Donnerstag, 28. März 2024

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FIFA
beIN Sports blockiert Ermittlungen

Nachdem die Schweizer Staatsanwaltschaft Strafverfahren u.a. gegen PSG-Präsidenten Al-Khelaifi und Ex-FIFA-Generalsekretär Valcke eingeleitet hat, sind viele Fragen offen. Zum Beispiel um Al-Khelaifis Firma "beIN Sports". Die sei bei Sportrechten laut FIFA-Experte Thomas Kistner die Speerspitze des katarischen Eroberungsfeldzuges.

Thomas Kistner im Gespräch mit Klaas Reese | 14.10.2017
    PSG-Präsident Nasser al-Khelaifi und Fußballer Neymar halten im Stadion dessen Trikot hoch.
    PSG-Präsident Nasser al-Khelaifi neben Neymar nach dessen Rekord-Transfer zu Paris Saint-Germain. (MAXPPP)
    Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen Nasser al-Khelaifi, den Präsidenten des französischen Top-Clubs Paris Saint-Germain eingeleitet - außerdem gegen den früheren FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke sowie einem namentlich nicht genannten Geschäftsmann. Die Schweizer Behörde ermittelt wegen des Verdachts der Bestechung, Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie der Urkundenfälschung bei der Vergabe von Medienrechten für die Fußball-Weltmeisterschaften von 2018 bis 2030.
    FIFA-Experte Thomas Kistner: "Konkret besteht der Verdacht, dass Jérôme Valcke im Zuge für die Rechtevergabe der Fußball-WM-Turniere von 2018 bis 2030 an bestimmte Länder geschmiert worden sei. Der nicht genannte Geschäftsmann soll die Rechte für alle fünf Turniere erhalten haben und Valcke dafür korrupt vergütet haben. Bei Nasser al-Khelaifi und dessen Firma BeIN Sports Media geht es um den angeblich dubiosen Rechteerwerb an den Weltmeisterschaften 2026 und 2030."
    Am Freitag hatte die italienische Polizei mitgeteitt, dass sie eine Villa in Porto Cervo auf Sardinien durchsucht und beschlagnahmt habe. Sie soll als "Mittel zur Bestechung" gedient haben. Die "Villa Bianca" besitzt nach Polizeiangaben einen Wert von rund sieben Millionen Euro und ist im Besitz einer internationalen Immobilien-Agentur.
    Valcke stinkt nach Korruption
    "Allerdings ist damit zu rechnen, dass diese Villa nur ein Teil dieses Gesamtdeals sein dürfte", so Kistner. "Jérôme Valcke ist schließlich eine der größten Skandalnudeln des Weltfußballs überhaupt mit einer Berufsvita, die sich wie ein Mafia-Drehbuch liest. 2001 zum Beispiel, bevor er bei der FIFA anfing, hat ihn der damalige FIFA-Boss Blatter sogar der Erpressung geziehen. Zwei Jahre später hat ihn just diese FIFA eingestellt. Und als Valcke 2006 fristlos gefeuert wurde, weil er der FIFA durch sein betrügerisches Geschöftsgebahren gegenüber dem damalige Top-Sponsor Mastercard 100 Millionen Dollar Schaden zugefügt hatte, war er nach nur wenigen Monaten wieder zurück im Weltverband, diesmal sogar als Nummer zwei hinter Blatter, als Generalsekretär. Alles, was dieser Mann im Fußball angefasst hat, stinkt bis zum Himmel nach Korruption."
    Weiter sagte der FIFA-Experte, "beIN Sports" sei eine der Speerspitzzen des katarischen Eroberungsfeldzuges und kaufe sich auf aggressive Weise auf den Märkten dieser Welt ein. "Weil der Profi-Sport besonders der Fußball zu einer Art Religion für die westliche Welt geworden ist, versucht Katar hier seit geraumer Zeit eine maßgebliche Rolle zu spielen." BeIN Sports habe die Finanzpower eines Zwergstaats hinter sich, das auf den drittgrößten Erdgasvorkommen dieses Planeten sitze. Die Firma arbeite "wohl eher politisch als wirtschaftlich" und zahle zum Beispiel für die Übertragungsrechte an der ersten französischen Liga weit über Marktwert.
    Daten auf Servern in Doha
    Die Ermittler müssten nun klären, ob es bei den Geschäften um schmutzige Deals im Zuge der WM-Vergabe gehe oder Valckes persönliche Rentenabsicherung. "Den Ermittlern fallen, so höre ich, zwei Dinge besonders unangenehm auf: Zum einen soll beIN Sports nicht kooperieren bei den Ermittlungen - also ganz anders als es die Firma jetzt selbst öffentlich dargestellt hat. Tatsächlich hat sich beIN Sports bei der Razzia am Donnerstag in den Büros in Paris geweigert, das von der Justiz angeforderte Datenmaterial herauszurücken. Es ist auf Servern in Doha blockiert. Die französische Staatsanwaltschaft muss jetzt also ein Rechtshilfeersuchen an Katar starten. Und die Ermittler sagen selbst, dass bis dahin wohl alles Material beiseite geschafft sein werde."
    Verdächtig erscheine den Ermittlern aber auch, dass beIN Sports die Senderechte der WM-Turniere 2026 und 2030 in Nordafrika und im Mittleren Osten austrahlen zu dürfen sehr diskret behandele. "Warum wurde das nicht wie in dieser Branche üblich an die große Glocke gehangen und zur Eigenwerbung genutzt", fragt Kistner abschließend.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.