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EZB-Direktorium
Deutschland schlägt Isabel Schnabel vor

Isabel Schnabel soll auf Sabine Lautenschläger folgen – die Bundesregierung hat die Wirtschaftsweise für das EZB-Direktorium nominiert. Die Wahl gilt als sicher. Schnabel hatte die Niedrigzinspolitik der EZB verteidigt. Das Narrativ, dass der Sparer beraubt werde, sei in vielerlei Hinsicht falsch.

Von Brigitte Scholtes | 23.10.2019
12.07.2019, Berlin: Isabel Schnabel, Professorin für Finanzmarktökonoimie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, soll Nachfoglerin von EZB-Direktoriumsmitglied Lautenschläger werden.
Isabel Schnabel soll nach dem Willen der Bundesregierung ins EZB-Direktorium einziehen (dpa)
Aller Vorrausicht nach wird also Isabel Schnabel in das Direktorium der Europäischen Zentralbank einziehen. Einer der sechs Plätze dort wird Ende Oktober frei, denn dann verlässt Sabine Lautenschläger das Gremium. Die Bundesregierung hat Isabel Schnabel zwar nominiert, offiziell müssen aber auch noch die anderen Euro-Partner zustimmen. Doch das gilt als sicher. Die 48jährige genießt hohe Anerkennung unter Ökonomen, so beschreibt etwa Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Deutschland sie als "hochprofiliert, Mitglied des Sachverständigenrates, also auch eine deutliche Expertin."
Schnabel verteidigt Draghis Niedrigzinspolitik
Isabel Schnabel ist Professorin für Finanzmarktökonomie an der Universität Bonn, 2014 wurde sie in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berufen. Sie scheut sich nicht, deutlich in der Öffentlichkeit ihre Meinung zu äußern, auch zu geldpolitischen Fragen. Vor allem hat sie häufig vor persönlicher Kritik an Geldpolitikern wie Mario Draghi gewarnt - vor allem aus Deutschland:
"Ich glaube, da haben die Medien einen gewissen Anteil dran. Da haben auch einige Wissenschaftler aus Deutschland einen Anteil dran, dass auch die Geldpolitik falsch bewertet und beschrieben wurde und dass Unterstellungen gemacht wurden, die meines Erachtens nicht angemessen waren. Das klassische Narrativ ist ja, dass die EZB den deutschen Sparer der Zinsen beraubt und das ist eben in vielerlei Hinsicht falsch, zumal ja das Mandat der EZB auch nicht darin besteht, dass der Sparer auskömmliche Zinsen hat."
Das Mandat der EZB bestehe darin, die Preisstabilität zu sichern. Dass die Zinsen so niedrig sind, das habe makroökonomische Ursachen, sagt sie. Tatsächlich wird nicht nur in Deutschland viel gespart, auch weil die Menschen für ihr Alter vorsorgen wollen. Es wird aber gleichzeitig wenig investiert, sowohl von Unternehmen als auch von Staaten, die versuchen, ihre Schulden abzubauen. In dieser Hinsicht stimmen ihr auch andere Ökonomen zu, etwa Clemens Fuest, Chef des Münchner ifo-Instituts:
"Wir haben wenig Kreditnachfrage und ein hohes Angebot an Ersparnis, und der Zins ist nun mal der Preis für Kredite. Deshalb hat es vor allem realwirtschaftliche Ursachen, dass die Zinsen so niedrig sind. Die EZB-Politik verstärkt das vielleicht noch. Aber dass es nicht alleine die EZB ist, die die Zinsen ‘runterbringt, das erkennen wir ja schon, wenn wir ins Ausland schauen. In der Schweiz sind die Zinsen niedrig, in den USA, in vielen anderen Ländern, also wir haben das Problem weltweit."
Zurückhaltend gegenüber der neuen EZB-Präsidentin Lagarde
Zur designierten EZB-Präsidentin Christine Lagarde, mit der sie künftig dann wohl zusammenarbeiten wird, hat sich die Noch-Wirtschaftsweise Schnabel Anfang September eher zurückhaltend geäußert - damals noch nicht ahnend, dass sie selbst bald dem EZB-Direktorium angehören wird:
"Man muss natürlich sehen, dass sie von Haus aus eben keine Ökonomin ist. Insofern kann es durchaus sein, dass viele sie auch besser verstehen, weil sie dann eben doch eine andere Sprache spricht. Aber andererseits ist sie natürlich auch in ihrem Urteil sehr viel stärker auf den Apparat angewiesen."
Die Finanzmarktökonomin wird da künftig direkt ihre Fachkompetenz einbringen können.