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Farmbesetzungen und Landreformen im südlichen Afrika

Zweimal schon sind Steve die bunten Steckknöpfe ausgegangen, so dass er sie nachkaufen musste. Damit markiert er im Operationsraum des Farmerverbandes in Harare auf einer Landkarte Simbabwes, die die ganze Wand einnimmt, die von so genannten Bürgerkriegsveteranen besetzten Bauernhöfe. Im Februar hatte diese Aktion begonnen – und fast täglich setzt Steve neue Nadeln. Etwa acht jeden Tag. Über 1 600 weiße Bauernhöfe in Simbabwe sind bisher okkupiert worden. Dabei wurden vier Farmer ermordet, Hunderte Farmarbeiter misshandelt und vergewaltigt, ihre Behausungen zerstört oder niedergebrannt. Doch Staatspräsident Robert Mugabe will noch mehr. Mindestens doppelt soviel. Mehr als 3 200 Höfe sind von seiner Regierung zur Enteignung vorgesehen, zwei Drittel aller weißen Farmen Simbabwes.

Frank Räther | 20.10.2000
    Robert Mugabe: Eine Veränderung der Verfassung gestattet uns, Land zu enteignen, ohne dass wir den Farmern den Preis für den Boden erstatten müssen. Es sei denn, die alte britische Kolonialmacht schafft einen Fonds dafür.

    Simbabwe hat 6 500 kommerzielle Farmen. Davon gehören etwa 1 500 der Regierung oder schwarzen Besitzern. Die restlichen 5 000 mit zusammen acht Millionen Hektar sind im Besitz von knapp 4 000 Weißen, die 340 000 Farmarbeiter beschäftigen. Einschließlich deren Familien sind das zwei Millionen der zwölf Millionen Simbabwer. Auf weiteren 16 Millionen Hektar, also der doppelten Fläche, leben und arbeiten siebeneinhalb Millionen Schwarze.

    Dies sei ungerecht und müsse verändert werden, verlangt daher der Präsident. Schließlich sei der Befreiungskampf vor über 20 Jahren um den Boden und nicht nur um die Macht geführt worden.

    Ähnlich ungleich ist der Landbesitz auch in den Nachbarländern Südafrika und Namibia. Und auch dort regen sich nun nach Mugabes angedrohter Landenteignung der Weißen ähnliche Tendenzen bei den Regierungen. Der südafrikanische Landminister der Mandela-Regierung, Derek Hanekom, ein Weißer, ist schon im vorigen Jahr von Mandelas Nachfolger Thabo Mbeki gefeuert und durch dessen schwarze Stellvertreterin Thoko Didiza ersetzt worden. Hanekom hatte erklärt:

    Derek Hanekom: Wir glauben nicht, dass wir den Landhunger unserer Leute in einer Periode von drei oder auch fünf Jahren befriedigen können.

    Hanekoms Nachfolgerin Didiza ist da wesentlich radikaler: Wir brauchen mehr und schneller Land, als wir es bezahlen können – meinte sie kürzlich – und sollten deshalb auch Enteignungen von Farmen, die wir benötigen, ins Auge fassen.

    Auch in Namibia gärt es, wie Wolfgang Werner vom Wirtschaftsforschungsinstitut NEPRU in Windhoek über Aussagen der dortigen Landministerin Pendukeni Ithana erzählt:

    Wolfgang Werner: Unsere Ministerin sagt ganz klipp und klar: Ich bin schwarz, ihr seid weiß. Wir wollen nur sehen, dass das Land wieder zurück in schwarze Hände kommt. Aber ist es das wirklich, wo wir hinwollen? Was kostet es das Land? Was kostet es die Gesamtökonomie, wenn wir diesen Weg einschlagen?

    Obwohl in Namibia wie in Südafrika der Landbesitz per Gesetz geschützt ist und entschädigungslose Enteignungen nicht stattfinden dürfen, wird dort der Ruf nach einem schnellen Zugriff auf das weiße Land immer lauter. Land sei eine sehr emotionale Angelegenheit, ist immer wieder zu hören. Die Argumentation ist einfach: Afrika ist der Kontinent der Schwarzen. Die Weißen kamen später, kolonialisierten die Schwarzen und nahmen ihnen das Land. Daher gehöre es zur Befreiung, dass auch das Land endlich in schwarzen Besitz übergeht.

