getroffen werden darf und zu welchen Konditionen. Sicher ist, dass niemand verhindern kann, dass sich Anbieter ungesetzlich verhalten, dass sie an den Gesetzen vorbei Regelungen versuchen zu treffen. Aber wenn das so ist, dann müssen diese Gesetzesverstöße geahndet werden. Das kann kein Argument sein, richtige und vernünftige gesetzliche Regelungen gar nicht erst zu verabschieden.

    Hammer: Die Reichen, die kriegen die besten Wohnungen. Die Ärmeren werden aus beliebten Stadtteilen verdrängt. Das wird sich doch auch mit den Reformen jetzt nicht ändern?

    Ropertz: Nein. Aber Ziel der Begrenzung der Wiedervermietungsmieten ist es auch nicht, eine wie auch immer geartete Gentrifizierung zu verhindern. Ziel ist es auch nicht sicherzustellen, dass alle Mieter für fünf Euro oder noch weniger in der Innenstadt wohnen können. Ziel ist es, diejenigen Mieter vor überzogenen Mieten zu schützen, die jetzt einen neuen Mietvertrag abschließen müssen. Wir haben zum einen bisher schon gesetzliche Regelungen für das bestehende Mietverhältnis. Nur wenn ein Mietvertrag neu abgeschlossen wird, gibt es bisher keine Regelung, sondern hier kann der Vermieter verlangen was er will. Und hier sagen wir, da brauchen wir eine neue gesetzliche Regelung, das ist die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete. Und profitieren werden von dieser Begrenzung diejenigen Mieter, die beispielsweise aus beruflichen Gründen die Stadt wechseln und neu in die Stadt ziehen und dort eine Wohnung anmieten müssen, egal ob arm oder reich. Profitieren werden davon Studenten, die den Ausbildungsplatz in der Stadt neu suchen und dann auch eine neue Wohnung brauchen. Und profitieren werden junge Familien, die beispielsweise erstmals eine gemeinsame Wohnung beziehen und deshalb einen neuen Mietvertrag in dieser Stadt abschließen müssen. Das sind die Profiteure der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete.

    Hammer: Herr Ropertz, mit der Bitte um eine kurze Antwort, weil wir nur noch wenig Zeit haben. Neubauten sind von den Regelungen ausgeschlossen. Das bedeutet doch, dass gerade in begehrten Lagen weiter nur Luxusneubauten für besonders Vermögende gebaut werden?

    Ropertz: Nein. Neubauten sind schon deshalb ausgeschlossen, weil die ortsübliche Vergleichsmiete für Neubauten sich erst durch die ersten Mietvertragsabschlüsse bildet. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist ja kein Kunstbegriff, sondern ist die Miete, die tatsächlich am Wohnort für vergleichbare Wohnungen gezahlt wird. Und für Neubauten bildet sich diese ortsübliche Vergleichsmiete erst heraus. Es ist also von daher völlig richtig, dass die Deckelung oder Begrenzung nicht für Neubauwohnungen gilt.

    Hammer: Union und SPD haben ihre Pläne für den Immobilienmarkt vorgelegt und sind dabei auf einige Forderungen des Deutschen Mieterbundes eingegangen, und das war hier im Deutschlandfunk der Geschäftsführer des Mieterbundes, Ulrich Ropertz. Danke schön!


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