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Fertigung für die Luxusklasse
Vom Münsterland auf die Weltmeere

Ein kleines Unternehmen aus dem Münsterland fertigt Inneneinrichtungen für Luxus-Jachten und Apple-Stores aus Edelstahl und nachwachsenden Materialien. Einige der Fertigungstechniken der Metall-Design-Manufaktur sind patentiert. Das hat sich bei Topdesignern und Architekten herumgesprochen.

Von Annette Eversberg | 24.02.2017
    Von der Werft Nobiskrug in Kiel gebaute Segelyacht. Mit einer Länge von 142,81 Metern gilt sie als die größte Segelyacht der Welt. Eigner ist der russische Oligarch und Milliardär Andrey Melnichenko. Designer ist Philippe Starck, der bereits Melnitschenkos Motoryacht hat.
    Die Kieler Werft Nobiskrug hat die weltgrößte Segeljacht auf Gibraltar festsetzen lassen. Grund: Ein eine offene Rechnung über 15 Millionen Euro. (imago / TheYachtPhoto.com / Andreas Jens)
    Ein Bild von einer Treppe, die an Monte Carlo und seine Luxusjachten erinnert: Doppelt geschwungen, glänzendes Metall, ein Geländer aus metallenen Blättern, die sich kunstvoll umeinander ranken. Über fünf Etagen. In einer Dimension, die sich nur die Millionäre und Milliardäre dieser Welt leisten können. Jürgen Polenz von der Metall Design Manufaktur aus Lüdinghausen und seine Mitarbeiter machen es möglich.
    "Wir sind hier gerade in unserer Technikabteilung. Wir machen im Bereich Jachtbau, Außengeländer, alles, was im Prinzip aus Edelstahl ist. Wir machen aber auch diesen hochsensiblen Innenbereich. Treppenprojekte, die wir dann haben."
    Entwürfe für eine Jacht von 6.000 qm Wohnfläche
    Im Hintergrund summen die Computer. Eine ganze Wand ist mit Zeichnungen tapeziert. Darauf zu sehen sind die Aufrisse der Luxusjacht, für die die Mitarbeiter der Metall Design Manufaktur die zweifach geschwungene Treppe konstruieren. Passend zu den unglaublichen 5.000 bis 6.000 Quadratmetern Wohnfläche, die dieses Schiff einmal haben wird. Mindestens 136 Millionen Euro wird die Luxusjacht kosten. Jürgen Polenz nimmt eine Zeichnung in die Hand, auf der nur das zu sehen ist, was in Lüdinghausen gefertigt wird. Sie zeigt unter anderem die Rehling, die Treppe und sogar einen Hubschrauberlandeplatz aus Metall.
    "Das ist einer der ersten Vorentwürfe. Und das ist das, was wir aktuell bauen. Und zwischen diesem Vorentwurf und dem, was wir hier aktuell machen, liegen eineinhalb Jahre, sodass wir die Interpretation so umsetzen, dass es auch gebaut werden kann," sagt Bernd Eggenstein, zuständig für die Konstruktion und neben Firmengründer Jürgen Polenz der zweite Kopf des Unternehmens.
    Von der Zeichnung zum Computermodell und in die Produktion
    Eine Treppe tiefer arbeitet der technische Systemplaner Justin Sommer am Computer. Auf seinem Display erscheinen dreidimensionale Modelle. "Wir bereiten die Fertigungsteile vor", erklärt er: "Wir haben ein System, das rein aufs Stecken und Schrauben bezogen ist. Auch nicht sichtbare Teile müssen funktionieren."
    Sein Kollege auf der anderen Seite des Großraumbüros gibt vom Computer aus die Kommandos an eine Maschine, die nebenan in der lang gestreckten Produktionshalle steht.