    Dass im südlichen Afrika der Boden ungleich verteilt ist, bestreitet niemand. In Südafrika besitzen die Weißen zwei Drittel, in Namibia die Hälfte und in Simbabwe ein Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Sie machen aber nur zwischen 13 und 1 Prozent der Bevölkerung aus.

    Kill the Boer – kill the farmer! Gegen weiße Farmer richtet sich viel Hass. In Südafrika sind seit dem Ende der Apartheid 1994 über 700 weiße Bauern ermordet worden. Nach Ansicht der Regierung seien dies aber nur normale Fälle der Kriminalität. Der dortige Farmerverband jedoch sieht dahinter in vielen Fällen eine politische Motivierung, da bei etwa der Hälfte der Überfälle nichts gestohlen wird. Da die Regierung zu wenig tue, sei sie mitschuldig an dieser blutigen Kampagne. Piet van Rensburg, Chef einer privaten Sicherheitsfirma:

    Piet van Rensburg: Ich habe Berichte von meinen Informanten, wonach hier im Township Sebokeng eine Gruppe militärisch ausgebildet wird, um Farmen zu überfallen.

    In Namibia hat die Regierung ein ambitioniertes Landumverteilungsprogramm beschlossen, wonach eine Viertelmillion schwarzer Namibier auf bisherigem weißen Farmland angesiedelt werden sollen. Ihnen wird in Aussicht gestellt, dort Höfe zwischen eintausend und dreitausend Hektar zu erhalten. Ökonom Wolfgang Werner sieht dies jedoch skeptisch:

    Wolfgang Werner: Die Ministerin, die hat ihren Glauben buchstäblich darin ausgesprochen, dass mit der Umverteilung des kommerziellen Farmlands die Armut nachhaltig gemindert werder kann. Ich persönlich halte das für wesentlich problematischer. Und ich glaube, dass das politische Problem damit gelöst werden muß, dass weiter auf kommerzielles Farmland schwarze Leute angesiedelt werden, die Farmerei als Geschäft betreiben wollen. Denn ich glaube, dass Kleinbauerntum nicht unbedingt zur Erhöhung des Lebensstandards dieser Leute beitragen wird.

    Auch in Simbabwe zieht Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, obwohl selbst Schwarzer, die simple Propaganda Das Land gehört uns – her damit in Zweifel:

    Morgan Tsvangirai: Es ist unmöglich, Land an jeden zu geben, der es haben will. Denn Land ist nicht nur eine emotionale Angelegenheit, sondern auch ein ökonomischer Wert. Man kann doch Land nicht einfach wie Konfetti verteilen.

    Landwirtschaft bringt in Simbabwe 20 Prozent des Bruttosozialprodukts und 40 Prozent der Deviseneinnahmen. Allerdings tragen dazu fast ausschließlich die von Weißen betriebenen kommerziellen Agrarbetriebe bei. In Namibia kommt ein Drittel und im industrialisierten Südafrika ein Zehntel der Exporteinnahmen aus der Landwirtschaft, aber auch hier sind die weißen Höfe diejenigen, die den größten Anteil daran haben.

    Die Ursache dafür ist die unterschiedliche Produktionsweise. Die schwarzen Bauern betreiben im wesentlichen Subsistenzwirtschaft. Das heißt: Sie betreiben Ackerbau und Viehzucht für den Eigenbedarf und eventuell noch für eine lokale Marktproduktion. Außerdem verfügen sie nur jeweils über relativ kleine Flächen. Ihre Rinder- und Ziegenherden wiederum sind durch Wasserstellen und zu kleine Weiden begrenzt. Die weißen Farmen hingegen betreiben von vornherein eine auf den Markt ausgerichtete und weit über den Eigenbedarf hinausgehende Landwirtschaft.

