Donnerstag, 28. März 2024

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FCKW-haltige Kühlschränke nach Afrika

Heute früh, sieben Uhr am Schuppen 81 im Hamburger Freihafen - Afrikaterminal. Ein roter Container mit Bestimmungsort Lagos / Nigeria wird von Zoll und Polizei entladen. Der Inhalt: Cirka 150 Kühlschränke und Kühlaggregate, dazwischen einige Fernseher und Radiogeräte. Auf gut Deutsch Schrott, und zwar solcher, der nach deutschem und EU-Recht ordentlich entsorgt werden müsste.

Von Frank Schweikert | 12.07.2001
    Die Umweltschutzorganisation Greenpeace prüft die Geräte auf das klimaschädliche FCKW, sie haben Polizei und Zoll auf die heiße Spur geführt: Campaigner Wolfgang Lohbeck:

    Also rechnerisch passen in so einen Container 176 Kühlschränke rein. Wir haben jetzt mal diesen einen tatsächlich festgehalten und wissen, von welcher Firma er in Berlin kommt und wissen, von wem diese Firma nämlich beliefert wird, und zwar ist das einer der ganz großen Recycler in Deutschland nämlich von der Firma. Wir wissen, dass vom Gelände dieses Entsorgers, der dafür bezahlt wird, dass er die Kühlschränke fachgerecht entsorgt, wöchentlich mehrfach Kleinlaster das Gelände verlassen mit Kühlschränken zu diesen Kleinhändler, die dann nach Schwarzafrika verschifft werden.

    Die Rechnung ist einfach und äußerst lukrativ. Kühlschränke, deren fachgerechte Entsorgung seriös zwischen 30 und 50 Mark kosten würde , werden von den Müll Multis zu Dumpingpreisen von zwölf bis 13 Mark entgegengenommen. Dann, so vermutet Greenpeace, und das hat sich im vorliegenden Fall ja auch bestätigt, werden die Kühlschränke über kleinere Unternehmen für 50 Mark pro Stück nach Afrika verkauft. Mit dem Sondermüll wird also doppelt Kasse gemacht - hochgerechnet über 70 Millionen Mark, wenn man von einer Million illegal entsorgter Kühlschränke pro Jahr ausgeht.

    Aufgeflogen ist der illegale Kühlschrankhandel schon alleine deswegen, weil von den cirka 1,5 Millionen zu entsorgenden Kühlschränken nur ein Bruchteil beim Frankfurter Spezialentsorger Solvay ankommt, alle anderen wandern in abfallrechtlich illegale Kanäle:

    Wolfgang Lohbeck: Zunächst mal kann das nicht stimmen von der Recyclingquote. Nur ein Drittel der FCKW aus den Kühlschränken kommt wirklich in die Spaltanlage an. Es fehlen also mehr als 1 Millionen Kühlschränke jährlich und da kann es sich nicht mehr um Kleinkriminalität oder um einzelne Kühlschränke handeln, die illegal verschifft werden. Das muss im großen Stil passieren.

    Dass die Kühlschränke im großen Stil ins Ausland illegal verschoben werden können, ist nicht zuletzt auch auf eine Gesetzeslücke zurückzuführen, nämlich dass der Staat sich von den Entsorgern nicht dokumentieren lässt, was mit den zu entsorgenden Kühlschränken besser gesagt mit dem klimaschädlichen FCKW denn nachweislich passiert. Denn pro Kühlschrank müssten um die 400 Gramm FCKW fachgerecht entsorgt werden.: Noch einmal Greenpeace Campaigner Wolfgang Lohbeck:

    Recyclingfirmen müssen nachweisen, dass sie diese 400 auch nachweislich abliefern.

    Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen illegaler Müllverbringung, der Zoll ermittelt wegen Bannbruch, das ist ein Verstoß gegen bestehende Ausfuhrverbote. Der Exporteur wird auf seinen Kühlschränken sitzen bleiben, und muss diese fachgerecht entsorgen. Und vielleicht werden die Kühlschränke wieder zu Dumpingpreisen von einem der großen Müllentsorger aufgekauft wieder an einen Hamburger Kleinexporteur weitergeschoben, der abermals versuchen wird, sie für 50 Mark das Stück nach Afrika zu verkaufen.