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Festival
30 Stunden Kurzfilm

Als No-Budget-Festival gestartet, ist das Hamburger Kurzfilmfestival mittlerweile eine Institution. Im 30. Jahr gibt es einen richtigen Kurzfilm-Marathon. Gleichzeitig soll die Veranstaltung auch Kunstforum und nicht zuletzt Kontaktbörse sein.

Von Hans-Peter Ehmke | 03.06.2014
    Die Festivalleiter Birgit Glombitza und Sven Schwarz stehen am 08.06.2013 im Zeise-Kino in Hamburg vor einem Plakat des Internationalen Kurzfilmfestivals Hamburg.
    Die Festivalleiter Birgit Glombitza und Sven Schwarz im Zeise-Kino Hamburg. (picture alliance / dpa / Simon Broll)
    "Das ist natürlich ein super Jubiläum. 30 Jahre No-Budget, Low-Budget, Show-Budget, wo ich ja nun gelandet bin. Und ihr habt es auch geschafft mit eurem wunderbaren Festival. Dazu möchte ich gratulieren und denke an die großartigen Hamburger Zeiten zurück."
    Eine Videobotschaft von Dieter Kosslick. Der Leiter der Berlinale war zwischen 1983 und 1992 Geschäftsführer des Hamburger Filmbüros und ist als Filmförderer dem Hamburger internationalen Kurzfilmfestival natürlich sehr verbunden. Denn mit seiner Unterstützung konnte es 1985 auf die Beine gestellt werden, damals noch als ‚No-Budget-Festival‛. Begleitet von viel Engagement für die Kunst des Filmemachens und viel unbezahlter Arbeit.
    Nun wird das dreißigjährige Bestehen des Hamburger Kurzfilmfestivals vor allem auch mit einer Marathonvorführung auf dem Festivalgelände in Altona gefeiert:
    "Wo wir dann dreißig Stunden am Stück Filme zeigen werden, die dann aus der Geschichte des Festivals kommen. Da kann es dann auch mal passieren, dass einfach mal ein gesamter No-Budget-Programmblock aus dem Jahr 1992 gezeigt wird", erklärt Sven Schwarz, der organisatorische Leiter des Kurzfilmfestivals. Auch wenn nicht alle Festivalbesucher über so viel geduldiges Sitzfleisch für die Retrospektive verfügen dürften - Den Hauptbestandteil des diesjährigen Kurzfilmfestivals bilden vor allem die fünf Wettbewerbe mit aktuellen nationalen und internationalen Produktionen sowie die Sonderprogramme und Österreich als Länderschwerpunkt. Ein Land, dessen experimentelle Kurzfilmproduktion dem Kurs der Hamburger Festivalmacher sehr nahe steht.
    In dem Festivalbeitrag "Exterior extended" des Österreichers Siegfried A. Fruhauf führt eine rasante Fahrt durch Bild und Ton die Zuschauer nahezu atemlos zu ständig neuen Raumvariationen. Die Projektion wird zum permanenten Konstruktionsprozess. Die Nähe zur Videokunst ist dabei offensichtlich und immer wieder beabsichtigt, auch von Birgit Glombitza, der künstlerischen Leiterin des Hamburger Kurzfilmfestivals:
    "Das Kino, das wir zeigen, dem geht es um Verbreitung. Also das ist genau das Spannungsfeld. Trotzdem sind viele Videokünstlerinnen und -künstler sehr bewusst in ihrer Auswahl: Das schicke ich zu einem Festival, das möchte ich vor einem Publikum wissen, was auch im Kino sitzt und den Film von Anfang bis Ende zu Ende schaut. Und eine andere Arbeit soll vielleicht installativ mit anderen Exponaten in ein Spannungsfeld treten und das nehme ich dann lieber für den white cube eines Museums beispielsweise."
    Um die inflationäre Verbreitung von Selbstdarstellungen durch Videoclips bei den viel genutzten Internetplattformen geht es in Daniel Moshels Experimentalfilm "MeTube: August sings Carmen Habanera".
    Das was hier zwischen alltäglicher Biederkeit und lasziver Lack- und Ledererotik parodistisch auf die Spitze getrieben wird, nimmt den Wunsch auf, das eigene Leben zu etwas Besonderem zu machen: Auszubrechen und etwas Unerwartetes zu versuchen. Das Unerwartete, das was unsere alltägliche Wahrnehmung infrage stellt, steht deshalb auch dieses Jahr im Mittelpunkt des Hamburger Kurzfilmfestivals. Für Birgit Glombitza ist die Auswahl der Filme deshalb nicht so sehr an Themen orientiert, sondern vor allem an der erkennbar künstlerischen Arbeitsweise:
    "Wir sind interessiert an Filmen, die sich spezifisch mit der Gattung Kurzfilm als Kunstform auseinandersetzen. Das kann eine Erzählung sein. Das kann genauso ein Experiment sein, oder ob ich nun eine Oberfläche zerkratze. Was auch immer ich damit vorhabe, ich darf auch gerne scheitern. Auch das zeigen wir, wenn es in einem Spannungsverhältnis steht zu dem, was wir präsentieren wollen."
    Der Kurzfilm ist keine Vorstufe oder Übungsform des Langfilms, sondern eine eigenständige Kunstform. Das ist eine der vielen Herausforderungen für Kurzfilmemacher, wenn sie auf einem Festival wie in Hamburg Erfolg haben wollen. Genau so wichtig sind für viele Filmemacher aber auch die Gelegenheiten zur Begegnung. Karsten Krause ist dieses Jahr mit einem Dokumentarfilm im internationalen Wettbewerb vertreten und sieht das Festival auch als hilfreiche Kontaktbörse:
    "Eine anständige Party ist nicht unwichtig, auf jeden Fall. Das Wichtigste ist erst mal, sich gegenseitig kennenzulernen und quasi Leute kennenzulernen mit denen man potenziell die gleichen Interessen hat und mit denen man arbeiten könnte in der Zukunft. Meinetwegen ist man Regisseur und lernt jemanden kennen, der Produzent ist und der einem dann helfen kann Geld für das nächste Projekt aufzutreiben. Weil man sich gut versteht. Das ist die Grundlage."