Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Mehr Chancen für ausländische Fachkräfte

Beschleunigte Verfahren, mehr Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sende die richtigen Signale, so die Rechtsanwältin Bettina Offer im Deutschlandfunk. Fehlentscheidungen der Behörden könnten Arbeitgeber aber immer noch nicht anfechten.

Bettina Offer im Gespräch mit Sandra Pfister | 28.02.2020
n der Metallwerkstatt des Bildungswerks der Sächsischen Wirtschaft in Chemnitz (Sachsen) startet Thai Minh Nguyen aus Vietnam am in die Ausbildung zum Mechatroniker. Insgesamt sechs junge Leute aus Bulgarien, Polen und Vietnam haben dort 2014 ihre Berufsa
Am 1. März 2020 tritt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft (picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt)
Welche Neuerungen bringt das Gesetz für die Behörden?
Werden ausländische Abschlüsse nun anerkannt?
Was ändert sich für die Unternehmen?
Wo muss nachgebessert werden?
Welche Neuerungen bringt das Gesetz für die Behörden?
Die Länder sind nun aufgefordert, zentrale Ausländerbehörden zu schaffen und damit an ihrer Behördeninfrastruktur zu arbeiten. Nordrhein-Westfalen habe diese Initiative aus Berlin begrüßt, so die Rechtsanwältin Bettina Offer. Aus Bayern und Baden-Württemberg, also Ländern mit großen Industriestandorten, kämen dagegen zurückhaltende Signale. Das sei sehr bedauerlich, so Offer, die Unternehmen und ausländische Fachkräfte berät.
Drei Menschen stehen auf einer Baustelle. Sie gießen gerade das Beton-Fundament eines Gebäudes. 
Deutschland für Hochqualifizierte nicht die Nummer eins
Bei hochqualifizierten Fachkräften sei Deutschland wegen seiner hohen Steuern und vergleichsweise niedrigen Löhnen nicht besonders beliebt, sagte Thomas Bauer vom Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung im Dlf. Auch für ausländische Handwerker seien die Hürden immer noch relativ hoch.
Insgesamt werde sich zeigen, ob sich die Situation mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz verbessere. Denn rein rechtlich sei schon vor dem neuen Gesetz einiges möglich gewesen, insbesondere für Hochqualifizierte mit Studienabschluss. Es habe oft an der Umsetzung gehapert. "Die Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen waren mit den wachsenden Anfragen schlicht überfordert", sagte Offer im Deutschlandfunk.
Werden ausländische Abschlüsse nun anerkannt?
Es ist nach wie vor so, dass ausländische Fachkräfte einen anerkannten oder gleichwertigen Abschluss haben müssen. "Das ist eine gute Nachricht, denn wir wollen nicht von unseren Qualitätsstandards abweichen", so Bettina Offer. Die Arbeitsagentur werde aber eine Servicestelle Berufliche Anerkennung schaffen, um den Betroffenen zu helfen, die Stelle zu finden, die für ihre Anerkennung zuständig ist. "Es gibt rund 1.500 Stellen in Deutschland, die sich mit damit beschäftigen. Es ist ein Flickenteppich", stellte die Rechtsanwältin fest. Die neue Lotsenstelle soll Zuwanderungswillige hier besser unterstützen. Zudem gebe es in den Ausländerbehörden nun ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren. "Grundsätzlich passiert sehr viel, das ist ein richtiges Signal", sagte Bettina Offer.
Was ändert sich für die Unternehmen?
Die Arbeitgeber haben nun die Möglichkeit, beruflich gebildete Fachkräfte auszubilden. Gerade Unternehmen, die Schwierigkeiten hätten, Auszubildende zu finden, könnten nun direkt im Ausland suchen. Eine weitere Neuerung: Auch Menschen mit Berufserfahrung oder einer gewissen Qualifikation können nun als Helfer angestellt werden, während sie die Maßnahmen für eine Vollqualifizierung durchlaufen. "Damit ist zwar ein wenig Aufwand verbunden, aber es ist nun rechtlich möglich", so Bettina Offer.
Wo muss nachgebessert werden?
Wenn die Behörden Fehlentscheidung treffen und einen Antrag ablehnen, hat nur der Zuwanderungswillige die Möglichkeit, den Rechtsweg zu bestreiten. "Das tun die Fachkräfte aber nicht", so Offer. "Die gehen lieber nach Kanada, in die USA oder nach Großbritannien zur Konkurrenz." Der Arbeitgeber in Deutschland, der schon vorinvestiert habe, bliebe auf seinen Kosten sitzen. "Wenn die Unternehmen nicht das Gefühl haben, verlässlich gegen solche möglichen Fehlentscheidungen zu klagen, ist das ein riskantes Unterfangen", so die Rechtsanwältin.