Donnerstag, 25. April 2024

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Festival Pop-Kultur 2020
"Es ist eine Art Zeitdokument"

Statt live aufzutreten haben die Künstler und Künstlerinnen der aktuellen Ausgabe des Pop-Kulturfestivals ihre Acts aufgezeichnet. "Es sei eine Art Zeitdokument", sagte Kurator Christian Morin im Dlf, aber "digitale Formate können nicht das Leben ersetzen".

Katja Lucker und Christian Morin im Gespräch mit Susanne Luerweg | 26.08.2020
Mann mit Maske testet 2 Künstler auf Corona??
Kunst und Musik in der Krise: Pop-Kultur 2020 Talk @ Maschinenhaus ( Photo: Camille Blake )
Pop und Diskurs – selten gehen diese beiden Begriffe so gut zusammen wie beim Pop-Kulturfestival Berlin. Seit sechs Jahren wird hier die Metaebene mitgedacht und Pop nicht nur als reines Vergnügen präsentiert. Auch in diesem Jahr wollte das vom Musicboard Berlin mitinitierte Festival jede Menge Innovatives, Diverses, Aktuelles auf die Bühnen bringen.
An den Inhalten hält man fest, an der Form nicht, denn das Festival wurde abgespeckt, in den digitalen Raum verlegt und startet heute. Obwohl soeben die Elbphilharmonie ein erstes Konzert mit Publikum veranstaltet hat, in Düsseldorf für Anfang September ein großes Konzert mit Hygienemaßnahmen geplant war, das jetzt auf den Herbst verschoben wurde und Tim Bendzko unter Laborbedingungen in Leipzig ebenfalls vor Publikum aufgetreten ist.
Liveerlebnisse zu imitieren macht keinen Sinn
Die Struktur dieses Festivals sei komplexer als bei der Veranstaltung eines einzigen Konzerts. Im April habe man noch nicht gewusst, wie die Situation jetzt sein würde, deshalb habe man sich für diese komplett digitale Ausgabe entschieden, sagten Festivalleiterin Katja Lucker und Kurator Christian Morin im Deutschlandfunk.
Das ursprünglich geplante Programm sei in etwa gedrittelt worden, mit 36 Arbeiten statt 111. In Berlin aufgezeichnete Sessions treffen auf digitale Arbeiten von Künstler*innen aus aller Welt. Aus dem gesamten Material wurden drei einstündige Shows produziert, mit Interviews und Statements, die man im Internet sehen kann, so Lucker und Morin. Die Langversionen seien wie eine Wolke in der Mediathek um die Shows herum platziert.
"Es geht bei uns mehr in Richtung Kunstvideos", sagt Katja Lucker, Künstler*innen hätten sich viel mit unserer Zeit auseinandergesetzt. Deshalb gehe es nicht einfach ums Streamen in eine leere Halle - "Es macht keinen Sinn, das Liverelebnis einfach zu imitieren", so Morin. Im Bereich audivisuelles Arbeiten habe man viel mehr Möglichkeiten, um Themen zu verhandeln. "Ich glaube schon, dass wir damit eine Art Zeitdokument geschaffen haben".
Popkultur als Möglichkeitsraum
Viele Themen würden sehr direkt angesprochen, sagt Lucker, und es sei cool zu sehen, dass die Menschen, die von Kuratoren gefragt wurden, ob sie dabei sein wollen, selbst zu Wort kommen: "Künstler*innen reden darüber, was sie gerade arbeiten, "der rote Faden ist zu zeigen, alle diese Menschen - egal wo auf der Welt - machen das Beste, was man aus dieser Pandemie machen kann", sagt Lucker.
Pop-Kultur sei ein Möglichkeitsraum, besonders unter den besonderen Bedingungen. Natürtlich würden Künstler*innen lieber live vor Publikum spielen, aber sie hätten jetzt etwas umgesetzt, was mehr sei als ein Song zu spielen, es habe eine andere Intensität.
Kein Ersatz für persönlichen Austausch
Wegweisend für die Zukunft sei diese Ausgabe des Pop-Kulturfestivals aber nicht: "Digitale Formate können nicht das Leben ersetzen, wo sich Menschen treffen", sagt Morin. "Deshalb hoffen wir, dass wir bald wieder ein Festival machen können, wo sich die Menschen aus verschiedenen Ländern begegnen und austauschen."