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Fachhochschulen
Streit ums Promotionsrecht

Das geplante Promotionsrecht für Fachhochschulen sorgt für Ärger. Die Universitäten fürchten eine Entwertung des Doktortitels, die Fachhochschulen sehen die Praxisnähe ihrer Ausbildung als gute Ergänzung zur universitären Forschung. Letztendlich geht es in der Debatte aber vor allem um Geld.

Von Christiane Habermalz | 13.03.2014
    Die Debatte lässt an Polemik nichts zu wünschen übrig. Sollten Fachhochschulen eigenständige Promotionsrechte bekommen, käme dies einer Entwertung des Doktortitels gleich, hat Hans-Jürgen Prömel, Präsident der TU 9, des Zusammenschlusses der Technischen Universitäten, erst unlängst erklärt. Langfristig, wetterte er, würde durch diesen Qualitätsverlust der Wissenschaftsstandort Deutschland Schaden nehmen. Die Fachhochschulen wollen das nicht auf sich sitzen lassen. Sie kontern, dass angesichts der vielen Plagiatsaffären viele Universitäten selbst ein Qualitätsproblem bei der Promotion haben.
    "Qualität kann nicht per se existieren, nur weil man ursprünglich einen bestimmten Titel im Namen hat der Universität,"
    sagt Sebastian von Klinski, Vizepräsident der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin, zuständig für den Bereich Forschung und Hochschulprozesse:
    "Ich denke, Qualität findet seine Berechtigung durch qualitätsorientierte Schritte und Aktivitäten, die man durchführt. Das heißt natürlich auch, dass man dieses Qualitätssiegel Promotionsrecht auch verlieren müsste, wenn man die Qualität nicht gewährleistet."
    Ergänzung zur universitären Forschung
    Die Beuth-Hochschule ist ambitioniert: Demnächst will sie als zweiten Standort den irgendwann leer stehenden Berliner Flughafen Tegel übernehmen. 11.000 Studierende in über 70 Studiengängen lernen und forschen hier. Doktorarbeiten aber darf sie nicht betreuen. Die stärkere Anwendungsorientiertheit der FH sei kein Nachteil, sondern eher eine Ergänzung zur universitären Forschung, sagt Klinski.
    "Anwendungsorientierte Forschung heißt ja, dass man eng an den Bedürfnissen der Industrie sein muss. Und woher sollen denn Universitätsprofessoren diese Industrienähe haben? Wenn Sie sich nur mal die Historie anschauen. Die verstehen ja gar nicht wie die ticken, die kennen die Bedürfnisse nicht und die kennen auch die Produkte in den Industriebereichen nicht. Das ist halt der entscheidende Vorteil, den Fachhochschulen haben, dass alle Professoren schon aufgrund unseres Berufungsverfahrens in der Industrie gearbeitet haben. Und vor allem: Die haben die Kontakte in die Industrie, und zwar in viele renommierte Unternehmen."
    Universitäten als Orte weltfremder Grundlagenforschung - Unsinn, sagt Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Dagegen würde schon allein die Tatsache sprechen, dass die Unis ein Vielfaches an Drittmitteln aus der Wirtschaft einwerben - im Schnitt zehnmal mehr als die Fachhochschulen.
    "Wir würden unser System komplett auf den Kopf stellen in Deutschland, wenn die Fachhochschulen tatsächlich ein generelles Promotionsrecht bekämen. Dann gäbe es keinen Grund mehr, Max-Planck, Helmholtz, Fraunhofer. Leibnitz das zu untersagen. Es gäbe auch keinen Grund mehr, Industrieunternehmen Promotionen zu untersagen, denn Industrieunternehmen forschen natürlich auch und teilweise noch viel mehr als die Fachhochschulen."
    Letztendlich geht es ums Geld
    Auch öffentliche Forschungsgelder gehen bislang fast ausschließlich an Universitätsprojekte. Für begabte FH-Absolventen bietet sich daher nur die Möglichkeit, an kooperativen Promotionskollegs oder Forschungsprojekten teilzunehmen, in denen Universitätsprofessoren gemeinsam mit FH-Professoren die Doktoranden betreuen. Doch diese Plätze sind begrenzt. Die Universitätslandschaft ist aufgescheucht, denn in mehreren Bundesländern steht das Uni-Monopol auf den Doktortitel bereits auf der Kippe. Schleswig-Holsteins parteilose Bildungsministern Waltraud Wende hat angekündigt, noch in diesem Jahr ausgewählten forschungsstarken Fachhochschulen das Promotionsrecht einzuräumen.
    Auch in Frankfurt wird mit der Idee geliebäugelt, auch wenn der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein zuletzt zurückruderte und erklärte, nur im Einvernehmen mit den Universitäten handeln zu wollen. Das aber dürfte schwierig werden. Denn letztlich geht es, jenseits aller Rhetorik von Qualität der Wissenschaft und ererbten Privilegien, ums Geld: Forschungsgelder sind knapp und sie werden immer begrenzter in der Zukunft. Wenn die Fachhochschulen nun ihren Teil vom Kuchen abhaben wollen, wird es eng für die Universitäten. Aber auch die Länder müssen sich genau überlegen: Wenn sie Fachhochschulen zu wissenschaftlichen Forschungsstätten ausbauen wollen, müssen sie sie auch entsprechend ausstatten - eine Herausforderung angesichts knapper Landeskassen.