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FDP im Wahlkampf
Annäherung an die Jungwähler

Wenn Kandidaten für das Europa-Parlament an Schulen Wahlkampf machen, geht es natürlich auch um die Fridays-for-Future-Proteste für mehr Klimaschutz. Der junge Liberale Moritz Körner hat es da nicht immer leicht, denn ausgerechnet sein Parteichef Christian Lindner hat die Schülerdemos kritisiert.

Von Moritz Küpper | 14.05.2019
Kandidaten der Europawahl auf einem Podium vor Schülern
Kandidaten der Europawahl vor Schülern des Getrud-Bäumer-Berufskollegs in Plettenberg (Deutschlandradio / Moritz Küpper)
Die Europa-Hymne schallt durch das Gertrud-Bäumer-Berufskolleg in Plettenberg, im Westen des Sauerlandes. Die Aula der Schule ist gut gefüllt, Podiumsdiskussion zur Europawahl mit den Vertretern der aussichtsreichsten Parteien.
Die Kandidaten von AfD, CDU, FDP, Grüne, Linke und SPD lauschen den Schülerinnen und Schülern.
Steile Parteikarriere in der FDP
Auch Moritz Körner, Spitzenkandidat der FDP in Nordrhein-Westfalen, sitzt auf der Bühne, direkt neben den beiden Moderatorinnen. Jung, smart, ehrgeizig, geht der 28-jährige Körner seinen Weg: Mit 18 in die FDP, mit 23 an die Spitze der Jungen Liberalen in NRW, mit 26 in den Landtag und mit 28 ins Europaparlament? Durch seine gute Listenplatzierung dürfte dies gelingen, im Wahlkampf setzt Körner auch und gerade auf die Jugend, wie er bei der Vorstellung betont:
"Ich bin im Moment Landtagsabgeordneter in Düsseldorf, bin in die Politik gekommen, weil ich gesagt habe: Das will ich nicht den Alten überlassen, ich will auch, dass junge Themen in der Politik eine Rolle spielen."
Eine zweistellige Anzahl an Schulen hat Körner schon besucht - und versucht so, den jungen Menschen, Europa nahe zu bringen:
Kampf um Erstwähler
"Ich habe in meinem Studium einen Erasmus-Aufenthalt in Brüssel gemacht und habe da in einer WG gewohnt, mit sieben anderen Europäern, die kamen aus diesem Europa von dem gleichen Boden und so weiter, von dem die AfD gerade gesprochen hat. Aber gemeinsam, wenn man dann abends zusammengesessen hat, ich gebe zu bei dem einen oder anderen belgischen Bier und über unsere Zukunft gesprochen hat, dann ist es eine gemeinsame, europäische Zukunft."
Körner setzt auf die Jugend, seine Partei aber, die FDP, fremdelt aktuell mit dem Nachwuchs. Auf dem jüngst stattgefundenen Bundesparteitag in Berlin hatte FDP-Chef Lindner noch einmal seine Aussage gegenüber der #Fridays-for-Future-Bewegung erneuert, dass Klimaschutz etwas für Profis sei:
"Wir brauchen die demokratische Auseinandersetzung über Ziele. Das können Politologen, Soziologen, Theologen machen, Ökonomen und Juristen, Schülerinnen und Schüler. Aber wenn es darum geht, den besten technischen Weg der Umsetzung zu wählen, sollten wir wirklich wieder denen vertrauen, die wirklich Ahnung davon haben."
… und Vize Wolfgang Kubicki sogar noch einmal nachgelegt:
"Ich will den Schülerinnen und Schülern nur sagen: Weder der Staat noch meine Frau werden mir jemals verbieten, dass ich ein Steak esse."
"Das ist häufig das Problem an den Debatten, dass sie so zugespitzt werden."
Körner steht im Gerätraum, direkt neben der Aula.
"Lindner-Zitat nicht hilfreich"
"Natürlich ist es so, dass, glaube ich, insgesamt bei jungen Menschen, sie häufig das Gefühl haben, auch in der Urheberrechts-Debatte, dass sie nicht so richtig ernst genommen werden. Da war, glaube ich, das Zitat von Christian Lindner nicht hilfreich. Ich glaube, so meinte er es auch nicht, aber ein Stück weit müssen wir eben jungen Menschen auch emphatisch aufnehmen und da auch ihre Anliegen sehr ernst nehmen."
Sein Gefühl, seine Erfahrung im gerade laufenden Wahlkampf: Es gebe Fragen dazu - und sobald er auf Interesse stoße und Zeit für Erklärungen habe, komme die FDP nicht so schlecht weg. Aber: Wahlkampf, das ist eben auch Zuspitzen, da fehlt oft die viel gewünschte Zeit - und der FDP scheinbar die emotionale Verbindung zur Jugend:
"Wir lassen uns häufig, weil wir den Grünen nicht im Weg zustimmen, mit Verboten und Steuern und so weiter, im Detail lenken. Und weil wir das ablehnen, lassen wir uns häufig in den Eindruck drängen, wir wären gar nicht im Ziel einer Meinung. Das Ziel, dass wir zu den Pariser Klimaschutz-Abkommen stehen und so weiter, ist ungefragt, wir müssen eigentlich über den Weg streiten. Und das ist ein stückweit emphatischer zu kommunizieren, ist auch Aufgabe im Europawahlkampf."
Die "Mondays for Economy", die sein Parteichef ins Spiel gebracht hatte, sind damit wohl nicht gemeint. Körner schmunzelt - zuckt mit den Achseln:
"Brauchen wir Mondays for Economy‘? Es ist natürlich auch zugespitzt und so. Ich finde, das gehört auch zur Debatte vielleicht dazu. Und ja, wenn wir in die wirtschaftliche Debatte reinschauen, die wir mittlerweile haben, dann haben wir jetzt keine große Frage um Arbeitsplätze und so weiter, aber ich glaube, das ist ein Thema, dem Politik sich auch stellen muss, insbesondere auch im Europawahlkampf."
Emotionaler Auftritt
Im Berufskolleg in Plettenberg, ist das aber kein Thema. Es läuft ganz gut für Körner und seine Partei. Hier, an dieser Schule, findet freitags Unterricht statt. Hier geht es eher darum, den europa-skeptischen Tönen der AfD zu wiedersprechen, die deren Kandidat hier anschlägt:
"… an der Basis fehlt es und oben wird es rausgeschmissen, vielen Dank."
"Sorry, das kann ich so nicht stehenlassen. Er hat nicht einen Vorschlag gemacht, wie man Euch oder Eure Jobs besser wertschätzen kann, er hat nur beschrieben, wie viel Geld da ausgegeben wird. Er hat da gerade nur Politiker-Bashing betrieben, er hat keinen Vorschlag gemacht. Wo sind die Vorschläge der AfD?
Körners Wutanfall findet Anklang - und Emotionen, das weiß er, kommen an im Wahlkampf. Auch wenn Körner selbst - Beispiel Klimadebatte, Beispiel Profi-Äußerungen von FDP-Chef Lindner - manchmal lieber erklären möchte.