Freitag, 19. April 2024


Februar 2013: Druckreif?

Im Februar ist »lyrix« zu Gast im Museum für Druckkunst in Leipzig. Als Anregungen dienen diesen Monat die Druckmaschine "Gudrun" und ein Gedicht des zeitgenössischen Lyrikers Daniel Falb.

01.02.2013
    Heute, im Zeitalter der Internet- und Smartphonenutzung, verbreiten sich Informationen in Windeseile. Dies war nicht immer so. Von der Erfindung des Buchdrucks bis hin zur Entwicklung leistungsfähiger und schneller Druckmaschinen hat es mehr als 400 Jahre gedauert. Erst in den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Geschwindigkeit, mit der sich Nachrichten in den Massenmedien verbreiten, um ein Vielfaches gesteigert.

    Ein Beispiel für den technischen Fortschritt der Massenmedien steht im Museum für Druckkunst in Leipzig. Die vom Hersteller auf den Namen Gudrun getaufte Buchdruckmaschine aus dem Jahre 1939 war und ist in der Lage, mehr als 2000 Bogen pro Stunde zu bedrucken.

    Mit der Entwicklung immer schnellerer Druckmaschinen wuchs die Einflussmöglichkeit der freien Presse und das Spannungsfeld von "Meinungsfreiheit und Zensur" bekam eine neue Relevanz, dies ganz besonders in totalitären Regimen. Auch das Herstellungsdatum der "Gudrun" (1939) verweist auf ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, in dem Massenmedien gezielt zu Propagandazwecken eingesetzt wurden.

    Aber auch heute muss längst nicht alles wahr sein, was wir im Fernsehen sehen. Glauben wir alles, was uns in den Medien vermittelt wird? In unserem Februargedicht überrascht der Lyriker Daniel Falb mit der Schlusszeile: "wir sahen die tagesschau, die terroristen waren wirklich gut gemacht." und stellt so die Frage nach der Glaubwürdigkeit dessen, was wir im Fernsehen sehen.

    Ein weiterer Aspekt tritt im Vergleich von historischer Druckmaschine und heutigen Produktionstechniken zutage: Die Produktion der einzelnen Inhalte hat sich durch die digitale Medienwelt radikal verändert. Auch vor der Digitalisierung hat es Manipulationen von Nachrichten oder Bildern gegeben, aber noch nie waren die Möglichkeiten, Informationen zu verändern, so vielfältig wie heute. Es wird immer schwieriger nachzuvollziehen, wie und wo Informationen entstanden sind, ob sie authentisch sind oder ob sie manipuliert wurden?

    Wie auch immer ihr euch dem Februarthema nähert, wir freuen uns über euer Gedicht.

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    Daniel Falb wurde 1977 in Kassel geboren und lebt seit 1998 in Berlin. Studium der Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaften. Promotion in Philosophie 2012.
    Seit 2001 veröffentlicht er Lyrik in Anthologien und Zeitschriften. Gedichtbände: "die räumung dieser parks" (2003) und "bancor" (2009), beide bei kookbooks. Falb wurde u.a. mit dem Lyrikdebütpreis des Literarischen Colloquiums Berlin 2005 ausgezeichnet.


    umgeworfene bmws, genaue beschreibung der sachschäden
    im tageslicht und so viel tourismus. ich sah überall muskeln
    und durch die gesten hindurch auf das meer. ein paar tage lang
    hieß die animateurin beate, dann blieb sie plötzlich weg und alle
    ahnten etwas. im hotelzimmer gab es kabelfernsehen, wir
    sahen die
    tagesschau, die terroristen waren wirklich gut gemacht.

    (aus: Daniel Falb, die räumung dieser parks. Gedichte. kookbooks Verlag, Idstein 2003. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des kookbooks Verlags.)

    Das Besondere am Museum für Druckkunst ist die Art der Sammlungspräsentation. Die Maschinen und Pressen werden nicht als stumme Zeugen ihrer Zeit präsentiert, sondern führen die Arbeitsmethoden in lebendiger Form praktisch vor. Buchdrucker, Schriftsetzer und ein Schriftgießer weihen Besucher in die Geheimnisse der "Schwarzen Kunst" ein.


    Das Unterrichtsmaterial zum Thema "druckreif?" finden Sie hier.
    Druckmaschine "Gudrun"
    Druckmaschine "Gudrun" (Museum für Druckkunst Leipzig)
    Daniel Falb
    Daniel Falb (Daniel Falb)
    Museum für Druckkunst Leipzig
    Museum für Druckkunst Leipzig (Museum für Druckkunst Leipzig)