Thilo Sarrazin hat viel Geld verdient in den vergangenen Monaten. Nach wie vor sind seine Veranstaltungen gut besucht. Und immer wenn das Interesse der Öffentlichkeit zu erlahmen beginnt, passiert etwas. Mal wird angeblich die Gattin gemobbt, ein anderes Mal wird er zu Anne Will eingeladen. Und siehe da: Die Reflexe funktionieren. Flüchtlinge aus Nordafrika werden in Sarrazins Welt sofort zu Flüchtlingswellen.
" Auf jeden, der zu uns kommt, werden Schlepper weitere acht zu uns bringen. "
Doch der Prophet der exakten Zahlen kommt nach kurzem Nachdenken zu dem Schluss: Es könnte auch eine Flüchtlingsflut geben.
"Für jeden, der kommt, kommen zehn weitere."
Später in der Talkshow erhöht Sarrazin auf 20, was im entstandenen Sendungstumult fast untergeht.
Jedenfalls hat er es geschafft: Er ist wieder im Gespräch vor dem Beginn seines Parteiausschlussverfahrens.
Das ist umstritten. Nicht zuletzt in der SPD selbst. Das weiß natürlich auch Berlins Vize-SPD-Chef Mark Rackles. Er und die anderen Genossen der Parteiführung halten das Verfahren aber nach wie vor für richtig.
"Das ist ja eine lange Genese von den Thesen Herrn Sarrazins, die jetzt praktisch gipfelten und ihren Extrempunkt erreichten, in dieser Publikation und den begleitenden Kampagnemaßnahmen in Spiegel und Bild, die er ja durchaus mit befeuert hat."
Mit "dieser Publikation" ist Thilo Sarrazins Bestseller: "Deutschland schafft sich ab" gemeint. Doch schon im Jahr 2009, als es dieses Buch noch nicht gab, appellierte Mark Rackles an Thilo Sarrazin, die SPD zu verlassen. Schon damals wurde Sarrazin Hetze gegen Migranten vorgeworfen. Weswegen er nach Ansicht vieler in der SPD zur Bundesbank weggelobt wurde. Man kann also davon ausgehen, dass Rackles nicht unzufrieden wäre, käme es zum Parteiausschluss.
"Wir wären zufrieden - glücklich, ehrlich gesagt. Denn Thilo Sarrazin kann natürlich jederzeit seine Meinung vertreten. Es geht nicht darum, dass wir die Meinungsfreiheit beschneiden wollen. Wir wollen nur nicht, dass bestimmte Thesen, besonders drastische Thesen mit der SPD - sowohl im Bund als auch in Berlin verbunden werden."
Es sind Sarrazins Thesen. Wie die der genetischen Disposition von Muslimen für mangelnde Intelligenz. Seine Ansichten von der praktischen Wertlosigkeit der Leistungen türkischer und arabischer Migranten oder von der Überfremdung durch eine geradezu fantastische Fruchtbarkeit in Sozialsystemen schmarotzender Ausländerfamilien.
"Er soll zu Hause diese Thesen mit seiner Frau austauschen - oder mit sonst wem. Aber nicht als SPD-Funktionär oder ehemaliger hochrangiger SPDler."
Aber wird die Basis dieser Ansicht folgen? Oder droht der SPD die Marginalisierung, wie manche im Falle eines unfreiwilligen Ausscheidens des eigenwilligen Ex-Senators unken.
Am Abend vor Beginn des Ausschlussverfahrens treffen sich mitten im Problemstadtteil Wedding Jungsozialisten und ältere Genossen im Kurt-Schumacher Haus. Eigentlich ist ihr Thema die Globalisierung, was gar nicht so schlecht zu der Auseinandersetzung mit Sarrazin passt.
Ist das Verfahren gerechtfertigt? Ja, sagt voller Überzeugung der Juso Matthias.
"Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit dafür ist, dass es ein Verfahren gibt. Die Jüngeren auf jeden Fall. Und bei der älteren Generation glaube ich, dass da auch eine Mehrheit dafür ist. "
Einer aus dieser älteren Generation sagt allerdings ein klares:
"Nein."
Der erfahrene Genosse möchte seinen Namen nicht nennen, hat aber für seine Ablehnung des Verfahrens gegen Thilo Sarrazin eine Begründung.
"Er sagt seine Meinung. Millionen sind dafür. 1,5 Millionen Bücher verkauft!"
