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Familienpolitik
Wenn Vater Staat den Unterhaltsvorschuss übernimmt

Wenn ein Elternteil den Unterhalt nicht zahlt, springt der Staat ein. Von zwei Milliarden Euro im Jahr fließen aber nur 13 Prozent zurück. Ländern und Kommunen fehlt das Personal, um das Geld einzutreiben. Damit sich das ändert, will das Familienministerium auch unkonventionelle Wege gehen.

Von Volker Finthammer | 18.02.2019
    Ein Blatt mit der "Düsseldorfer Tabelle" aus dem Jahr 2013.
    Von übernommenen Unterhaltszahlungen sieht der Staat oft nichts wieder (Henning Kaiser/dpa)
    Die gesunkene Rückzahlungsquote habe in erster Linie mit der vor zwei Jahren in Kraft getretenen Reform des Unterhaltsrechts zu tun, sagt Familienministerin Franziska Giffey.
    "Und man kann sagen, das Gesetz wirkt insofern, dass wir die Zahl der Fälle die Unterhaltsvorschuss bekommen, verdoppelt haben."
    Derzeit werden über 780.000 Kinder über den staatlichen Unterhaltsvorschuss unterstützt und im vergangenen Jahr wurden 2,1 Mrd. Euro dafür ausgegeben.
    Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ohne gerichtliches Urteil
    Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten. Dafür wird kein gerichtliches Unterhaltsurteil vorausgesetzt. Ist der zahlungspflichtige Elternteil dazu teilweise oder auch gar nicht in der Lage, springt der Staat ein.
    Seit der letzten Reform erhalten Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres ohne zeitliche Einschränkung diesen Unterhaltsvorschuss. Zuvor war der auf sechs Jahre beschränkt.
    Auch Kinder über 12 erhalten bis zur Volljährigkeit ebenfalls einen Unterhaltsvorschuss, sofern die nicht unter die Hartz IV Regelungen fallen. Die Höhe des Vorschusses ist gestaffelt. Zur Zeit 160 Euro für Kinder bis zu fünf Jahren, 211 Euro für Kinder von sechs bis elf und 272 Euro bis zur Volljährigkeit. Doch nur 13 Prozent von den säumigen Elternteilen – in der Mehrzahl Väter – zahlen diesen Vorschuss auch zurück. In den Jahren zuvor lag die Quote noch deutlich darüber.
    "Allerdings muss man sagen, ist das ein prozentualer Rückgang der auch damit zu tun hat, dass wir fast eine Verdopplung der Fallzahlen zu verzeichnen haben. Wenn man monetär sieht, wieviel Geld eingenommen worden ist, dann gibt es eine Steigerung. Wir hatten 2017 200 Millionen Euro, wir haben im Jahr 2018 270 Millionen Euro Einnahmen gehabt, aus dem Rückgriff."
    Zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig?
    Gemeinsam mit den Ländern will das Familienministerium dafür Sorge tragen, dass die Rückzahlungsquote der säumigen Elternteile erhöht wird. Denn zuständig für das Eintreiben der Vorschussleistungen sind die Länder und Kommunen, denen oft genug das Personal dazu fehlt, die sich aber im laufenden Jahr wieder stärker um die berechtigten Forderungen kümmern würden. Familienministerin Franziska Giffey ist da politisch auch bereit, unkonventionelle Wege zu gehen.
    "Ich finde, dass man alle Möglichkeiten prüfen und in Anspruch nehmen sollte die gehen, um diejenigen, die wirklich zahlungsunwillig sind, in die Verantwortung zu ziehen. Und wenn es Aufklärungsmöglichkeiten über Finanzämter gibt, über die Frage, was kann noch getan werden, um die finanzielle Lage von Zahlungsunwilligen zu ermitteln, sollte man das tun."
    In jedem Fall soll in Zukunft auch noch genauer geschaut werden, wer von den säumigen Zahlern tatsächlich zahlungsunfähig ist und wer zahlungsunwillig. Denn nur in diesen Fällen könnte der Rückgriff überhaupt erfolgreich zu sein.