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Facharzttermine
Callcenter der Kassenärztlichen Vereinigungen helfen Kassenpatienten

Sie sollen Kassenpatienten bei der Suche nach einem Termin beim Augenarzt, Neurologen oder Radiologen helfen: Seit dem 23. Januar – also faktisch seit einer Woche – haben alle Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland entsprechende Servicestellen eingerichtet. Eine erste Bilanz.

Lennart Pyritz im Gespräch mit Christian Floto | 02.02.2016
    Eintrag "Mammografie" in einem Terminkalender
    Eintrag "Mammografie" in einem Terminkalender (imago / Steinach)
    Warum sind diese Servicestellen eigentlich eingerichtet worden?
    Auslöser ist eine Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit von 2015: Das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das verpflichtet die deutschlandweit 17 Kassenärztlichen Vereinigungen – kurz KV – Servicestellen einzurichten, um Kassenpatienten bei der Suche nach Facharztterminen zu helfen. Die gesetzlichen Krankenkassen etwa unterstützen das, um gleich kurze Wartezeiten für Privat- und Kassenpatienten zu sichern. Die KV dagegen haben lange gegen die Einrichtung dieser Servicestellen protestiert. Ihre Argumente: Wartezeiten in Deutschland seien im internationalen Vergleich sehr kurz. Und: Kosten und Verwaltungsaufwand stünden nicht im Verhältnis zum Nutzen.
    Vermitteln die neuen Servicestellen denn Termine bei allen Fachärzten?
    Die Stellen vermitteln Termine bei fast allen Fachärzten. Dafür muss normalerweise eine dringliche Überweisung vorliegen. Bei Terminen für Frauen- und Augenärzte hilft die Servicestelle aber auch ohne Überweisung. Und noch eine Ausnahme: An Psychotherapeuten soll erst ab 2017 vermittelt werden. Gibt es eine dringliche Überweisung suchen die Servicestellen einen Termin, der innerhalb von vier Wochen liegen muss. Finden die KV keinen Arzt, wird an ein Krankenhaus vermittelt.
    Über die Servicestellen habe ich gestern mit Bernhard Brautmeier gesprochen, stellvertretender Vorsitzender der KV Nordrhein – also der Seite, die die Servicestellen ablehnt. Er hat eine wesentliche Einschränkung hervorgehoben:
    "Der Patient kann nicht zu einem Wunscharzt, und er kann sich auch keinen bestimmten Termin wünschen, sondern er muss dann das nehmen, was wir ihm anbieten. Denn wir sind natürlich selber auf der Suche nach Terminen bei Fachärzten, und dann muss man halt nehmen, was man bekommt."
    Wie läuft es ab, wenn ich als Patient diesen Service in Anspruch nehmen will?
    In den meisten Fällen hat man als Patient also eine dringliche Überweisung vom Hausarzt. Dann meldet man sich als Patient per Telefon, E-Mail oder Fax bei der Service-Stelle der jeweils zuständigen KV. Die Öffnungszeiten und Kontaktdaten kann man zum Beispiel im Internet einsehen. Die Servicestellen klären dann einen Termin mit dem Facharzt ab und melden sich innerhalb einer Woche zurück.
    Bei Grundversorgern wie Augenärzten werden bei der Auswahl bis zu 30 Minuten mehr Fahrtzeit als bis zum nächsten Facharzt angesetzt; bei stark spezialisierten Ärzten, etwa Radiologen, bis zu eine Stunde mehr. Das gilt so zumindest bei der KV Nordrhein.
    Die Servicestellen sind jetzt eine Woche in Betrieb. Was ist die Bilanz nach dieser ersten Woche?
    Im Vorfeld gab es zum Beispiel Kritik von der "Deutschen Stiftung Patientenschutz". Die hat beklagt, dass die Servicestellen der einzelnen KV nicht einheitlich arbeiten und erreichbar seien. Gestern gab es dann erste Zahlen zur tatsächlichen Nutzung. Bundesweit wurden über die Servicestellen demnach etwa 1.300 Facharzttermine vermittelt. Bei der KV Nordrhein sah es laut Bernhard Brautmeier so aus:
    "Also wir hatten in der ersten Woche 820 Anrufe. Davon mussten 260 Patienten einen Termin vermittelt bekommen. Und davon nur ungefähr die Hälfte dringlich. Und wenn man das Mal ins Verhältnis setzt, diese Zahl der dringlich zu vermittelnden Patienten, zur Gesamtzahl aller Behandlungsfälle, dann kommt da raus, dass wir 0,008 Prozent vermitteln mussten."
    Das weist für Brautmeier darauf hin, dass die Koordination im Gesundheitsbereich nicht so funktioniert, wie sie sollte.
    "Jeder kann zu jedem Arzt überall hinlaufen, wenn er das möchte. Und wir fänden es besser und würden das auch den Patienten empfehlen, zunächst mal den Hausarzt aufzusuchen und sich vom Hausarzt auch koordinieren zu lassen. Dann wäre auch die Inanspruchnahme von Fachärzten etwas geordneter – was sich viele Fachärzte im Übrigen auch wünschen."
    Wie kann und soll das Verfahren in Zukunft noch verbessert werden?
    Direkte Rückmeldungen von Patientenseite zum neuen Service hatte zumindest die KV Nordrhein gestern noch nicht. In der Anfangsphase soll erstmal wöchentlich evaluiert werden, wie das Verfahren läuft, wie viele vermittelte Termine dann auch tatsächlich wahrgenommen werden und so weiter. In Zukunft könnte die Termin-Vermittlung eventuell auch über ein Internetportal geschehen. Dort könnten sich dann Fachärzte selbst einloggen und freie Termine eingeben und verwalten.