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Fieber
Der Körper im Kampf gegen Erreger

Schwitzen, Gliederschmerzen, Schüttelfrost: Wenn die Körpertemperatur des Menschen über 38 Grad steigt, sprechen Mediziner von Fieber. Das ist keine eigenständige Krankheit, sondern meist ein Anzeichen, dass der Körper auf eine Infektion reagiert. Patienten brauchen vor allem Ruhe.

Von Justin Westhoff | 24.12.2019
Auf einem Fieberthermometer werden über 40 Grad Fieber angezeigt.
Infektionskrankheiten wie Erkältungen und Grippe gehören zu den häufigsten Ursachen für Fieber (imago / Christian Ohde)
"Fieber ist eine Reaktion des Körpers auf verschiedene Erkrankungen, ganz vorrangig bei Infektionserkrankungen, also wenn der Körper etwas gegen Erreger tun will, und da wird es über verschiedene Botenstoffe im Rahmen von so einer Entzündungsreaktion ausgelöst und wird dann im Gehirn praktisch die Stellschraube für Normaltemperatur verstellt, wie man das vom Thermostat an der Heizung auch kennt."
Schwitzen, Verwirrung, Halluzinationen
Dr. Sabine Gehrke-Beck arbeitet im Institut für Allgemeinmedizin der Charité. Die Normaltemperatur liegt beim Menschen ungefähr zwischen gut 36 und gut 37 Grad Celsius. Ab 38 Grad spricht man von Fieber. Das ist jedoch keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom. Eine Teilregion des Gehirns regelt die Temperatur. Wenn Erreger in den Körper eindringen, gelangen bestimmte Botenstoffe dort hin und verstellen die übliche Temperatur nach oben. Die Wirkungen von Fieber sind vielfältig.
"Schwitzen oder auch oft eine rote, überwärmte Haut, durch das viele Schwitzen kann es auch zu so was wie Schwindel kommen, was man auch oft merkt bei Menschen, die Fieber haben, dass die einen erhöhten Herzschlag haben, weil das für den Körper natürlich anstrengend ist. Manchmal dann einen niedrigen Blutdruck, wenn das Fieber sehr hoch ist, kann das auch zu Verwirrung führen, zu Halluzinationen. "
Oft gibt es eine Unsicherheit, wie man zuverlässig Fieber misst.
"Wenn man unterm Arm oder im Ohr misst, kann man mal ein bisschen zu niedrig messen, da ist ein bisschen die Frage, wie genau braucht man es jetzt, da ist eigentlich bei normalen Infekten für den Hausgebrauch jetzt nichts ganz verkehrt."
Bei länger andauerndem Fieber zum Arzt
Bei kleinen Patienten ist Genauigkeit schon etwas wichtiger, sagt der Kinderarzt Dr. Ulrich Fegeler.
"Bei Kindern ist immer das Problem, wie korrekt wird das gemacht. Deswegen die Rektalmessung, sie ist auch in meinen Augen zumutbar, weil die wirklich keinen Schmerz macht. Man kann es auch im Mund messen, setzt voraus, dass die Kinder kooperieren, finden die genau so doof, man kann auch Ohrtemperatur bestimmen, die können verfälscht sein, wenn sich dort entzündliche Prozesse abspielen, aber allgemein wird das heute sehr weitgehend gebraucht."
Wann sollten Erwachsene mit Fieber zum Arzt gehen? Dr. Gehrke-Beck: "Der herkömmliche Virusinfekt, da geht das Fieber nach ein zwei Tagen zurück, und wenn das Fieber länger und vor allem auch hoch bleibt, dann sollte man schon untersuchen, was dahinter steckt. Oder wenn Warnsymptome dazu kommen, zum Beispiel Luftnot oder starke Brustschmerzen, oder Verwirrung oder sehr, sehr starke Kopfschmerzen und so Nackensteifigkeit, das sind Warnsymptome, da würde dann man nicht die drei Tage abwarten."
Oft steckt eine Lungenentzündung dahinter oder sogar Tuberkulose. Manchmal kann die Ursache auch Rheuma sein und in seltenen Fällen beispielsweise eine Leukämie. Und junge Menschen können das Pfeiffersche Drüsenfieber haben.
Wie aufwendig sind die Untersuchungen in der Arztpraxis?
