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Fed-Konjunkturbericht
Fluch und Segen des billigen Öls

Die Arbeitslosenquote in den USA ist so niedrig wie seit 2008 nicht mehr. Die Wirtschaft wächst und die ersten Unternehmensergebnisse dieser Berichtssaison sahen gut aus. Die US-Wirtschaft scheint zu brummen – ein Bundesstaat macht der Notenbank allerdings Sorgen.

Von Miriam Braun | 15.01.2015
    Ein Händler an der New Yorker Börse
    Ein Händler an der New Yorker Börse (dpa / picture-alliance /Justin Lane)
    Die Wirtschaft wächst in den meisten US-Regionen mäßig bis bescheiden. So ist es dem neusten Beige Buch, dem Konjunkturbericht der zwölf US-Notenbanken zu entnehmen. Für das kommende Jahr erwarte man jedoch weiterhin ein Anziehen des Wachstums. Auch wenn "bescheiden" noch steigerungsfähig ist, steht der Bericht im Einklang mit den Erwartungen, die man an der Wall Street bereits vorab hatte. Mark Kiesel von der Investmentfirma Pimco im Gespräch mit dem Nachrichtensender Bloomberg:
    "Die Notenbank wird wohl dieses Jahr die Zinsen anheben. Die niedrigen Ölpreise tun der Wirtschaft gut, die Bilanzen der Unternehmen sehen gut aus, der Arbeitsmarkt. Wirtschaftlich haben wir die weltweite Führung übernommen und können allmählich steigende Zinsen vertragen."
    Mit in der Liste: Der unentwegt fallende Ölpreis. Der bedeute günstige Energie für Unternehmen und günstigen Sprit für Konsumenten - die ihre gesparten Dollar dann wieder für andere Dinge ausgeben. Ein kostenloses Konjunkturpaket, mehr als eine Billionen Dollar schwer, haben Analysten der Citigroup errechnet. Der Realitätsabgleich erreichte ebenfalls gestern das Parkett. Die Umsätze im Einzelhandel sind im Dezember trotz billigem Benzin um 0,9 Prozent eingesackt. In jedem Fall gehörig unter Druck: die US-Energie-Industrie.
    Zeitsprung: Robert McNally, ehemaliger Energieberater des Weißen Hauses vor drei Monaten im Interview mit dem Energienachrichtendienst Platts:
    "Den Schätzungen der internationalen Energie-Behörde zufolge müsste der Preis so tief wie 50 Dollar liegen und das für mindestens ein Jahr, bevor man in den USA die Schieferölproduktion runterfährt. Die meisten anderen Schätzungen schwanken zwischen 80 und 50 Dollar, als Preis."
    Texanische Wirtschaft besorgt Währungshüter
    Damals machte ein Preis von rund 80 Dollar pro Barrel die Industrie bereits gehörig nervös – weniger als 50 Dollar pro Barrel, wie wir sie heute haben, waren noch Zukunftsmusik.
    Denn ab wann sich das teure horizontale Bohren nicht mehr lohnt, hängt von Region zu Region, von Bohrloch zu Bohrloch ab. Der texanische Ölförderer WBH Energy ist gerade pleite gegangen. Viele andere haben Produktionen und Investitionen auf Halt gestellt. Verkaufen Geschäftszweige, fusioniern und entschlacken. Marktbereinigung wie im Ökonomie-Buch.
    Das Wachstum im Bundesstaat Texas ist auch in dem Beige Buch das Sorgenkind. Die Dallas Notenbank vermeldet einen pessimistischeren Ausblick. Zudem sind die meisten Firmen verschuldet. 13 Prozent des 1,3 Billionen Dollar schweren US-Marktes für sogenannte Hochzinsanleihen machen Anleihen aus dem Energiesektor aus. Im englischen Fachjargon: Junk Bonds, hohe Renditen für hohes Risiko. Deborah Rogers hat die texanische Notenbank in der Vergangenheit beraten:
    "Sie werden auch ihre Gläubiger nicht mehr bedienen können, wenn sie weniger produzieren. Das wird weitere Firmen aus dem Markt rausschütteln."
    Und das hohe Risiko sind Investoren eingegangen weil es in einer Welt mit niedrigen Leitzinsen weniger lukrative Anlagemöglichkeiten gibt. Niedrige Leitzinsen der US-Notenbank.