    Wieso machen es die schwarzen Bauern in Afrika nicht ebenso? Vor allem, weil sie kein Geld zum Investieren bekommen. Denn die Banken verlangen bei Krediten die Vorlage einer Besitzurkunde, des Title Deed. Damit verpfänden die Kreditnehmer sozusagen ihren Hof, bekommen Geld für Maschinen und Saatgut, das sie nach der Ernte zurückzahlen. Aber während die Weißen ihren Hof besitzen, haben die schwarzen Bauern über ihren Boden nur eine zeitweilige Verfügungsgewalt. Denn über die Landvergabe entscheidet der Chief, der traditionelle Führer. Er kann den Boden jederzeit wieder an jemand anderen geben. Der simbabwische Großfarmer Ken Drummond umreißt das Problem:

    Ken Drummond: Die Sicherung von Landbesitz ist lebenswichtig, um den Boden zu entwickeln und auch Vertrauen in die Zukunft zu schaffen. Wenn ich keine Besitzurkunde für mein Land hätte, dann würde ich kurzfristig alles nur mögliche tun, um so viel wie möglich herauszuholen und würde so wenig wie möglich investieren. Denn es bleibt ja nicht meins. Wenn man den Leuten keinen Anreiz bietet, etwas aufzubauen, dann bauen sie auch nichts auf – denn es wäre ja am Ende für jemand anderen und nicht für sich selbst.

    Das heißt, eine wirkliche Landreform in Afrika beginnt mit der Parzellierung der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche und der Vergabe von Besitzurkunden. Dies ist der Kernpunkt jeder Landreform. Afrika hat genügend fruchtbaren Boden, um sich nicht nur selbst zu versorgen, sondern auch um jede künftige Hungerkatastrophe auszuschließen. Doch dies verlangt einen sachgerechten Umgang mit dem Boden und eine Marktproduktion. Beides wiederum ist nur möglich, wenn der Bauer langfristig planen und vor allem investieren kann.

    Dies jedoch tut er logischerweise nicht, wenn das Land ihm vom Chief jederzeit wieder weggenommen werden kann. Dann wird der Boden nur ausgebeutet. Ergebnis: Die Erde verarmt immer mehr und bietet noch weniger Menschen eine Ernährungsgrundlage.

    Künftige Hungerkatastrophen sind damit vorprogrammiert. Denn der Boden wird immer schlechter. Die durch ihn zu ernährenden Menschen werden infolge des schnellen Bevölkerungswachstums aber immer mehr. Ohne eine grundlegende Veränderung des gesamten landwirtschaftlichen Produktionssystems in Afrika zerstören die Afrikaner ihren Kontinent – und sich selbst.

    Die Hauptschuld daran tragen die Regierungen. Denn sie sind – in Simbabwe wie auch in Südafrika oder Namibia – an einer wirklichen Landreform nicht interessiert. Sie wollen keine Vergabe von Besitzurkunden, die es den Bauern ermöglichen, ihr Land zu entwickeln und es auch zu vererben oder zu verkaufen. Der Wirtschaftsexperte John Robertson:

    John Robertson: Es ist politisch vorteilhafter für die Regierung, mit Subsistenzbauern zu tun zu haben als mit Landeigentümern. Denn dann wären diese ja in einer völlig anderen Situation. Als Besitzende bräuchten sie den Regierungsleuten weniger Demut entgegenbringen, denn sie wären ja freie und unabhängige Individuen. Doch die meisten afrikanischen Regierungen wollen einfach nicht, dass so etwas geschieht. Das heißt, das angebliche Empowerment des Volkes findet nicht statt. Denn Empowerment beginnt mit Besitz und Kontrolle des eigenen Schicksals und der eigenen Ressourcen.

    Mit anderen Worten: Die Bauern werden ganz gezielt von ihren eigenen Regierungen unterentwickelt gehalten. Denn bislang stützen sich die Herrschenden auf ihre städtische Klientel und deren Interessen sowie auf die Macht der Chiefs auf dem Lande. Die wiederum sagen ihren Leuten, für wen sie bei Wahlen zu stimmen haben. Wenn die Regierungen den Chiefs diese Machtgrundlage der Landverteilung nehmen, dann müssten sie künftig die Interessen der Mehrheit ihres Volkes beachten – also der Landbevölkerung, die im Durchschnitt 80 Prozent ausmacht. Das heißt: Die Regierungen wären so zur Entwicklung ihres Landes gezwungen, meint Robertson:

    John Robertson: Die Leute sagen, dass für die Entwicklung die Regierung zuständig ist. Sie muss kommen und sich engagieren. Doch die ist dazu nicht in der Lage, denn es übersteigt ihre ökonomischen Ressourcen, wirklich zu investieren.