Diese Millionen können doch nicht irren, und außerdem habe ja auch Helmut Schmidt eine Lanze für Sarrazin gebrochen. Sollte aber Letzerer am Ende doch aus der Partei fliegen, dann weiß der ältere Genosse bereits jetzt, was er dann tun wird.
"Dann trete ich aus."
Henriette, auch sie bei den Jusos, käme nicht auf den Gedanken, so zu reagieren. Aber auch sie hat Bedenken.
"Ich bin mir da nicht ganz sicher, ehrlich gesagt, ob das ein gutes Signal nach außen ist, wenn man immer gleich über einen Parteiausschluss spricht. Ich finde, man sollte das eher nutzen, um eine ehrliche Debatte zu führen zu dem Thema - aber ob der Ausschluss richtig ist, weiß ich nicht."
Ganz offensichtlich ringt die Jungsozialistin mit sich und ihrer Meinungsbildung. Dieser Mühe unterziehen sich nicht alle. Im Internet überschlagen sich die Fans Sarrazins in Ehrerbietung für den vermeintlich mutigsten Politiker Deutschlands. Seinen Feinden bietet man in Chatrooms und in Foren die Stirn. Hier ein Auszug aus einem sogenannten Gästebuch:
Eintrag in ein Thilo-Sarrazin-Fan-Gästebuch
Natürlich hat Sarrazin Recht. Was sonst? Weg mit der kommunistischen Einheitspresse in Deutschland. Weg mit der GEZ. Dann vergeht denen das blöde Geschwätz. Wir dürfen diese verlausten ... durchfüttern und lassen uns von denen noch zum Narren halten. Dazu noch rund um die Uhr beschimpfen. Sarrazin for President. Sofort.
Der Wunsch, der ehemalige Bahner und Banker möge - Zitat - die Zügel des Vaterlandes in die Hand nehmen, wird im Internet immer wieder geäußert.
Warum gründet Sarrazin keine Partei. Ich und meine Frau wären dabei.
Da sich das Parteiverfahren, wenn es durch alle Instanzen geht, noch bis Mitte des nächsten Jahres hinziehen kann, ist weiter mit ähnlichen Gefühlsausbrüchen zu rechnen.
Interessant ist die Reaktion der Migranten. Vor allem junge Leute winken mittlerweile ab und kümmern sich um ihre Integration - auf ihre Weise. Sie verfassen zum Beispiel ein Manifest der Vielen und singen es:
Wir leben heute schon, in der Welt von Morgen. Tanz den Sarrazin, macht Dir keine Sorgen. Wir gehen oder bleiben. Ich bin hier. Irgendwann integrier ich mich mit dir ... ...
" Auf jeden, der zu uns kommt, werden Schlepper weitere acht zu uns bringen. "
Doch der Prophet der exakten Zahlen kommt nach kurzem Nachdenken zu dem Schluss: Es könnte auch eine Flüchtlingsflut geben.
"Für jeden, der kommt, kommen zehn weitere."
Später in der Talkshow erhöht Sarrazin auf 20, was im entstandenen Sendungstumult fast untergeht.
Jedenfalls hat er es geschafft: Er ist wieder im Gespräch vor dem Beginn seines Parteiausschlussverfahrens.
Das ist umstritten. Nicht zuletzt in der SPD selbst. Das weiß natürlich auch Berlins Vize-SPD-Chef Mark Rackles. Er und die anderen Genossen der Parteiführung halten das Verfahren aber nach wie vor für richtig.
"Das ist ja eine lange Genese von den Thesen Herrn Sarrazins, die jetzt praktisch gipfelten und ihren Extrempunkt erreichten, in dieser Publikation und den begleitenden Kampagnemaßnahmen in Spiegel und Bild, die er ja durchaus mit befeuert hat."
Mit "dieser Publikation" ist Thilo Sarrazins Bestseller: "Deutschland schafft sich ab" gemeint. Doch schon im Jahr 2009, als es dieses Buch noch nicht gab, appellierte Mark Rackles an Thilo Sarrazin, die SPD zu verlassen. Schon damals wurde Sarrazin Hetze gegen Migranten vorgeworfen. Weswegen er nach Ansicht vieler in der SPD zur Bundesbank weggelobt wurde. Man kann also davon ausgehen, dass Rackles nicht unzufrieden wäre, käme es zum Parteiausschluss.
"Wir wären zufrieden - glücklich, ehrlich gesagt. Denn Thilo Sarrazin kann natürlich jederzeit seine Meinung vertreten. Es geht nicht darum, dass wir die Meinungsfreiheit beschneiden wollen. Wir wollen nur nicht, dass bestimmte Thesen, besonders drastische Thesen mit der SPD - sowohl im Bund als auch in Berlin verbunden werden."
