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Facebook
Zuckerberg stellt sich kritischen Fragen

Während in Deutschland noch diskutiert wird, ob und wie Facebook Hassbotschaften, die gemeldet werden, zuverlässig löschen kann, geht Firmengründer Mark Zuckerberg einen Schritt weiter: Bei einer Fragestunde mit Nutzern an Facebooks Firmensitz kündigte er an, Facebook könne solche Aufgaben künftig automatisiert erledigen, damit möglichst wenige Kunden anstößige Inhalte überhaupt zu Gesicht bekommen.

Von Wolfgang Stuflesser | 16.09.2015
    Ein Mann zeigt vor dem vergrößerten Like-Symbol der Facebook-Seite mit seinem Daumen nach unten (gestelltes Foto).
    Ein Mann zeigt vor dem vergrößerten Like-Symbol der Facebook-Seite mit seinem Daumen nach unten (gestelltes Foto). (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Alle paar Monate stellt sich Mark Zuckerberg den Fragen seiner Kunden. Bei 1,5 Milliarden Facebook-Mitgliedern ist das logistisch nicht ganz einfach, aber immerhin ein paar hundert lädt Facebook für sogenannte Q&As, also Fragestunden, in den Firmensitz ein, und natürlich sammelt die Firma auch online Fragen ein, von denen dann einige wenige ausgewählt und dem Chef präsentiert werden. Es war ein Nutzer aus Florida, der in der Fragestunde auf die Flüchtlingskrise in Europa und seine Freunde dort zu sprechen kam:
    Wenn man auf Facebook bestimmte Fotos einstelle, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, dann beschwerten sich manche Freunde, weil sie diese nicht sehen wollten. Ob Facebook nicht eine Möglichkeit schaffen könne, dass man solche Bilder einstellt, und die anderen müssen erst etwas anklicken, um sie zu sehen - und wer nicht will, sieht die Bilder auch nicht.
    Eine Aufgabe für künstliche Intelligenz
    Man kann sich vorstellen, dass es um Fotos wie das des toten Aylan Kurdi am Strand von Bodrum ging. Mark Zuckerberg hörte sich die Frage an und antwortete prompt:
    Das sei eine gute Idee. Auf diesem Gebiet könne Facebook sicher besser werden. Dann erklärter er kurz das aktuelle System: Wenn jemand problematische Inhalte sieht, kann er sie melden, und dann will Facebook prüfen, ob die Richtlinien verletzt wurden, und, wenn ja, den Inhalt löschen.
    "Aber das Problem dabei ist: Wenn jemand den Inhalt meldet, hat er ihn schon gesehen und eine schlechte Erfahrung gemacht. Ich glaube, künstliche Intelligenz könnte solche Aufgaben erledigen. Im Moment haben wir noch keine Computer die sich wie ein Mensch ein Foto anschauen und inhaltliche Aussagen darüber treffen können. Ich denke, in den nächsten fünf Jahren können wir das auf die Beine stellen."
    Dann könnte Facebook solche Inhalte sensiblen Leuten gar nicht erst zeigen, aber auch eine Personalisierung wäre denkbar: Manche Leute wollten solche Inhalte ja sehen. Er selbst halte das Foto für sehr wichtig, weil es Aufmerksamkeit für die Krise geschaffen habe.
    Facebook-Gründer Mark Zuckerberg beim Mobile World Congress in Barcelona 2014
    Facebook-Gründer Mark Zuckerberg beim Mobile World Congress in Barcelona 2014 (picture alliance / dpa / Alberto Estevez)
    Zuckerberg wurde aber noch grundsätzlicher: Mit Blick auf die Art, wie er die Facebook-Gemeinschaft leite, sei es interessant, wie man zu dieser Frage stehe: Denn manchmal sei es wichtig, dass die Leute wichtige Dinge sehen, auch wenn sie damit nicht einverstanden sind oder dadurch aufgewühlt werden.
    Beim Bild des toten Jungen werden vermutlich mehr Nutzer mit dieser liberalen Haltung des Facebook-Gründers leben können, als wenn es um Aufrufe zum Fremdenhass geht. Aber bei der Fragestunde wurde immerhin deutlich, dass Zuckerberg sich über diese Themen durchaus Gedanken macht.