    Drei Millionen Hektar, also mehr als ein Drittel dessen, was die Weißen noch besitzen, ist in den letzten zwanzig Jahren in Simbabwe von der Regierung aufgekauft und an landlose Schwarze gegeben worden. Allerdings blieb das Land in Regierungsbesitz, die Bauern erhielten keine Besitzurkunden.

    Das Hauptproblem ist neben der ausbleibenden gezielten und koordinierten Unterstützung der Neusiedler, dass die Besitz- und damit Produktionsverhältnisse unangetastet blieben. Alles Land in den so genannten communal areas von Simbabwe und Namibia oder den südafrikanischen Homelands ist bis heute entweder in Staatsbesitz oder Trustee Land.

    Sehr gerne verlassen sich die Regierungen auf die internationalen Entwicklungshilfeorganisationen. Diese helfen den kleinen Farmern, indem sie Saatgut zur Verfügung stellen, Brunnen bohren, Bewässerungsprojekte beginnen, Frauen erklären, wie sie Gemüse anbauen und ähnliches mehr.

    Damit aber zementieren die Länder des Nordens die Unterentwicklung anstatt sie zu bekämpfen. Denn an der Grundproblematik, meint Robertson, haben sie nichts geändert: nämlich an der völlig rückständigen Landwirtschaft und der archaischen Produktionsweise.

    John Robertson: Entwicklungshilfe jeder Art erlaubt doch nur, mit einem System und mit Methoden fortzufahren, die ja die Hilfe erst einmal notwendig machten. Entwicklungshilfe beseitigt nicht das Problem, sondern macht die Leute dann von immer weiterer Hilfe abhängig. Sie können sich überall in Afrika umsehen und werden große Projekte finden, die längst nicht mehr funktionieren – weil keiner da war, die Bewässerungspumpen zu warten, die Leitungen zu reparieren oder die Bodenerosion zu stoppen. Denn die Menschen dort halten es nicht für ihre Verantwortung, denn der Boden gehört ihnen ja nicht.

    Als die Weißen vor gut einhundert Jahren in das Gebiet des heutigen Simbabwe kamen, lebten dort 500 000 Menschen. Heute sind es zwölfeinhalb Millionen. Und in gut 20 Jahren werden es über 20 Millionen sein. Damit stehen jetzt schon nur jedem Simbabwer rein rechnerisch maximal drei Hektar landwirtschaftlich nutzbarer Fläche zur Verfügung. Für den erfahrenen Bauern Drummond ist dies Wahnsinn pur.

    Ken Drummond: Wir geben euch hier fünf Hektar, wird gesagt. Aber wenn nur 500 Millimeter Regen im Jahr fällt, dann kann er auf fünf Hektar nicht viel anbauen. Von welchem Nutzen ist also das Land für ihn? Er hätte dann zwar ein Dach über den Kopf, aber das Problem des Überlebens wäre nicht gelöst. Denn er bleibt arm.

    Doch in der Stadt gibt es keine Arbeitsplätze. Die Industrie braucht nur wenige. Fast 90 Prozent der Schulabgänger im südlichen Afrika finden keinen Job. Jedes Jahr. Hier baut sich ein gefährliches Potenzial auf, denn die jungen Leute sind gebildeter als ihre Eltern, wollen sich beweisen – und, was verständlich ist, nicht länger irgendwo nur als Gärtner, Ziegenhirte oder Haushaltshilfe arbeiten.

    Hinzu kommt die Unsicherheit: Was passiert mit den Farmarbeitern auf den weißen Höfen, wenn diese enteignet werden? Das bisherige Umverteilungsprogramm in Simbabwe würde 150 000 schwarze Farmarbeiter arbeitslos machen. Auf den Farmen sollen wiederum 150 000 schwarze Familien angesiedelt werden, um dort als Kleinbauern eine Existenz zu bekommen.

    Neue Arbeitsplätze würden damit also nicht geschaffen. Es ist eine Umverteilung der Umverteilung wegen. So kann die Regierung wenigstens zeigen, dass sie eine Landreform durchführt. In Südafrika warnt der Agrarexperte Richard Miller vor einer gedankenlosen Umverteilung, denn auch auf den weißen Bauernhöfen fließen nicht Milch und Honig.

