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Fahrender Supermarkt
Wenn der Postmann Zahnpasta bringt

In vielen ländlichen Gebieten in Deutschland gibt es keine Möglichkeiten des täglichen Einkaufs mehr. Die Deutsche Post testet derzeit in zwei Regionen von Baden-Württemberg und Bayern, ob sich ein mobiler Lieferservice lohnt. "Meine Landpost" kommt gut an.

Von Uschi Götz | 02.11.2018
    Mann und Frau stehen am Landpost Mobil und kaufen ein
    Der Landpost-Bus in Waldhausen (Deutschlandradio / Uschi Götz)
    "Meine Landpost" steht auf dem gelben Elektroauto, das in einer Straße mit Ein- und Zweifamilienhäuser parkt. Hier in Waldhausen, einem kleinen Ort im Neckar-Odenwald-Kreis ist es herrlich ruhig, so ruhig, dass es schon lange keine Läden mehr gibt. Yilmaz Kneif, in typisch blau-gelber Postkluft gekleidet, steigt aus dem Transporter aus und klingelt an der Tür eines Hauses. Eine jüngere Frau öffnet, und kurz danach stehen beide an dem vermeintlichen Postauto, das in Wirklichkeit ein kleiner fahrender Supermarkt ist.
    "Also heute bräuchte ich ein Brot, Ketchup, Mehl, Eier und Äpfel."
    Yilmaz Kneif hat die Türen des gelben Autos geöffnet. Zu sehen sind graue Container, in Regalen gestapelt und akribisch beschriftet. Jetzt stellt er einen kleinen Tisch auf.
    "Beim Tischchen geht es einfach darum, dass wir die Kisten mit den Lebensmitteln nicht auf den Boden stellen dürfen."
    Das Nötigste auf kleinstem Raum
    Auf seiner Liste schaut er, wo welcher Artikel in den Containern verstaut ist. Alles, was die Kundin braucht, hat er dabei. Die Eier sind in Thermoboxen, auch Milch, Wurst und Käse werden selbstverständlich gekühlt transportiert.
    "Wir haben über 100 Artikel, und die müssen verstaut werden, möglichst mobil."
    In Bayern und Baden-Württemberg testet die Post seit Mitte September bis Ende November noch, wie dieser Vor-Ort-Lieferservice bei den Kunden ankommt.
    "Klar bin ich mobil, aber wenn man zwei Kinder zuhause hat, muss man immer abwägen, passt es jetzt gerade, passt es nicht. Nach Limbach ist man ja auch ein paar Minuten unterwegs, und von daher finde ich das eine feine Sache."
    Auch der Nachbar, ein Mann mittleren Alters, kommt nun mit einer Einkaufsliste zum Landpost-Auto. Viele in dieser Straße von Waldhausen sind sich einig: Wir müssen diesen Service unterstützen, so findet er zunehmend mehr Akzeptanz.
    "Sonst müssen wir wegfahren, in den Supermarkt, zehn Kilometer hin und zurück."
    Die Produkte sind nicht teurer als im Supermarkt, und die Brötchen sind immer frisch. Es gibt auch Briefmarken zu kaufen, und ab einer Einkaufssumme von über 20 Euro kann auch Geld abgehoben werden.
    Die Kundin bezahlt, derweil kommt ein weiterer Nachbar hinzu, man redet eine Weile miteinander. Die älteren Menschen im Ort würden das Angebot noch scheuen, sagt der Mann mittleren Alters.
    "Die haben alle noch so ein bisschen Berührungsängste."
    Verschiedene Bestellmöglichkeiten
    Doch gerade die älteren, nicht mehr so mobilen Menschen sind die Kernzielgruppe der Post bei diesem Service. Bestellt werden kann telefonisch, per App oder über einen Deutsche-Post-Buzzer, ein eigens für diesen Service entwickeltes Rufgerät, das es kostenlos gibt und das einfach per Knopfdruck zu bedienen ist. Entweder man gibt eine Bestellung auf oder ordert die Landpost zu sich nach Hause. In dieser Testphase gibt es den Lieferservice von montags bis samstags. Wer etwas bestellt, bekommt die Ware noch meist am selben Tag unverzüglich ins Haus gebracht.
    "Wenn es ältere Leute sind, bringe ich das direkt zur Wohnungstür."
    Sagt Kneif, der eigentlich Postzusteller ist und seinen neuen Testjob klasse findet. Post muss er bei diesem Service keine austragen, allerdings können bei ihm Briefe und Pakete abgegeben werden. Natürlich sind auch Einkäufe ohne Vorbestellung jederzeit möglich, erklärt er:
    "Können Sie alles kaufen, was wir an Bord haben, sofort. Wenn wir jetzt sehen würden, Sie winken und brauchen ganz dringend was, dann würden wir auch stehen bleiben."
    Bis auf die frischen Backwaren an Bord kommen alle Artikel vom posteigenen Online-Supermarkt Allyouneed Fresh. Möchte ein Kunde etwa eine andere Zahnpasta als die im Auto verfügbare, kann er seinen Wunschartikel online bestellen. Noch eine Frage hat der Mann mittleren Alters, der mittlerweile mit seiner Einkaufsliste durch ist:
    "Diese Wattestäbchen mit Plastik, ob die aus Holz sind hier?"
    Wattestäbchen mit Holz gibt es nicht, da muss Herr Kneif ausnahmsweise passen. Er schiebt die Container wieder an ihren Platz zurück und schließt die Tür seines rollenden Marktes. Aus dem Nachbarort liegt auch schon eine Bestellung vor.