"Es ist ja nach wie vor trotz aller Hightech-Medizin so, dass man das allermeiste über einfach eine Befragung rauskriegt, indem man sich die Begleitsymptome gut anguckt, den Verlauf, welche Krankheiten so im Umfeld kursieren, damit kommt man meistens schon fast hin. Dann würde man natürlich untersuchen, eine Lungenentzündung kann man oft ganz gut hören, und manchmal, wenn es wirklich nach wie vor dann unklar ist, woher das Fieber kommt, würde man eine Blutabnahme machen, vielleicht auch ein Röntgen von der Lunge. "
Fieber bei Kindern
Kinder bekommen oft besonders hohes Fieber. Das ist erst einmal nicht besonders beunruhigend. Und bei kleinen Menschen erscheint anfangs die Reaktion auf den Temperaturanstieg oft paradox, erklärt Dr. Fegeler, Autor eines Lehrbuchs über Pädiatrie. Das liegt an Stoffen, die Entzündungen hervorrufen, an den Pyrogenen
"In der Anstiegsphase ist der Körper häufig noch relativ kühl, dann wird die Peripherie weit gemacht, es kommt zum heiß werden des Blutes in die Peripherie, und wenn dann der Pyrogenreiz abnimmt, kommt es auch wieder zur Normaltemperatur. In der Phase des Temperaturanstiegs kann es sogar so weit kommen, dass die Kinder frösteln, bis hin zum Schüttelfrost, der eine maximale muskuläre Aktivität bedeutet, wobei Wärme produziert wird."
Oft heißt es, man solle bei Fieber der Kleinen nicht gleich zum Doktor rennen. Grundsätzlich richtig, aber:
"Grundsätzlich finde ich sollten Eltern immer dann zum Arzt gehen, wenn sie eine Frage haben. Weil ein Großteil der Kriterien, die Eltern zum Arzt führen heute, im Prinzip nicht dringlich sind, nicht notwendig unbedingt, aber das setzt Erfahrung voraus, und das haben junge Eltern nicht. Und wir sind – sagen wir es offen – zum Teil auch die Fortsetzung der Großmutter auf anderer Ebene. Aber es ist natürlich klar, wenn Kinder zum Beispiel anfangen, massiv zu erbrechen, wenn sie schläfrig werden, wenn sie stark halluzinieren, dann sollten sie auf jeden Fall zum Arzt kommen."
Ganz kleine Babys bekommen in der Regel überhaupt kein Fieber. Denn ihr Immunsystem ist noch besonders effektiv, erklärt Dr. Ulrich Fegeler.
"Am Anfang ist der mütterliche Nestschutz noch aktiv, das heißt, die Mutter gibt zum Ende der Schwangerschaft maximal Antikörper über die Plazenta in das Blut des Kindes und nach der Geburt auch über die Muttermilch, dieser mütterliche Nestschutz schafft es, dass die Kinder am Anfang weitgehend Infekt frei sind. Deswegen ist es immer eine Besonderheit, wenn Kinder innerhalb der ersten drei Lebensmonate fieberhaft erkranken, ist fast immer ein Fall für die stationäre Beobachtung, nicht für die ambulante Betreuung."
Hausmittel – und viel Ruhe
Wenn nichts Gefährliches hinter dem Fieber steckt, das Kind sich aber mies fühlt, helfen neben Wadenwickeln zum Beispiel Paracetamol-Zäpfchen. Aspirin darf man Kindern aber auf keinen Fall Aspirin geben. Und was kann man als Erwachsener tun gegen Fieber? Die Dozentin für Allgemeinmedizin, Dr. Sabine Gehrke-Beck:
"Da kann man ruhig mal mit Hausmitteln anfangen, sich leicht anziehen, dünnes Bettlaken nur nehmen, lauwarme Waschungen machen oder eben die bekannten Wadenwickel. Also alles, was praktisch physikalisch die Wärme aus dem Körper zieht, kann da unterstützend hilfreich sein."
Fieber dient dazu, Erreger zu bekämpfen, indem Abwehrstoffe freigesetzt werden. Deshalb kann man oft erst einmal der Natur ihren Lauf lassen. Aber von fiebersenkenden Medikamenten muss man nicht unbedingt die Finger lassen:
"Wenn man jetzt sehr geplagt ist von Fieber, würde ich jetzt keinem sagen, er muss da durch ohne fiebersenkendes Mittel. Oft ja auch lästige Gliederschmerzen dabei, starke Halsschmerzen, starke Kopfschmerzen, das muss ja kein Mensch ertragen."
Herkömmliche Mittel wie Paracetamol oder Ibuprofen lindern dabei gleichzeitig die Schmerzen. Vor allem gilt auch:
"Man sollte sich schon ausruhen, und auf keinen Fall Mittel nehmen, damit man sich wieder fit fühlt und zur Arbeit geht und dort die Kollegen ansteckt, der Körper teilt einem dadurch mit, dass er gerade beschäftigt ist, eine Krankheit abzuwehren, und da sollte man ihm auch die Gelegenheit geben, das in Ruhe machen zu können."