    Richard Miller: Etwa 20 Prozent der 60 000 weißen Farmer hier bringen 60 Prozent der Agrarproduktion. Und umgekehrt produzieren 60 Prozent der weißen Farmer lediglich 20 Prozent. Viele von denen haben inzwischen Schulden angehäuft, die den Wert ihres Hofes übersteigen. Das heißt, im Prinzip ist die Hälfte der südafrikanischen Bauern eigentlich bankrott.

    In Namibia wiederum haben viele Farmer infolge von ausgebliebenen Regenzeiten schon die Viehzucht aufgegeben. Sie sind auf Wildfarmen umgestiegen. Damit können sie sich weiterhin ein Einkommen sichern - die ausländischen Touristen zahlen beträchtlich, um Giraffen, Zebras und andere Tiere in freier Wildbahn sehen zu können. Diese Ländereien in kleine Parzellen aufzuteilen und Subsistenzfarmern zu übereignen, würde angesichts von erforderlichen zwölf Hektar für ein einziges Rind vielleicht die Leute am Leben halten, aber dem Land keinerlei Deviseneinnahmen mehr bringen.

    Und in Simbabwe ist das Wasser überall ein beträchtliches Problem. Der Bau eines Dammes, das Bohren von Brunnen und die Bewässerung von Ackerfläche kostet. Doch was die kommerziellen Farmer noch aufbringen konnten, werden mittellose Kleinbauern - noch dazu ohne Besitzurkunde und damit ohne Kreditzugang - nicht schaffen. Farmer Mike Clark schüttelt nur den Kopf über Aufteilungspläne seiner Farm, die zur Enteignung vorgesehen ist.

    Mike Clark: Wenn die 15 Familien, die hier angesiedelt werden sollen, wirklich erfolgreiche Landwirtschaft betreiben sollen, so glaube ich nicht, dass dies möglich ist. Denn die Farm ist lang und schmal und geht vom Fluss weg. Diejenigen, die weiter weg sind, haben dann kein Wasser. Alles Wasser kommt vom Fluss. Und der führt auch nicht das ganze Jahr über Wasser. Es wird einfach nicht genügend Wasser da sein.

    Die angestrebte Enteignung hat in Simbabwe noch weitere Konsequenzen: Die dortigen Banken haben aus Angst vor einem drohenden Zusammenbruch ihrer Finanzinstitute die Notbremse gezogen. Die weißen Farmer erhalten nur noch Kredite, wenn sie nachweisen, dass ihre Höfe nicht zur Enteignung vorgesehen sind. Damit stehen zwei Drittel der Farmer vor verschlossen Bankschaltern. Schon jetzt haben sie Schulden in Milliardenhöhe. Wenn sie enteignet werden, dann krachen die Banken, die ihre ausgeliehenen Gelder nicht zurückbekommen. Die dann enteigneten Farmer können nicht zahlen, und der Staat will nicht zahlen. Nach Ansicht von Oppositionsführer Tsvangirai ist die ganze Richtung der Landreform Mugabes falsch:

    Morgan Tsvangirai: Kein Land in der Welt hat sich entwickelt, indem es die Leute aus der Industrie nahm und aufs Land brachte. Die Entwicklung fand statt, weil die Leute vom Land in die Industrie gingen. Und das muss auch bei uns die Strategie sein.

    Auch in der ersten Welt waren zu Beginn der Industrialisierung – wie heute in Afrika – etwa 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft aktiv. Auch sie konnten bei Missernten weder sich selbst noch die Städte versorgen. Heute produzieren in Europa nur wenige Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft mit modernsten Anbaumethoden einen permanenten Überschuss.

    Das heißt: Die angestrebte Enteignung von weißen Agrarbetrieben zugunsten einer rückständigen und unzureichenden Kleinproduktion ist eine ökonomische und damit auch soziale Sackgasse. Die Länder Afrikas brauchen eine wirkliche Landreform – und das bedeutet als erstes die Ausstellung von Besitzurkunden an die Kleinbauern. Dann müsste eine auf die ländliche Entwicklung orientierte Politik der Staatsausgaben folgen sowie gleichzeitig eine Liberalisierung der Wirtschaft, damit in den Städten Arbeitsplätze in der Industrie geschaffen werden. Doch dazu braucht es eine grundlegende Veränderung des mentalen und politischen Vorgehens.