Es sind Sarrazins Thesen. Wie die der genetischen Disposition von Muslimen für mangelnde Intelligenz. Seine Ansichten von der praktischen Wertlosigkeit der Leistungen türkischer und arabischer Migranten oder von der Überfremdung durch eine geradezu fantastische Fruchtbarkeit in Sozialsystemen schmarotzender Ausländerfamilien.
"Er soll zu Hause diese Thesen mit seiner Frau austauschen - oder mit sonst wem. Aber nicht als SPD-Funktionär oder ehemaliger hochrangiger SPDler."
Aber wird die Basis dieser Ansicht folgen? Oder droht der SPD die Marginalisierung, wie manche im Falle eines unfreiwilligen Ausscheidens des eigenwilligen Ex-Senators unken.
Am Abend vor Beginn des Ausschlussverfahrens treffen sich mitten im Problemstadtteil Wedding Jungsozialisten und ältere Genossen im Kurt-Schumacher Haus. Eigentlich ist ihr Thema die Globalisierung, was gar nicht so schlecht zu der Auseinandersetzung mit Sarrazin passt.
Ist das Verfahren gerechtfertigt? Ja, sagt voller Überzeugung der Juso Matthias.
"Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit dafür ist, dass es ein Verfahren gibt. Die Jüngeren auf jeden Fall. Und bei der älteren Generation glaube ich, dass da auch eine Mehrheit dafür ist. "
Einer aus dieser älteren Generation sagt allerdings ein klares:
"Nein."
Der erfahrene Genosse möchte seinen Namen nicht nennen, hat aber für seine Ablehnung des Verfahrens gegen Thilo Sarrazin eine Begründung.
"Er sagt seine Meinung. Millionen sind dafür. 1,5 Millionen Bücher verkauft!"
Diese Millionen können doch nicht irren, und außerdem habe ja auch Helmut Schmidt eine Lanze für Sarrazin gebrochen. Sollte aber Letzerer am Ende doch aus der Partei fliegen, dann weiß der ältere Genosse bereits jetzt, was er dann tun wird.
"Dann trete ich aus."
Henriette, auch sie bei den Jusos, käme nicht auf den Gedanken, so zu reagieren. Aber auch sie hat Bedenken.
"Ich bin mir da nicht ganz sicher, ehrlich gesagt, ob das ein gutes Signal nach außen ist, wenn man immer gleich über einen Parteiausschluss spricht. Ich finde, man sollte das eher nutzen, um eine ehrliche Debatte zu führen zu dem Thema - aber ob der Ausschluss richtig ist, weiß ich nicht."
Ganz offensichtlich ringt die Jungsozialistin mit sich und ihrer Meinungsbildung. Dieser Mühe unterziehen sich nicht alle. Im Internet überschlagen sich die Fans Sarrazins in Ehrerbietung für den vermeintlich mutigsten Politiker Deutschlands. Seinen Feinden bietet man in Chatrooms und in Foren die Stirn. Hier ein Auszug aus einem sogenannten Gästebuch:
Eintrag in ein Thilo-Sarrazin-Fan-Gästebuch
Natürlich hat Sarrazin Recht. Was sonst? Weg mit der kommunistischen Einheitspresse in Deutschland. Weg mit der GEZ. Dann vergeht denen das blöde Geschwätz. Wir dürfen diese verlausten ... durchfüttern und lassen uns von denen noch zum Narren halten. Dazu noch rund um die Uhr beschimpfen. Sarrazin for President. Sofort.
Der Wunsch, der ehemalige Bahner und Banker möge - Zitat - die Zügel des Vaterlandes in die Hand nehmen, wird im Internet immer wieder geäußert.
Warum gründet Sarrazin keine Partei. Ich und meine Frau wären dabei.
Da sich das Parteiverfahren, wenn es durch alle Instanzen geht, noch bis Mitte des nächsten Jahres hinziehen kann, ist weiter mit ähnlichen Gefühlsausbrüchen zu rechnen.
Interessant ist die Reaktion der Migranten. Vor allem junge Leute winken mittlerweile ab und kümmern sich um ihre Integration - auf ihre Weise. Sie verfassen zum Beispiel ein Manifest der Vielen und singen es:
Wir leben heute schon, in der Welt von Morgen. Tanz den Sarrazin, macht Dir keine Sorgen. Wir gehen oder bleiben. Ich bin hier. Irgendwann integrier ich mich mit dir ... ...