    In der Produktionshalle wird nicht gesägt, gehämmert und gestanzt. Hier wird Metall mithilfe eins Laserstrahls geschnitten, erklärten Firmenchef Jürgen Polenz:
    "Die Teile, die wir gerade gesehen haben, die am Computer generiert worden sind, sind hier als Dateien rübergeschickt worden, an die Maschine direkt und werden hier in einem Optimierungsprogramm gespeichert, sodass man sogar den Materialverschnitt noch mal optimiert. Dann kann man sehr, sehr viel Geld sparen."
    So entstehen die Teile für das florale Muster der Treppe für die Luxusjacht, die luxuriösen Swimmingpools und sogar für Kunstwerke aus Metall.
    Im Bereich hinter der Lasermaschine steht er nun: Der erste Abschnitt der Treppe für die Luxusjacht, die später einmal über fünf Etagen reichen wird. Die Blätter aus Metall sind jetzt genauso gebogen wie der Handlauf. Mit enormer Präzision, wie Jürgen Polenz sagt:
    "Wir sind ganz im Ursprung mal auf dem Schiff gewesen und haben mit dem Laser die Örtlichkeiten auf den Millimeter genau gemessen. Daraus generieren wir Schablonen, die wir hier eins zu eins wieder aufbauen. Und dann befreien wir uns von dem Umfeld und bauen auf dieser Schablone unser Geländer drauf. Nur so können wir arbeiten."
    Apple-Stores aus der westfälischen Provinz
    Mit der gleichen Genauigkeit und überwiegend in Handarbeit baut der Metall-Design-Betrieb aus Lüdinghausen auch Stores für Hermès, Louis Vuitton, Burberry oder Dior und natürlich Apple. Das dem Börsenwert nach teuerste Unternehmen der Welt hat seinen Ladeneinrichter in der westfälischen Provinz gefunden. Darauf ist Jürgen Polenz stolz:
    "Ein Apple-Store ist vielleicht 30 Meter lang. So ein Store wird im Innenausbau mindestens auf den Millimeter genau gebaut."
    Luxus aus nachwachsenden Rohstoffen
    Schlicht weiß sind die Wände, die gerade zum Versand in Holzcontainer verpackt werden. Der Metall-Designer streicht über die Flächen:
    "Unser Material ist ein Quarz-Komposit-Werkstoff. Wir haben mit Bioharz ein Produktionsverfahren entwickelt. Wir stützten uns da wirklich auf Harze, die aus Mais, aus Leinsamen und aus allen möglichen nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Und mittlerweile ist da ein Interesse außerhalb von Apple-Stores. Diese Technologie wird auf Dauer sich wohl durchsetzen."
    Patentierte Techniken
    Die Befestigung der Wände ist so, dass der Kunde es nicht sehen kann. Ein Patent, das Jürgen Polenz gemeinsam mit Apple entwickelt hat.
    "Hier haben wir sogenannte Magnetlocks", erklärt Polenz, "mit denen wir berührungslos hinter den Fassaden praktisch befestigen können mit Schrauben, die sich also berührungslos bewegen durch magnetische Kraft."
    Eine ebenfalls patentierte Schnitttechnik macht es möglich, die weißen Platten aus Mais, Leinsamen und anderen nachwachsenden Rohstoffen jederzeit zu verlängern. An den Platten, die in der Halle zur Auslieferung bereitstehen kann man die Fugen noch nicht einmal erahnen. Inzwischen kennen Topdesigner und Architekten aus aller Welt den westfälischen Betrieb von Jürgen Polenz. Der gibt sich bescheiden:
    "Werbung machen wir direkt nicht. Letztendlich schätzen sie auch sehr die Zusammenarbeit mit einem Handwerker, der auch die praktische Seite einer Ausführung mit Ideen anreichern kann."
    Und so haben es rund einhundert Handwerker – Meister und Gesellen – aus dem Münsterland geschafft, ihren Platz zu finden in der Welt des großen Geldes, der Luxusbranche und der Riesenkonzerne aus dem Silicon Valley.