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Fernsehen
Post-Apokalypse in Serie

Das Genre des Endzeit-Films gibt es schon lange. Aber jetzt erscheinen immer mehr Fernsehserien, die sich mit der Frage beschäftigen, wie Menschen nach einer Katastrophe leben oder leben würden. Die Frage, wie es zum Untergang kam, wird gar nicht erst gestellt - denn es ist klar: Die Probleme haben wir selbst verursacht.

Von Hendrik Efert | 22.09.2014
    Ein Kalenderblatt liegt am 11.12.2012 in Stuttgart (Baden-Württemberg) so aufgeschlagen, dass man das Blatt vom 21. Dezember sehen kann.
    Am 21.Dezember 2012 sollte Weltuntergang sein. (picture alliance / dpa - Franziska Kraufmann)
    Die Welt ist nicht mehr die, die sie mal war. Die Gründe dafür sind vielfältig:
    "Gehen Sie nicht in die Stadt, weil sie jetzt den Beißern gehört."
    "As to the instantaneous disappearance of 2 percent of the worlds population."
    "80 Prozent der Weltbevölkerung sind infiziert."
    Was all den ganz unterschiedlichen post-apokalyptischen Erzählungen gemein ist: Die wenigen Überlebenden müssen nun in dieser neuen Ordnung bestehen. Einfache Werte stehen jetzt wieder im Vordergrund, müssen verteidigt oder ganz neu ausgehandelt werden.
    "Aber damit eines klar ist: Wenn ihr bleibt, ist das Ganze hier keine Demokratie mehr!"
    Schon lange existiert das Genre des Endzeitfilms. Nun aber geht das Leben nach dem Untergang in Serie. Der Trend zur post-apokalyptischen Serie kommt nicht von ungefähr:
    "Es gibt eine Menge Ängste in der Welt, deswegen sind solche Projekte gerade so angesagt."
    Chris Carter produziert gerade für Amazon "The After", eine post-apokalyptische Serie um eine Gruppe Menschen, die, so die vage Ankündigung, in einer rätselhaften Welt voller Gewalt überleben muss. Nachdem Amazon die Pilotfolge bereits online gezeigt hat, wird der Rest der Staffel Anfang kommenden Jahres online gehen.
    "Eine Wegmarke war der 21. Dezember 2012, als der Maya-Kalender den Weltuntergang vorsah. Da lag schon Nervosität in der Luft, weil das so real war. Mich hat das dazu bewegt, mal etwas über ein weltveränderndes Event zu machen."
    So Carter gegenüber der US-amerikanischen Fernsehzeitschrift "TVGuide". Nie wurden mehr post-apokalyptische Serien produziert oder ausgestrahlt als derzeit. Darunter auch massentaugliche Welterfolge wie die Zombie-Saga "The Walking Dead". Seit 2010 zeigt die Serie, basierend auf Robert Kirkmans Comicbuchreihe, wie sich eine Gruppe Überlebender in einer Welt voller Zombies durchschlägt. Einer Welt, in der wieder der Stärkere überlebt, oder auch der, der am besten schießt.
    "Ich bin kein Fan von The Walking Dead", sagt Sarah Juliet Lauro von der Clemson-University im US-Bundesstaat South Carolina. Sie ist Expertin für Zombies und Post-Apokalyptisches.
    "Diese Serie ist mir einfach zu waffenverliebt. Sie suggeriert: Wir brauchen Waffen, um uns zu verteidigen. Viele The-Walking-Dead-Fans kommen aus diesem politischen Lager."
    Dennoch oder gerade deshalb ist die Serie so erfolgreich, dass nun eine Companion Series produziert wird – also eine zweite Serie um eine andere Gruppe Überlebender zur gleichen Zeit nur an anderem Ort. Ausstrahlungsbeginn in den USA: voraussichtlich nächstes Jahr.
    Höchst anspruchsvoll dagegen: die neue HBO-Serie "The Leftovers". Sie beginnt mit einer Katastrophe von biblischem Ausmaß. Plötzlich und unerwartet verschwinden zwei Prozent der Weltbevölkerung: schlechte und gute Menschen, Kinder, der Papst und andere Popstars. Dabei geht es in der Serie nicht um das Verbleiben der zwei Prozent, so Sarah Juliet Lauro:
    "Es geht um das Überleben inmitten einer Tragödie. Die Frage lautet nicht mehr: 'Wie lässt sich die Katastrophe abwenden?' Sondern: 'Wie komme ich nach dem Unglück zurecht?'"
    Die Katastrophe ist für all die neuen Serien nur der Beginn, der Auslöser - das Danach spielt die große Rolle.
    "Das ist ein grundlegender Richtungswechsel: Wir erkennen an, dass wir all diese Probleme - seien es die wirtschaftlichen, die politischen oder der Klimawandel - selbst verursacht haben."
    Post-apokalyptisch auch: Michael Bays Serie "The Last Ship". Ein unbekannter tödlicher Virus hat über Dreiviertel der Weltbevölkerung befallen. Die Besatzung eines Navy-Zerstörers versucht ein Gegenmittel zu finden und zu überleben.
    "Auf diesem Schiff ruht die Hoffnung der Menschheit!"
    Die Serie ist actionlastig und zeigt eher eindimensionale Charaktere.
    "Die Mission geht vor."
    Es gibt erhebliche Qualitätsunterschiede - auch im Genre der Post-Apokalypse. Was aber womöglich alle verbindet: Die unsichere Realität beschert den Serienmachern Massen von Zuschauern. Denn die genießen es, den Protagonisten dabei zuzusehen, wie sie sich nicht unterkriegen lassen. Aber es ist wohl noch mehr. Sarah Juliet Lauro von der Clemson University:
    "Das ist schon seltsam, dass uns das so anfixt. Wir müssen uns ernsthaft fragen: Was geht eigentlich gerade ab, dass die Post-Apokalypse uns so extrem anspricht?"